Experten wollen Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel
(Berlin) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie begrüßen die Absicht der Bundesregierung, den Flugverkehr so schnell wie möglich in den Emissionshandel einzubeziehen. Die zunehmende Klimaschädlichkeit des Luftfahrtsektors müsse dringend begrenzt werden. Bei der derzeit im kanadischen Montreal tagenden Hauptversammlung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO, International Civil Aviation Organization) müsse die Blockade wirksamer Klimaschutzmaßnahmen im Flugverkehr endlich durchbrochen werden.
Gestritten werde in Montreal u .a. darüber, ob die 27 Mitgliedsstaaten der EU den gesamten Luftverkehr in ihr bereits bestehendes CO2-Emissionshandelssystem einbeziehen dürfen. Der BUND und das Wuppertal Institut fordern nicht nur die Berücksichtigung aller Flüge zu und von Flughäfen der Europäischen Union, sondern auch die Berechnung der Klimawirkung der Flugzeugabgase auf einer wesentlich strengeren Datengrundlage als bisher vorgesehen. In den Vorschlägen der EU-Kommission zu diesem Thema werde die Klimawirkung des Fliegens weit unterschätzt.
Karl Otto Schallaböck, Verkehrsexperte des Wuppertal-Instituts: Die Emissionen des Luftverkehrs tragen wesentlich stärker zum Klimawandel bei, als bisher bekannt. Das Fliegen ist derzeit für 2,5 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland verantwortlich, seine Klimawirkung jedoch zwei- bis viermal höher. Berücksichtigt werden müssen auch Wasserdampf und Stickoxide, die von Flugzeugen verursacht werden und in den höheren Luftschichten der Flugkorridore extrem schädliche Klimawirkungen haben. Dem gilt es mit einem ambitionierten Emissionshandel gegenzusteuern.
Das jährliche Wachstum im Luftverkehr von rund fünf Prozent sei weitaus stärker als bei allen anderen Verkehrsträgern. Der spezifische Treibstoffverbrauch der einzelnen Flugzeuge sinke jährlich um etwa 1,5 Prozent, damit stiegen die CO2-Emissionen des Fliegens pro Jahr um 3,5 Prozent. Setzten sich diese Trends fort, werde der Flugverkehr auf mittlere Sicht zu einem der stärksten Klimaschädlinge sowohl weltweit als auch in der Europäischen Union.
Werner Reh, BUND-Verkehrsexperte: Es ist in Ordnung, dass Bundesumweltminister Sigmar Gabriel immer wieder das Thema Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel anspricht und hier noch in diesem Jahr zu Ergebnissen kommen will. Allerdings wird der derzeitige EU-Kommissionsentwurf weder zu einer Begrenzung des Luftverkehrs noch zu einer Minderung der Klimagase führen. Mit den bisherigen Vorschlägen lässt sich der globale Temperaturanstieg nicht unter zwei Grad Celsius halten.
Reh forderte die Einbeziehung des Flugverkehrs auf einer Datengrundlage, die nicht nur den reinen CO2-Ausstoß, sondern alle Klimawirkungen des Fliegens berücksichtige. Dazu müssten die Faktoren zur Berechnung der realen CO2-Emissionen der Flugzeuge mindestens verdoppelt werden.
Das Vorhaben der ICAO, finanziell wirksame Maßnahmen, wenn überhaupt dann nur global und freiwillig einzuführen, sei nicht Ziel führend. Ein aktuelles Beispiel für die Schwäche freiwilliger Maßnahmen zur Eindämmung der Klimawirkung des Fliegens sei das neue Angebot der Lufthansa, bei ihren Flügen Klimazertifikate zu erwerben. Dabei werde lediglich der CO2-Ausstoß der Flugzeuge, nicht aber die zwei- bis viermal stärkere Treibhauswirkung des Wasserdampfs und der anderen Abgase berücksichtigt. Derartige Klimazertifikate seien nichts als Schönfärberei und verharmlosten lediglich die Klimaschäden durch den Flugverkehr.
Quelle und Kontaktadresse:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Gerhard Timm, Bundesgeschäftsführer
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Telefon: (030) 275864-0, Telefax: (030) 275864-40
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- BUND klagt für mehr Meeresschutz auf der Doggerbank – Bundesregierung setzt europäisches Naturschutzrecht nicht um
- 30 Jahre BUND-Auenzentrum: Erfolge für Arten-, Klima- und Hochwasserschutz
- Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert Bürger*innenenergie-Gipfel / Verbände: Gesamtstrategie fehlt – Partizipation und echte Teilhabe nötig