Europa entdeckt die Kommunen / Mehr Bürgernähe durch starke Städte und Gemeinden in der EU
(Berlin) - Die Europäische Union ist auf dem besten Weg, die Kommunen zu entdecken und damit mehr Bürgernähe im europäischen Integrationsprozess zu erzielen, so fasste der Vorsitzende des Europaausschusses des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Herr Günter Thum, Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Rheine, die Reaktionen in der Sitzung seines Ausschusses auf Schloss Krickenbeck in Nettetal auf die Vorlage des überarbeiteten Entwurfs einer Europäischen Verfassung im EU-Konvent zusammen. Dieser Verfassungstext war am 26. Mai 2003 in Brüssel vom Präsidium des EU-Konvents öffentlich vorgestellt worden.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte sich von Beginn an in die Arbeiten des EU-Konvents eingebracht, und zahlreiche Forderungen und Positionen formuliert, wie man den Stellenwert der Städte und Gemeinden in Europa verbessern könnte. Nachdem anfänglich die Skepsis gegenüber einer Stärkung der Kommunen in Europa groß war, konnten hier im Verlauf des Konvents doch wichtige Erfolge erzielt werden. Immerhin war und ist einer der zentralen Aufgabenstellungen des EU-Konvents, die Grundlagen für mehr Bürgernähe in Europa zu schaffen.
Aus der kommunalen Sicht sind in dem Verfassungsentwurf vor allen Dingen folgende Aspekte hervorzuheben:
1. Den Vorschlägen der kommunalen Spitzenverbände in Europa folgend wurde die Aufnahme der Kommunen und Regionen in das Gebot der Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten weiter konkretisiert. Während in dem ersten Entwurf einer Europäischen Verfassung in einer wenig konkreten Formulierung noch von den Verwaltungszuständigkeiten der lokalen Behörden die Rede war, sieht der jetzt vorgestellte Art. 5 Abs. 1 einer EU-Verfassung ausdrücklich vor, dass die nationale Identität der Mitgliedstaaten auch die regionale und lokale Selbstverwaltung beinhaltet. Dies ist überhaupt das erste Mal, dass der Begriff der lokalen Selbstverwaltung in einem europäischen Gesetzestext auftaucht, während diese in Deutschland im Grundgesetz garantiert ist.
2. Ebenfalls den Vorschlägen der kommunalen Spitzenverbände folgend wurden die Kommunen und Regionen auch ausdrücklich in das sog. Subsidiaritätsprinzip aufgenommen, das die Handlungszuständigkeiten der EU reguliert. Der neue Verfassungsentwurf sieht in seinem Art. 9 Abs. 3 vor, dass die europäische Ebene nur dann tätig werden soll, sofern und soweit das zu erreichende Ziel nicht besser auf der Ebene der Mitgliedstaaten, der Regionen oder der Kommunen erreicht werden kann. Eine solche Konkretisierung und Ausführung des Subsidiaritätsprinzips unter ausdrücklicher Erwähnung der Regionen und Kommunen gibt es im EU-Vertrag jetzt noch nicht.
3. Betreffend den Ausschuss der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, dem beratenden Gremium der Regionen und Kommunen in der EU, gelangt der Europäische Verfassungsentwurf zu der Einführung eines Klagerechtes dieses Gremium vor dem Europäischen Gerichtshof bei Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips.
4. Zukünftig sollen bei der EU-Gesetzgebung Gesetzesfolgenabschätzungsverfahren mit Blick auf die Auswirkungen auf kommunaler und regionaler Ebene durchgeführt werden. Zudem wurde das Prinzip der Konsultation und Partizipation der repräsentativen Verbände in den Entwurf der EU-Verfassung aufgenommen.
Wir fordern die Regierungen in Europa auf, diese Ansätze zur Stärkung der Kommunen und Regionen in einem Europäischen Verfassungstext verbindliches Recht werden zu lassen, so Thum abschließend, Keine demokratisch legitimierte Ebene steht in Europa dem Bürger näher, wie die kommunale Ebene daher müssen unsere Rechte und Kompetenzen in einer EU-Verfassung endgültig anerkannt werden!
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