Pressemitteilung | Bundesverband Deutscher Wurst- & Schinkenproduzenten e.V. (BVWS)

Gehirn als Zutat zu Fleischerzeugnissen: Ein Thema?

(Bonn) - Das Gehirn von Schlachttieren zählte seit jeher zu den essbaren und damit auch zu den als Zutat für bestimmte Fleischerzeugnisse verwendbaren Geweben. Sein hoher Gehalt an Lecithin und Fett machten es als Zutat für streichfähige Kochwurstsorten interessant. In alten Rezepturen finden sich noch Angaben über die Verwendung von Hirn bei entsprechenden Wurstsorten. Immer ist hierbei aber von Schweinehirn, in Ausnahmen von Kalbshirn die Rede, niemals von Rinderhirn. In der Küche hatten Schweine- und Kalbshirn ihren Platz auf der Speisekarte. Kalbshirn und auch Kalbsbries (der Thymus oder 'Brieschen') waren als seltene Spezialitäten geschätzt und entsprechend teuer.

In den Metzgereien waren sie meist nur bei rechtzeitiger Vorbestellung zu erhalten, in der Gastronomie waren es die gehobenen Küchen, die Kalbshirn und Kalbsbries auf ihren Speisekarten hatten. Rinderhirn war stets ein für die Verarbeitung schlecht geeignetes Organ, da es durch die Bolzenschussbetäubung vor der Schlachtung mit Fell-, Hautresten und Schmutz, sowie mit Knochensplittern von der Stirnplatte verunreinigt war. Der Aufwand Rinderhirn zu reinigen war zu groß, um es als Lebensmittel in Verkehr zu bringen, zumal sich, im Gegensatz zu Kalbshirn, mangels Nachfrage auch nur ein geringer, den Aufwand nicht lohnender Preis erzielen ließ, ähnliches mag auch für Gehirn von Schlachtpferden gelten.

Wie eingangs erwähnt konnte Schweinehirn als Zutat zu einfachen Kochwurstsorten eingesetzt werden, um die Streichfähigkeit zu verbessern. Dies galt sowohl für die handwerkliche als auch für die industrielle Produktion, wobei in der Regel die preiswerten, einfachen Qualitäten diese Zutat enthielten. Eine Verarbeitung in Roh- und Brühwürsten war nicht nur aus kalkulatorischen sondern vor allem aus technologischen Gründen nicht sinnvoll und wurde deshalb auch nicht vorgenommen.

Die zunehmende Diskussion um BSE in den vergangenen Jahren und die Kenntnis um die Infektiosität von zentralnervösem Gewebe (ZNS), womit Gehirn und Rückenmark von Rindern gemeint sind, hat dazu geführt, dass auch das entsprechende Gewebe vom Schwein in die Diskussion gelangt ist. Festzustellen ist hierbei aber, dass zu keiner Zeit Schweinegehirn als Risikogewebe eingestuft wurde. Rückenmark vom Schwein wurde i.d.R. wie beim Rind bereits bei der Schlachtung entfernt und als Konfiskat entsorgt, da es durch das Spalten des Tierkörpers bzw. der Wirbelsäule gleichfalls mit Knochensplittern versehen war. Die durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse berechtigte Einstufung von Gehirn und Rückenmark des Rindes als sog. 'spezifiziertes Risikomaterial' und den daraus resultierenden Maßnahmen für dessen unschädliche Beseitigung, worunter in diesem Fall die Behandlung in einer Spezial-Tierkörperbeseitigungsanlage und die anschließenden Verbrennung des gewonnenen Tiermehles verstanden wird, ist Gehirn unabhängig von der Tierart in die Diskussion gelangt und mit dem Prädikat 'gefährlich' versehen worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde von Mitgliedsbetrieben die, auch heute noch erlaubte, Verarbeitung von Schweinehirn in speziellen Kochwürsten eingestellt.

Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. hat diesem Umstand Rechnung getragen, in dem er bereits im Frühjahr 1996 einen ersten und im Frühsommer 2000 bei der Leitsatzkommission des Deutschen Lebensmittelbuches, angesiedelt beim Bundesministerium für Gesundheit, einen erneuten Antrag auf Änderung der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse gestellt hat. Hiernach sollten die unter der Leitsatznummer 1.5 für die Verarbeitung in Fleischerzeugnissen aufgeführten zulässigen 'Innereien' neu gefasst und nur noch: Leber, Herz und Zunge ohne Schleimhaut einschließen. Die in der Vergangenheit immer wieder gerade von Seiten der Medien oftmals gewollte Fehlinterpretation der Üblichkeit der Verarbeitung weiterer unter dieser Leitsatznummer aufgeführten Innereien wie Schweinemicker, Speiseröhre ohne Schleimhaut, sowie die für spezielle Fleischerzeugnisse eingesetzten Gewebe Lunge, Hirn, Bries, Milz, Nieren Magen und Vormagen ohne Schleimhaut sollten gestrichen werden.

Bei den letztgenannten speziellen Fleischerzeugnissen handelt es sich üblicherweise um regionale Spezialitäten, die auch nur in einem begrenzten Gebiet vertrieben werden. Ausnahmen sind zum Beispiel Kutteln, die aus dem Vormagen (Pansen) des Rindes hergestellt werden und als eine schwäbische oder bayerische Spezialität auch als Fertiggericht überregional vertrieben werden. Den Frischwaren bleibt meist nur der regionale Vertrieb, so dass Wurstsorten wie z.B. Bregenwurst, Hirnwurst, Saure Rolle, Milzwurst, Brieswurst, Briespastete, Hannoversche oder Norddeutsche Bregenwurst, Mengwurst oder Mischwurst, die zwar in den Leitsätzen aufgeführt, aber nur den wenigsten Verbrauchern bekannt sind, nicht aus der Angebotspalette deutscher Fleischerzeugnisse verschwinden werden, aber eben auf einen engen geografischen Bereich beschränkt bleiben und darüber hinaus dem Verbraucher die Verarbeitung von 'Innereien' durch die Verkehrsbezeichnung sofort ersichtlich ist.

Auf den am 16. 5. 2000 gestellten Antrag erhielt der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. am 18. 10. 2000 einen Zwischenbescheid wonach wegen der 'augenblicklichen Personalsituation und anderer vordringlicher Aufgaben' eine Sitzung des zuständigen Fachauschusses Nr. 4, 'Fleisch und Fleischerzeugnisse', zunächst zurückgestellt wird.

Der Verband hat der Ministerin am 29. 11 2000 erneut geschrieben und um vordringliche Bearbeitung des Antrages gebeten um weiterer Fehlinterpretation der bestehenden Formulierungen durch die Medien und andere vorzubeugen. Hiermit soll der Sensibilisierung der Verbraucher Rechnung getragen und die Diskriminierung unserer Branche verhindert werden.

Am 19. 12. 2000 wurde dem Verband mitgeteilt, dass im Januar 2001 eine Sitzung des Fachausschusses 4 stattfinden wird. Das Thema 'Innereien' soll dann behandelt werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. Schedestr. 11 53113 Bonn Telefon: 0228/267250 Telefax: 0228/2672555

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