Geburtshilfe in ländlichen Räumen gefährdet
(Berlin) - Der Deutsche LandFrauenverband e.V. (dlv) warnt vor gravierenden Folgen des neuen Hebammenhilfevertrags, der ab dem 1. November 2025 gilt. Die Neuregelung gefährdet das Beleghebammensystem und damit die Versorgung von Frauen – besonders in ländlichen Regionen.
Der Vertrag, festgelegt durch eine Schiedsstelle nach gescheiterten Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Hebammenvertretungen, enthält drastische Kürzungen für die Beleghebammen. Künftig werden ihre Leistungen bei parallelen Geburten nur noch teilweise vergütet. Die Folge: erhebliche Einkommensverluste, trotz unverändert hoher Verantwortung.
Kern des Problems: Bislang konnten Leistungen für jede betreute Frau vollständig abgebrechnet werden, auch bei parallelen Geburten. Künftig erhalten Beleghebammen jedoch nur noch 80 Prozent der üblichen Vergütung für die Betreuung einer Frau. Ein Zuschlag für die Eins-zu-eins-Betreuung wird nur gewährt, wenn die Hebamme mindestens zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach der Geburt ununterbrochen anwesend ist. Der Zuschlag entfällt, sobald eine Hebamme mehr als eine Geburt gleichzeitig betreut. Leistungen für weitere Gebärende werden dann lediglich zu 30 Prozent vergütet. Trotz gleicher Verantwortung und Arbeitsbelastung.
Der Deutsche Hebammenverband (DHV) kritisiert: Diese Regelung wird zwar mit dem Ziel begründet, die Eins-zu-eins-Betreuung zu stärken, führt in der Praxis jedoch zu erheblichen Einkommensverlusten und gefährdet das gesamte Belegsystem.
Eine aktuelle Umfrage unter 154 Belegteams zeichnet ein alarmierendes Bild:
• 93 Prozent erwarten gravierende Einschränkungen ihrer Arbeit
• 100 Prozent rechnen mit Einkommenseinbußen
• Fast die Hälfte will in den kommenden sechs Monaten die Geburtshilfe verlassen
„Wenn fast jede zweite Beleghebamme aufgibt, bricht die Versorgung zusammen – besonders dort, wo die Versorgungslage sowieso schon prekär ist“, so Petra Bentkämper, Präsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes. „Selbst wenn nicht komplette Abteilungen schließen, drohen spürbare Versorgungslücken. Für Frauen in ländlichen Räumen bedeutet das: weniger Sicherheit, längere Wege, weniger Wahlfreiheit bei der Geburt.“
Auch Ursula Braunewell, Erste Vizepräsidentin des dlv, fordert entschlossenes Handeln: „Es geht hier um die Frage, ob Frauen in Deutschland künftig noch verlässlich eine Hebamme an ihrer Seite haben. Das kann nur durch den Erhalt des Beleghebammensystems gewährleistet werden. Jetzt braucht es klare Signale und schnelle Korrekturen.“
Der dlv unterstützt die Forderungen des Deutschen Hebammenverbandes nach Vermittlung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), sofortiger unabhängiger Prüfung der wirtschaftlichen Folgen des neuen Vertrags, unverzüglicher Neuverhandlung der Vertragsbestandteile zum Belegsystem sowie einer regelmäßigen Berichterstattung.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher LandFrauenverband e.V. (dlv), Anja Götz, Referent(in) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Claire-Waldoff-Str. 7, 10117 Berlin, Telefon: 030 284492910