Fehlendes Verbrauchervertrauen hemmt Entwicklung des Internet / Betrügereien, Abzocke, Datenklau und Werbemüll weit verbreitet
(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband will mehr Verbraucherschutz im Internet durchsetzen. "Geschäfte im Internet müssen so sicher werden wie das Einkaufen im Supermarkt um die Ecke oder die Einzahlung am Bankschalter", so Prof. Dr. Edda Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. "Derzeit verdienen die Sicherheits-, Datenschutz- und Verbraucherschutzstandards der Online-Branche im Schnitt die Note mangelhaft". Der vzbv fordert zum diesjährigen Weltverbrauchertag unter anderem sichere Systeme für das Online-Banking, ein Ende der Vorkasse beim E-Commerce, das Verbot der Weitergabe personenbezogener Daten ohne ausdrückliche Genehmigung sowie härtere Strafen gegen Spamming.
"Verbraucherrechte im Internet werden ignoriert, ausgehebelt oder trickreich umgangen", so Edda Müller. Intransparenz und fehlende Sanktionen bei Missbrauch machten das World Wide Web zu einem Tummelplatz unseriöser Anbieter. Schützen könne sich häufig nur, wer mit hohem Aufwand technisch und rechtlich permanent auf dem neuesten Stand bleibt. "Anstatt sich um den Ausbau ihrer Produktpalette und neuer Shopsysteme zu kümmern, sollten sich Internetanbieter lieber auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden einstellen". Der vzbv nennt Beispiele für den Missstand und zeigt auf, wie die 34,4 Millionen Internetnutzer in Deutschland besser geschützt werden können und die Branche ihre Vertrauenskrise überwinden kann.
Online-Banking: Etwa 20 Millionen Deutsche erledigen derzeit ihre Bankgeschäfte am Computer. Spätestens seit der Bedrohung durch Phishing muss das derzeit übliche PIN/TAN-Verfahren als untauglich und unsicher eingestuft werden. Banken und Kartenunternehmen bezifferten den ihnen im Jahr 2003 durch Phishing entstandenen Schaden allein in den USA auf 1,2 Milliarden Dollar (Gartner Studie, Mai 2004). Einer Studie des Fraunhofer Instituts zur Folge fallen etwa fünf Prozent der Empfänger auf die Masche der Phishing-Betrüger herein. Zur Eindämmung der Gefahr des Ausspionierens der Geheimzahlen und des Missbrauchs fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband:
- "Fälschungssichere Websites", das heißt eine obligatorische Authentifizierung der Banken-Websites mittels qualifizierter elektronischer Signatur,
- die Umstellung auf sicherere Zahlungssysteme, bei denen es einer zusätzlichen Bestätigung der Buchung bedarf, die TAN rasch verfällt und durch PC-externe Systeme nicht mehr abgefangen werden kann,
- die Beweislast bei Missbrauch der Zugangsdaten bei der Bank; die Bank muss belegen, dass der Kunde und nicht ein unbefugter Dritter eine Transaktion durchgeführt hat.
E-Commerce: Mehr als jeder dritte Bundesbürger hat bereits einmal im Internet eingekauft - nicht immer erfolgreich. Bei einer Postbank/Europressdienst-Studie (2004) kam in 9,6 Prozent der Fälle das im Inland bestellte Gut nie an, in 16,8 Prozent der Fälle konnte die Ware nicht zurückgegeben oder umgetauscht werden. Bei einer ähnlichen Studie des Europäischen Verbraucherzentrums (2003) wurden in acht Prozent der Fälle die Aufträge zwar bestätigt und in Rechnung gestellt, aber nie geliefert, weitere acht Prozent der Bestellungen verschwanden im Datennirwana. Um dies künftig zu vermeiden, fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband:
- die Lieferung und Rechnung nach dem Prinzip "erst die Ware, dann das Geld",
- alternativ die Zahlung der Ware über Treuhandsysteme, wobei der hinterlegte Betrag erst dann freigeben wird, wenn die Zustellung der Ware bestätigt wurde.
Datenschutz: Eine wesentliche Gefahr im Internet ist der Missbrauch und die Weitergabe personenbezogener und sensibler Daten. Die Studie Privacy@Net von Consumers International (2001) hat internationale Ratgeber-Websites untersucht: 99 Prozent der besuchten Sites sammelten persönliche Informationen über den Nutzer. Nur 58 Prozent hatten ihre Datenschutzbestimmungen online, davon informierten nur 32,5 Prozent den Nutzer an der Stelle, an der die Daten erhoben wurden. Lediglich die Hälfte der Seiten ließen den Nutzer wissen, was sie mit den Daten tun, in nur 16 Prozent der Fälle wurde der Nutzer informiert, wie er seine Daten wieder löschen kann. Die Weitergabe der Daten an Dritte ist für die Anbieter bares Geld wert. Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert:
- die ausschließliche Übermittlung sensibler Daten durch eine sichere Verschlüsselung, zum Beispiel mit Hilfe von SSL,
- dass persönliche Daten nur nach ausdrücklicher und freiwilliger vorheriger Zustimmung des Verbrauchers für Werbezwecke genutzt oder an Dritte weitergegeben werden dürfen (Opt-In).
Spamming: Nach Statistiken von Softwareherstellern ist inzwischen mehr als die Hälfte bis drei Viertel aller Mails Werbemüll. Laut Bundesministerium des Innern werden täglich weltweit rund 30 Milliarden Spammails versandt, fünf Prozent dieser Mails sind virenverseucht. Der volkswirtschaftliche Schaden allein in Europa beläuft sich nach einer Mitteilung der EU-Kommission vom Januar 2004 auf 2,5 Milliarden Euro. Zur Eindämmung der unerwünschten Werbeflut fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband:
- im Teledienstegesetz das Versenden sämtlicher unerwünschter Werbemails als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen, unabhängig davon, ob die Absenderadresse verschleiert wird,
- Spamming mit kriminellem Hintergrund als Straftat einzustufen,
- die Internet Service Provider als Bindeglied zwischen Spam-Absender und -empfänger in die Pflicht zu nehmen, Spamming durch effektive technische Maßnahmen einzudämmen,
- eine zentral zuständige Stelle in der Europäischen Union, die den Kampf gegen Spam wirkungsvoll koordiniert.
Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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