GdW zur rot-grünen Finanzpolitik: "Die konjunkturellen Auswirkungen der Giftliste werden verheerend sein" / GdW-Präsident Lutz Freitag: "Wohnungswirtschaft nicht kaputt sparen"
(Berlin) - Auf der Jahrespressekonferenz am 23. Oktober im Vorfeld des diesjährigen Verbandstages in Magdeburg hat Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen, eine differenzierte Beurteilung der Koalitionsvereinbarung abgegeben: "Viele Passagen des Koalitionsvertrages finden die Zustimmung des GdW. Dazu zählen die Aussagen zur Stärkung der Konjunktur und zum Abbau der Arbeitslosigkeit, sowie die Einschätzung der Bundesregierung, dass das Wohnen zur Miete, im Eigentum und bei Wohnungsbaugenossenschaften drei gleichberechtigte Wohnformen sind." Freitag begrüßte auch die programmatische Ausrichtung der Wohnungspolitik auf eine integrierte Stadtentwicklung "für eine Belebung der Innenstädte und die Stärkung des urbanen Wohnens". Ebenfalls positiv seien die Aussagen zur weiteren Anpassung des Wohngeldes, zur Bedeutung der Städtebauförderung und zum Stadtumbau Ost zu bewerten. Hervorzuheben sei auch, dass die Härtefallregelung für existenzbedrohte Wohnungsunternehmen an die gestiegenen Leerstände angepasst werden solle.
Massive Kritik übte der GdW-Chef dagegen an den konkreten Kürzungsabsichten in der sogenannten "Giftliste": "Wer sich zum Ziel setzt, alles zu tun, um Konjunktur und Wirtschaft zu stärken und die Arbeitslosigkeit abzubauen, darf die Wohnungs- und Bauwirtschaft als wichtigsten binnenwirtschaftlichen Impulsbereich in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht kaputt sparen." Die sogenannten Sparbeschlüsse seien in ihrer Wirkung nicht durchdacht und müssten im Verlaufe der nun anstehenden Gesetzgebungsverfahren erheblich modifiziert werden, erklärte der Präsident des mit bundesweit 3.200 vertretenen Wohnungsunternehmen und 7 Mio. bewirtschafteten Wohnungen größten Branchenverbandes. Freitag bezog sich dabei auch auf das gestern vorgelegte Herbstgutachten der 6 führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die ebenfalls massive Kritik am Maßnahmenkatalog geübt und gefordert hatten, Staatsausgaben zu Gunsten von Investitionen in Human- und Sachkapital umzuschichten. "Die Prognose, dass die Koalitionspläne im nächsten Jahr 0,5 Prozent-Punkte Wachstum kosten werden, muss der Bundesregierung und den sie tragenden Bundestagsfraktionen zu denken geben. Die Kluft zwischen der Prosa der Koalitionsvereinbarung und der 'Giftliste' muss mit ökonomischem Augenmaß zugunsten positiver Konjunkturwirkungen geschlossen werden", verlangte Freitag.
Er erinnerte daran, dass der Anteil der Bauleistungen an allen produzierten Waren und Dienstleitungen, also an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung, im Jahr 2001 bei 11,5 Prozent (2000: 12,3 Prozent) lag. Dies ergaben Berechnungen des GdW, die im erstmalig vorgelegten Jahrbuch "Wohnungswirtschaftliche Daten und Trends 2002/2003" veröffentlicht worden sind.
Kahlschlag bei der Eigenheimzulage
Durch die Streichung der Grundförderung und die Beschränkung auf ein Baukindergeld von 1.200 Euro jährlich sowie die Senkung der Einkommensgrenzen erwartet der Fiskus Einsparungen in Höhe von 5,8 Mrd. Euro in 8 Jahren. Ein Großteil der bisherigen Förderfälle (580.000 im Jahr 2001) werde künftig von der Förderung ausgeschlossen oder sich bei den niedrigen Einkommensgrenzen den Bau oder Kauf eines Eigenheims nicht mehr leisten können. Damit nehme die Bundesregierung mit ihrem Streichvorhaben einen weiteren massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie ihrer Zulieferindustrie in Kauf. Dies werde einen entsprechenden Anstieg an Transferleistungen und Ausfall von Beitragseinnahmen bei den Sozialversicherungsträgern zur Folge haben, sagte Freitag. Für den Fiskus ergäben sich Mindereinnahmen von Steuern, die weit über das eingesparte Finanzvolumen hinaus gehen. Bereits 2001 sei Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent in den neuen und um 18 Prozent in den alten Bundesländern zurückgegangen. Der Trend setze sich in 2002 fort und werde durch die Kürzungen weiter an Abwärtsdynamik gewinnen, prognostizierte Freitag. Die erklärten Ziele der Regierung, die konjunkturelle Wende einzuleiten, die Arbeitslosigkeit zu senken und den Haushalt zu konsolidieren, würden damit konterkariert.
Aber auch in stadtentwicklungspolitischer Hinsicht verletze die Regierung ihre eigenen Ziele: In der geplanten Ausgestaltung mutiere die Eigenheimzulage zu einer "Dorfzulage". Nur noch in ländlichen Gebieten komme für Familien der Kauf oder Bau eines Eigenheims überhaupt noch in Frage. In Ballungsgebieten hingegen bekämen Familien, die unter die gesenkten Einkommensgrenzen fallen, mit der auf das Baukindergeld zusammengestrichenen Förderung "kein Bein mehr auf eigenen Grund und Boden", so GdW-Präsident Lutz Freitag. Dem stadtentwicklungspolitisch erwünschten Bestandserwerb durch die Mieter in Innenstädten - vor allem auch im Rahmen des Stadtumbaus Ost - drohe das Aus. In den Großstädten würden rund 50 Prozent der Haushalte von Singles und kinderlosen Ehepaaren gestellt, die bisher zulageberechtigt waren. Diese würden nun vollständig von der Förderung ausgeschlossen. "Das von der Koalition erklärte Ziel, der Zersiedlung des Umlandes entgegenzuwirken, wird so völlig verfehlt", so Freitag.
Er wies auch die in der Koalitionsvereinbarung genannte Begründung zurück, die Umgestaltung der Eigenheimzulage sei "familienfreundlich". Eine Familie mit 2 Kindern erhalte nach der neuen Regelung 41 Prozent weniger Eigenheimzulage beim Erwerb von neugebautem Wohneigentum als bisher. Erst ab einer Zahl von 3 Kindern übertreffe die neue Förderung (28.800 Euro über den gesamten Förderzeitraum) die alte Bestandsförderung von 28.632 Euro. Im Vergleich zur alten Neubauförderung seien die Verschlechterungen noch gravierender: Hier stehen 38.856 Euro nach der bisherigen Regelung zukünftig 28.800 Euro gegenüber. Ob angesichts gesunkener Einkommensgrenzen z.B. eine Alleinerziehende mit 3 Kindern und einem Jahresbruttoeinkommen von 35.000 Euro überhaupt ernsthaft an die Bildung von Wohneigentum denken könne, sei mehr als fraglich. "Insgesamt ist dies familienfeindlich", kritisierte er.
Investitionskiller für den Mietwohnungsbau
Eine schwere Belastung des Investitionsklimas bedeute der Prüfauftrag, ob die degressive AfA im Mietwohnungsbau gestrichen werden könne. Bei nur noch linearer Abschreibung von 2 Prozent würden Investoren in der kritischen Anfangsphase der Finanzierung im Wohnungsbau nicht mehr in der erforderlichen Weise entlastet. Wenn dann noch die Besteuerung des Wertzuwachses bei der Veräußerung vermieteter Immobilien auf unbegrenzte Zeit ausgedehnt werde, die bisherige 10-Jahres-Grenze also wegfalle, werde zu einem erheblichen Teil der lediglich inflationsbedingte Preisanstieg steuerpflichtig. "Alle Maßnahmen zusammen werden in der Bau- und Wohnungswirtschaft zu einem der massivsten Einbrüche der letzten Jahrzehnte führen", prognostizierte der GdW-Präsident. "Eine neue Wohnungsnot - vor allem in Ballungsräumen - ist damit auf längere Sicht programmiert".
Mindestbesteuerung legt Wohnungsunternehmen in Ketten
Als "besonders schwerwiegendes Investitionshindernis" bezeichnete GdW-Präsident Freitag die geplante Beschränkung des Verlustabzuges auf die Hälfte der Einkünfte bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, also die Einführung einer Mindestbesteuerung. Zusätzlich solle die steuerliche Verrechungsmöglichkeit für alle in der Vergangenheit entstandenen Verluste ab 2003 auf maximal 7 Jahre beschränkt werden. Außerdem könnten nur noch 50 Prozent der steuerpflichtigen Einkünfte mit Verlusten aus den Vorjahren verrechnet werden. "Diese Mindestbesteuerung entspricht nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Wohnungsunternehmen. Sie geht voll zu Lasten der Investitionskraft der Wohnungswirtschaft", so das Resümee des GdW-Chefs.
Für die rund 2.000 ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen des GdW in Westdeutschland ergebe sich eine besondere Situation. Bei ihnen drohe, so GdW-Präsident Freitag, eine "Nachversteuerung" der stillen Reserven, die sie in der Zeit vor 1990 gebildet haben. Diese stillen Reserven seien in den Zeiten der Wohnungsgemeinnützigkeit gebildet worden, weil die Verzinsung des Eigenkapitals, also quasi die Gewinnausschüttung, auf 4 Prozent begrenzt war. Diese stillen Reserven sollten der ehemals gemeinnützigen Wohnungswirtschaft weiter zur Verfügung stehen und nicht nachträglich versteuert werden. "Die betroffenen Wohnungsunternehmen konnten im übrigen bereits in der Vergangenheit entstandene Verluste wegen der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 13 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz steuerlich nicht voll geltend machen. "Mit den neuen Regelungen sollen diese gewinnmindernden Verlustvorträge nun auf mittlere Sicht endgültig beseitigt werden", kritisierte der GdW-Chef. Dies sei eine doppelte Benachteiligung der vom GdW vertretenen kommunalen, genossenschaftlichen, kirchlichen, bundes- und landeseigenen sowie industrieverbundenen Wohnungsunternehmen in den alten Bundesländern. "Dies ist im Prinzip eine Enteignung der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen."
Diese betriebswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Maßnahme hätten außerdem - so Freitag äußerst negative Folgen für die kommunale Stadtentwicklung, da die betroffenen Wohnungsunternehmen wegen der finanziellen Schwächung als Partner ausfallen werden. Auch die Finanzierung von primär sozialen Maßnahmen, wie z.B. dem Quartiersmanagement oder der Beschäftigung von Sozialarbeitern werde zukünftig immer schwerer.
Aus Sicht der Wohnungswirtschaft führten die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen in diesen Punkten zu erheblichen Fehlentwicklungen und einer weiteren Verschlechterung der Konjunktur- und Beschäftigungssituation. "Die Bau- und Wohnungswirtschaft war in der Vergangenheit der Motor für die Stimulierung der binnenwirtschaftlichen Entwicklung. Und gerade diese Konjunkturlokomotive wird nun scharf abgebremst ", resümierte Freitag.
Freitag setzte auf die Wohnungs- und Finanzpolitiker im Bundestag und forderte die rot-grüne Regierungskoalition auf, die geplanten Maßnahmen noch einmal zu überdenken. "Auch die Länder müssen über den Bundesrat ihren Einfluss geltend machen", forderte Lutz Freitag.
Stadtumbau Ost muss endlich beginnen
Die GdW begrüßt das Bekenntnis der rot-grünen Bundesregierung zum Stadtumbau Ost: "Das Programm Stadtumbau Ost in Höhe von 2,7 Mrd. Euro zur Verbesserung und Stabilisierung der Wohnungsmärkte sowie eine tragfähige Altschuldenhilferegelung zur wirtschaftlichen Existenzsicherung in Not geratener Wohnungsunternehmen sind für die Entwicklung der kommunalen Infrastruktur unverzichtbar." Es sei aber zwingend notwendig, die wohnungspolitischen und städtebaulichen Ziele des Stadtumbauprogramms Ost nun auch zu realisieren, d. h. die ostdeutschen Kommunen als Wohn- und Wirtschaftsstandorte zu stabilisieren und die Wohnungsunternehmen zu befähigen, sich aktiv am Stadtumbau zu beteiligen. Die Ergebnisse des Wettbewerbs zum Stadtumbau Ost lägen nun seit September vor. "Nun muss endlich begonnen werden", verlangte der GdW-Chef.
Da viele Unternehmen aufgrund hoher Leerstände und Kreditbelastungen am Ende ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind, müsse der Stadtumbau zügig beginnen. Abriss- und Aufwertungsmaßnahmen dürften nicht weiter verschoben werden. Daher fordert der GdW, die bislang im Rahmen des § 6 a AHG bereitgestellten Bundesmittel von 358 Mio. Euro aufzustocken und so den gestiegenen Leerstandsquoten anzupassen. Nur so könnten Wohnungsunternehmen mit existenzgefährdenden Leerständen die zusätzliche Teilentlastung erhalten. Die Formulierung in der Koalitionsvereinbarung ("Die Härtefallregelung für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft wird an die Entwicklung der Wohnungsleerstände angepasst") müsse nun durch die Bereitstellung entsprechender Mittel finanziell ausgefüllt werden, verlangte Freitag. Gegenwärtig seien rund 300 Unternehmen antragsberechtigt, erklärte der GdW-Präsident, obwohl durch die ersten rund 50 bereits vorliegenden Anträge der auf 10 Jahre angelegte Finanzrahmen bereits ausgeschöpft sei. Darüber hinaus sei langfristig eine generelle Lösung zu den Altverbindlichkeiten für alle Unternehmen erforderlich, die im Rahmen des Stadtumbaus Teile ihrer Bestände abreißen.
Von den insgesamt 1,3 Mio. leer stehenden Wohnungen in Ostdeutschland werden voraussichtlich Ende 2002 rund 440.000 bei den ostdeutschen GdW-Wohnungsunternehmen leer stehen, berichtete Freitag. Die Leerstandsquote werde von 15,5 Prozent Ende 2001 (das entspricht mehr als 400.000 Wohnungen) wahrscheinlich auf 17,1 Prozent Ende 2002 und 18 Prozent Ende 2003 ansteigen.
Besonders vom Leerstand betroffen seien nach wie vor Altbauten. Ihre Sanierung werde - trotz erhöhter Investitionszulage - durch ungeklärte Restitutionsansprüche und sehr hohe Modernisierungskosten erschwert. Besonders städtische Plattenbausiedlungen werden deshalb auch weiterhin einen großen Stellenwert bei der Wohnraumversorgung der ostdeutschen Bevölkerung behalten. "Die bereits kurz nach der deutschen Vereinigung aufgelegten Programme zur Modernisierung der Großsiedlungen haben dazu beigetragen, dass die großen Neubaugebiete aus DDR-Zeiten zum gewachsenen und unverzichtbaren Bestandteil der Stadtstruktur und Wohnraumversorgung mit eigenen Qualitäten geworden sind", sagte Lutz Freitag.
Betrachte man die Entwicklung der Wohnungsbauinvestitionen der 1200 vom GdW allein in den neuen Ländern vertretenen Wohnungsunternehmen, so wurden im Jahr 1995 8,1 Mrd. Euro vor allem in Modernisierung und Instandhaltung investiert. In diesem Jahr rechnet der GdW nur noch mit 3 Mrd. Euro. "Im nächsten Jahr wird mit Sicherheit die 3 Mrd. Euro-Grenze in den neuen Ländern unterschritten", prognostizierte GdW-Präsident Lutz Freitag.
Entwurf Bundeshaushalt 2003: absolutes Minimum erreicht
Die geplante Absenkung der Bundesmittel für den Sozialen Wohnungsbau von in diesem Jahr 300 Mio. Euro auf das gesetzliche Mindestmaß von 230 Mio. Euro in 2003 wurde von GdW-Chef Lutz Freitag bedauert. "Nachdem es der SPD-Bundestagsfraktion in den Beratungen zum Bundeshaushalt 2002 unter großen Anstrengungen gelungen war, den Bundesanteil um 70 Mio. Euro zu erhöhen, soll dieser Erfolg laut Entwurf des Bundesetats nach nur einem Jahr wieder zurückgenommen werden. Das ist das falsche Signal zum falschen Zeitpunkt", sagte Freitag.
Mittelfristig, betonte Freitag, müssten für den Sozialen Wohnungsbau wieder 500 Mio. Euro zur Verfügung stehen, um die größer werdenden sozialen Probleme bei der Wohnraumbereitstellung erfolgreich zu lösen und den Kommunen wieder mehr Belegungsrechte zu verschaffen. "Gab es 1980 noch 4 Mio. Sozialwohnungen bei 1 Mio. Arbeitslosen, stehen heute bei 4 Mio. Arbeitslosen nur noch etwas über 2 Mio. Sozialwohnungen zur Verfügung - bei weiter sinkender Tendenz. Deshalb muss sich der Bund hier auch zu seiner finanziellen Verantwortung bekennen", forderte der GdW-Präsident. Er hoffte auf das Durchsetzungsvermögen der Wohnungspolitiker im Bundestag, im Laufe der parlamentarischen Etatberatungen beim Sozialen Wohnungsbau noch Verbesserungen erreichen zu können.
Er hoffte, dass die Etatansätze 2003 für die Städtebauförderung West mit 92 Mio. Euro und 215 Mio. für die Neuen Länder (plus 179 Mio. Euro für Stadtumbau Ost) gehalten werden. Auch der Bundesanteil am Programm "Die soziale Stadt" müsse mit 80 Mio. Euro als Minimum angesehen werden, so Freitag.
Genossenschaftsförderung
Soweit die knapp 2000 deutschen Wohnungsbaugenossenschaften nicht bereits durch die erwähnten Punkte der Koalitionsvereinbarung wie Kapitalgesellschaften tangiert werden, gelte es noch, auf die speziellen genossenschaftlichen Aspekte hinzuweisen, sagte Lutz Freitag. Der GdW als genossenschaftlicher Spitzenverband begrüßt die Aussagen in der Koalitionsvereinbarung, die das genossenschaftliche Wohnen als gleichberechtigte Wohnform neben dem Wohnen zur Miete und im Eigentum hervorheben. Damit werde die große wohnungswirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der Wohnungsgenossenschaften anerkannt. Der GdW werde die Arbeit der jüngst aus der Taufe gehobenen "Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften" unterstützend begleiten und erwarte von ihr Vorschläge, wie die Baugenossenschaftszulage als Förderinstrument für alle Genossenschaften weiterentwickelt werden kann. Freitag warnte davor, die bewährten Regelungen des deutschen Genossenschaftsgesetzes im Zuge der Einführung eines Europäischen Genossenschaftsstatuts anzutasten. "Die deutschen Wohnungsbaugenossenschaften dürfen in ihrer Identität, die in rund 150 Jahren gewachsen ist, nicht angegriffen werden. Die Ideen einer rein auf soziale Zwecke ausgerichteten oder als quasi Kapitalgesellschaft gestalteten Genossenschaft sollten nicht weiter verfolgt werden. Zu diesem Zweck stehen andere Rechtsformen wie der ideelle Verein oder die Stiftung bzw. die AG oder die GmbH zur Verfügung", erklärte Freitag.
Alterssicherung
Der GdW begrüßte die Absicht der Bundesregierung, Wohneigentumsbildung und staatlich geförderte Altersvorsorge "besser zu verzahnen". Dies gebe dem GdW hoffentlich die Möglichkeit, die Vorteilsschwächen des modifizierten Entnahmemodells im Rahmen des Altersvermögensgesetzes zu beseitigen. Dazu gehören insbesondere:
- Das Entnahmemodell ist mit einer Rückzahlungsverpflichtung verbunden, die die Erwerber gerade in den ersten Jahren nach dem Erwerb einer selbst genutzten Wohnimmobilie zu stark belaste. Sie solle so schnell wie möglich deutlich vermindert werden.
- Der Erwerb von Genossenschaftsanteilen ist bisher nicht begünstigt, auch wenn die Anteile ebenfalls der dauerhaften Verminderung der Miete im Alter dienen.
- Die Entnahmemöglichkeit solle auch auf die betriebliche Altersvorsorge ausgedehnt werden. Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Kürzungen bei der Eigenheimzulage dürfte auch das Dauerwohnrecht nach Wohnungseigentumsgesetz auf Lebenszeit nur noch geringe Wirkung entfalten. "Hier wird eine Chance vertan", bedauerte Lutz Freitag.
GdW mit ständiger Vertretung in Brüssel
Seit Anfang Mai 2002 ist der GdW mit einer eigenen Repräsentanz bei der EU in Brüssel vertreten. "80 Prozent der nationalen Gesetzgebung werden heute durch Entscheidungen auf EU-Ebene beeinflusst bzw. präjudiziert. Hier gilt es, frühzeitig Informationen in Brüssel aufzunehmen, Einfluss auf die Ausgestaltung der europäischen Richtlinien und Regelungen zu nehmen, d.h. Kontakte vor Ort zu den Kommissionen, zum Europäischen Parlament und den nationalen Vertretungen zu unterhalten und natürlich Verbündete zu finden", umriss Lutz Freitag die Motive des GdW für diesen Schritt. Damit habe der GdW jetzt ein direktes Standbein in Brüssel.
Die ständige Vertretung in Brüssel habe bereits alle wesentlichen Themenfelder aufgearbeitet, die Bezüge zur unternehmerischen Wohnungswirtschaft haben. Das Spektrum reiche von der künftigen Strukturförderung über die unternehmensrelevanten Vorschriften zur Rechnungslegung, Unabhängigkeit der Prüfung und Steuerpolitik sowie der Anbringung von Parabolantennen und gehe bis zu energie- und umweltpolitischen Entscheidungen. Im Rahmen der Arbeit des Europäischen Konvents, an dessen Ende ein europäischer Verfassungsvertrag stehen soll, habe der GdW die Bedeutung der Städte im Zusammenhang mit der künftigen Kohäsionspolitik unterstrichen und die Verankerung des Rechts auf Wohnen vorgeschlagen, wie es in der Grundrechtecharta bereits angesprochen sei.
"Besonders wichtig ist dem GdW, die bisherige Förderung der sog. Ziel 1-Gebiete auch nach der Osterweiterung der EU in ausreichendem Maße zu erhalten. Betroffen sind hierbei insbesondere die neuen Bundesländer, die nach den heute geltenden Fördermaßstäben künftig ganz aus der Förderung herausfallen könnten. Wir versuchen, den Stadtumbau Ost durch die Einbeziehung von Mitteln der EU-Strukturförderung zu fördern und den Wohn- und Wirtschaftsstandort Ostdeutschland weiter zu verbessern", erklärte der GdW-Chef. Ebenso versuche der GdW, bei den Verhandlungen zur Umsetzung von Basel II im Rahmen einer EU-Richtlinie Einfluss auf Brüssel zu nehmen.
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