Gesundheitsreform überfällig / Keine Lastenverschiebung in die Sozialhilfe / Einbeziehung aller Sozialhilfebezieher in die gesetzliche Krankenversicherung umsetzen
(Berlin) - Der Sozialausschuss des Deutsche Städte- und Gemeindebundes (DStGB) hält eine umfassende Gesundheitsreform für dringend notwendig. Die Politik ist aufgerufen, durch grundlegende Reformen die Fehlsteuerungen des deutschen Gesundheitswesens zu korrigieren. " Wir brauchen eine wirkliche Reform, kein Krisenmanagement", erklärte am 16. Mai der Vorsitzende, Bürgermeister Manfred Uedelhoven, anlässlich der Sitzung des Ausschusses in Frankfurt am Main.
Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 225,9 Milliarden Euro für Gesundheit ausgegeben, 10,9 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Die pro Kopf Ausgaben - bezogen auf die Bevölkerung - beliefen sich auf 2.740 Euro, 1992 lagen sie bei 2.020 Euro. Aktuell steigen die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung auf über 14 Prozent, Erhöhungen auf bis zu 15 Prozent werden nicht mehr ausgeschlossen. Ein Ende der Spirale ist nicht abzusehen. Nach verschiedenen Prognosen werden die Beitragssätze ohne einschneidende Reformen 18 bis 25 Prozent in 2030 bzw. 23 bis 30 Prozent im Jahr 2040 betragen. Die Beiträge erhöhen die Lohnnebenkosten, verteuern damit den Faktor Arbeit und beeinflussen den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Angesicht der demographischen Entwicklung der kommenden Jahre und des hohen Beitragsniveaus bedarf es sozial ausgewogener Reformen aber ohne Denkverbote. Nicht hilfreich sind kurzfristige Kostendämpfungsgesetze. "Diese sind kein Ersatz für eine durchgreifende Strukturreform im Gesundheitswesen", kritisierte Uedelhoven.
Eine grundlegende Reform muss sich nach Auffassung des Sozialausschusses an drei Zielen orientieren:
- Effizienz steigern
- Grundleistungen neu ordnen
- Eigenverantwortung der Bürger fördern.
Dazu gehört z.B., den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung auf die medizinisch notwendigen Leistungen zu reduzieren oder die Stärkung des Wettbewerbs durch unterschiedliche Versicherungstarife.
Auf der anderen Seite sind die Einnahmenseite der gesetzlichen Krankenversicherung zu verbessern. Eine Reform des Gesundheitswesens, die sich lediglich auf die Leistungserbringer beschränkt, aber die Finanzierungsseite des Gesundheitswesens ausklammert, greift zu kurz.
Der Sozialausschuss begrüßt den Ansatz der Rürup-Kommission, versicherungsfremde Leistungen mittelfristig über Steuern zu finanzieren. " Dies darf jedoch nicht zu einer Verlagerung der Leistungen in die Sozialhilfe führen", erklärte der Sozialexperte des DStGB Uwe Lübking. Begrüßt wird der Vorschlag, alle Sozialhilfeempfänger in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen. Knapp 560.000 Sozialhilfeempfänger sind derzeit nicht krankenversichert. Hierfür müssen die Kommunen mehr als 1,2 Milliarden Euro mit steigender Tendenz aufwenden. "Der Städte- und Gemeindebund fordert die Krankenversicherung für alle Sozialhilfeempfänger seit Jahren", erklärte Lübking.
Reformen im Gesundheitswesen müssen sozial ausgewogen bleiben, sie dürfen insbesondere aber nicht die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum verschlechtern. In den vergangenen Jahren hat es bereits eine Ausdünnung von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung gegeben. Die Flächenländer weisen bereits heute die niedrigste Bettendichte aus. In den ländlichen Regionen verlagern sich immer mehr Leistungen in entfernte Krankenhäuser. Dies führt nicht nur zu längeren Transportwegen. Gleichzeitig wird dort eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung der Bevölkerung in der Fläche in Frage gestellt. In strukturschwachen Gebieten können zunehmend Hausärztepraxen nicht neu besetzt werden.
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