Farbe entsteht im Auge des Betrachters / Eine der schönsten Dimensionen des Sehens
(DĂŒsseldorf) - Ein schöner Herbsttag ist an Farbenpracht nur schwer zu ĂŒbertreffen - unter einem strahlend blauen Himmel schillert das Laub der BĂ€ume in den verschiedensten GrĂŒn-, Gelb-, Rot- und Brauntönen. Doch wie kommt es, dass das menschliche Auge diese FĂŒlle wahrnehmen kann - und sehen wir alle die Farben wirklich gleich?
Sehen ist ein hochkomplexer Vorgang und "gutes Sehen" hat viele Dimensionen. Eine davon ist die Wahrnehmung von Farben. Was wir als "Licht" wahrnehmen ist elektromagnetische Strahlung mit WellenlĂ€ngen zwischen etwa 380 und 780 Nanometern, erklĂ€rt Prof. Dr. med. Hermann Krastel vom Berufsverband der AugenĂ€rzte Deutschlands. Erst wenn bestimmte Lichtsinneszellen in unserem Auge, die Zapfen, von dieser Strahlung angeregt werden, entsteht die Farbwahrnehmung. Die Zapfen machen es also möglich, dass wir uns am Farbenspiel des herbstlichen Waldes erfreuen. Diese Zellen sind, wie auch die fĂŒr das DĂ€mmerungssehen zustĂ€ndigen StĂ€bchen, in der Netzhaut im hinteren Bereich des Auges zu finden. Drei verschiedene Arten von Zapfen gibt es in der Netzhaut, die jeweils auf unterschiedliche WellenlĂ€ngen reagieren - auf kurzwelliges blaues, mittelwelliges grĂŒnes oder langwelliges rotes Licht.
Individuelle Unterschiede
Wie gut wir Farben unterscheiden können, ist individuell verschieden. Denn nicht alle Menschen haben drei Arten von Zapfen in der Netzhaut. Genetisch bedingt gibt es verschiedene Formen der FarbsehschwĂ€che, wenn eine der Zapfen-Arten fehlt oder wenn sich zwei so sehr Ă€hneln, dass sie auf die gleichen WellenlĂ€ngen reagieren. Besonders hĂ€ufig ist die Rot-GrĂŒn-SchwĂ€che, von der etwa 8 Prozent der MĂ€nner und 0,4 Prozent der Frauen betroffen sind. Eine echte "Farbenblindheit" tritt nur Ă€uĂerst selten auf - etwa einer von 100.000 Menschen kann ĂŒberhaupt keine Farben unterscheiden. Es gibt aber auch die Möglichkeit des Super-Farbensehens: Vor einigen Jahren fanden britische Wissenschaftler heraus, dass manche Frauen nicht nur drei, sondern vier verschiedene Zapfen-Arten in ihrer Netzhaut haben und damit Farben besonders gut unterscheiden können.
FarbsehschwÀchen
Meistens sind FarbsehschwĂ€chen angeboren und nicht behandelbar. Prof. Krastel erlĂ€utert: "Die Betroffenen merken im tĂ€glichen Leben von ihrer FarbsehschwĂ€che in der Regel nichts, da sie nie eine andere Seherfahrung machen konnten. Allerdings können sich - wegen abweichender Farbwahrnehmung und Farbverwechslungen - in der Berufswahl EinschrĂ€nkungen ergeben." Wenn Eltern unsicher sind, ob bei ihrem Kind eine FarbsehschwĂ€che vorliegt, kann ein Besuch beim Augenarzt Klarheit schaffen. Er prĂŒft das Farbensehen mit kindgerechten Tests, die schon im Kindergartenalter das Erkennen einer FarbsehschwĂ€che erlauben. "Besonders geeignet sind Tests ohne Worte", rĂ€t Prof. Krastel: "Das Farbensehen der Kinder ist lĂ€ngst fertig entwickelt, bevor die Benennung der Farben vollstĂ€ndig erlernt wird." In vielen Augenarztpraxen stehen geeignete Untersuchungsverfahren zur VerfĂŒgung, mit dem sich bewerten lĂ€sst, ob eine FarbsehschwĂ€che vorliegt und wie ausgeprĂ€gt sie ist. Diese Untersuchungen sind bereits ab einem Alter von drei bis vier Jahren möglich.
Wenn die Farben verblassen
Verschiedene Augenkrankheiten können aber auch im höheren Lebensalter die Farbwahrnehmung beeintrĂ€chtigen. In der menschlichen Netzhaut finden sich besonders viele Zapfen an der Stelle des schĂ€rfsten Sehens, der Makula. Die Makula lutea (gelber Fleck), benannt nach ihrer FĂ€rbung, hat einem Durchmesser von knapp fĂŒnf Millimetern. In ihrem Zentrum findet sich eine Zone von nur 0,3 Millimeter Durchmesser, in der etwa 160.000 Zapfen sitzen und uns einen scharfen, farbigen Seheindruck ermöglichen. Ist bei einer Netzhauterkrankung die Makula betroffen - beispielsweise bei der Altersbedingten Makuladegeneration oder auch bei einem durch Zuckerkrankheit hervorgerufenen Makulaödem - dann leidet auch die Farbwahrnehmung.
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(sy)