Pressemitteilung | Deutscher Bauernverband e.V. (DBV)

Gemeinsame Erklärung des Deutschen Bauernverbandes, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rübenbauerverbände, der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten zur Reform der EU-Zuckermarktordnung

(Bonn/Berlin) - Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes (DBV) hat in seiner heutigen Sitzung über Reform der EU-Zuckermarktordnung beraten und dazu die mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rübenbauerverbände (ADR), der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ) und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) eine gemeinsame Erklärung verabschiedet.

Die EU-Zuckermarktordnung ist Existenzgrundlage für mehr als 300 000 landwirtschaftliche Betriebe, 220 Zuckerfabriken und rund 300 000 Beschäftigte im Zuckersektor der EU sowie seinen vor- und nachgelagerten Bereichen. In Deutschland sind über 46.000 Rübenbauern und 6 500 Arbeitnehmer in der Zuckerindustrie sowie rund 20 000 Beschäftigte in den vor- und nachgelagerten Bereichen betroffen. Für zahlreiche Entwicklungsländer stellt die EU-Zuckermarktordnung eine unverzichtbare Wirtschaftsgrundlage dar.

Bei einer Umsetzung der bekannt gewordenen Pläne der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission für die Reform der EU-Zuckermarktordnung würde die gesamte Zuckerwirtschaft existenziell gefährdet.

Die vorgesehenen Senkungen des Zuckerpreises um mehr als 41 Prozent und der Rübenmindestpreise um mehr als 42 Prozent würden trotz des geplanten Ausgleichs von theoretisch 60 Prozent zu existenzbedrohlichen Einkommensverlusten in den Rübenbaubetrieben und damit zu einem nicht verkraftbaren Rückgang der Zuckerrüben- und Zuckererzeugung führen.

Der im Ansatz positive Vorschlag eines Restrukturierungsfonds für die freiwillige Stilllegung von Zuckerquoten wird durch die Weigerung der EU-Kommission konterkariert, die Initiative für ein umfassendes Mengenmanagement für alle Zuckerimporte zu ergreifen, wie es auch von den AKP-Staaten und den am wenigsten entwickelten Ländern gefordert wird.
Die Entscheidung des WTO-Zuckerpanels gegen die EU und insbesondere das Risiko faktisch unbegrenzter zollfreier Importe – ohne Berücksichtigung jeglicher Umwelt- und Sozialstandards in der Produktion – stellen zusätzlich rund 40 Prozent der EU-Zuckererzeugung von gegenwärtig 20 Mio. t in Frage und gefährden tausende von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.

Der Deutsche Bauernverband (DBV), die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rübenbauerverbände (ADR), die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) und die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) lehnen diese Existenz gefährdenden Vorschläge strikt ab.

Für eine sachgerechte und zielführende Reform der Zuckermarktordnung ist die Erfüllung folgender Kernforderungen unverzichtbar:

1. Preissenkungen müssen auf das für sensible Produkte im Rahmen der WTO-Verhandlungen umzusetzende notwendige Mindestmaß begrenzt bleiben. Die von der Kommission vorgeschlagenen Reduzierungen gehen weit darüber hinaus und müssen zwingend revidiert werden.

2. Preissenkungen bei Zuckerrüben müssen durch eine volle Kompensation auf Basis einzelbetrieblicher top up’s dauerhaft ausgeglichen werden; für die Kompensation ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform zu Grunde zu legen.

3. Die Beibehaltung einer Produktionsabgabe wird abgelehnt. Sie führt zu einer weiteren Reduzierung der Nettoerlöse und soll nur auf die EU-Produktion und nicht auf die zollfreien Einfuhren erhoben werden. Damit wirkt sie zusätzlich wettbewerbsverzerrend.

4. In den WTO-Verhandlungen müssen - insbesondere nach der gegen den Geist der letzten WTO-Runde verstoßenden Entscheidung des WTO-Zuckerpanels – auch für die EU neue und ausreichende Zuckerexportrechte durchgesetzt werden. Das Verbot von Dreiecksgeschäften (SWAP) im Rahmen der Alles außer Waffen-Initiative (EBA), die Begrenzung der LDC-Importe auf die tatsächlichen Nettoüberschüsse dieser Länder und die Einordnung von Zucker als sensibles Produkt im Rahmen der WTO zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Außenschutzes sind unverzichtbar.

Sämtliche Präferenzeinfuhren von Zucker müssen in das EU-Mengenmanagement einbezogen werden

5. Die wirtschaftlichen Risiken der von der EU eingegangenen Freihandelsabkommen dürfen nicht auf die Zuckerwirtschaft abgewälzt werden. Das Interventionssystem muss deshalb erhalten bleiben.

6. Der vorgesehene Restrukturierungsfonds für die freiwillige Quotenrückgabe muss effizient ausgestaltet werden, um eine Schwächung der wettbewerbsstärkeren Standorte durch nicht notwendige Quoteneinschnitte zu vermeiden und um wettbewerbsschwächeren Standorten den Einstieg in andere Produktionszweige und die Schaffung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten zu erleichtern.

7. Die Chemiezuckerregelung muss unverändert fortgesetzt werden. Die von der Kommission geplanten Alternativen sind abzulehnen. Sie schaffen keine Planungssicherheit und führen zu zusätzlichen Quoteneinschnitten.

8. Die von der EU-Kommission geplante Laufzeit der neuen Zuckermarktordnung bis 2014/15 ist im Grundsatz zu begrüßen. Bei Berücksichtigung der vorgenannten Kernforderungen eröffnet sie der Zuckerwirtschaft und den Arbeitnehmern eine nachhaltige Perspektive.

Auf dieser Grundlage sind der Deutsche Bauernverband (DBV), die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rübenbauerverbände (ADR), die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) und die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) bereit, konstruktiv an der Reform der EU-Zuckermarktordnung mitzuarbeiten.

Jegliche Gefährdung der Existenz der deutschen Zuckerwirtschaft wird auf den solidarischen Widerstand der über 46.000 deutschen Zuckerrübenanbauer, des gesamten deutschen Berufsstandes und aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stoßen.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Bauernverband e.V. (DBV) Godesberger Allee 142-148, 53175 Bonn Telefon: 0228/81980, Telefax: 0228/8198205

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