Gesundheitswesen erstickt an der Bürokratie
(Wiesbaden) - Mit seiner klaren Analyse hat der Bundespräsident am 15. März viele Probleme Deutschlands auf den Punkt gebracht. Insbesondere die wuchernde Bürokratie ist nach Ansicht des Berufsverbandes Deutscher Internisten e.V. ein Problem, an dem das Gesundheitswesen zu ersticken droht.
Der BDI begrüßt ausdrücklich die gestrige klare Analyse des Bundespräsidenten: In Deutschland gibt es viel zu viele komplizierte Regulationsmechanismen, die für eine überbordende und absolut kontraproduktive Belastung mit Bürokratie sorgen, betonte BDI-Präsident Dr. med. Wolfgang Wesiack: Zwar hat Bundespräsident Horst Köhler das Steuersystem als Paradebeispiel für ein kompliziertes und unübersichtliches Regelwerk genannt, doch dem steht das Deutsche Sozial- und Gesundheitsrecht in nichts nach es ist eher noch schlimmer.
Eine Analyse der Bundesärztekammer, ergänzt BDI- Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. med. Peter Knuth, habe ergeben, dass Ärzte 37 Prozent aller in der Praxis erhaltenen Informationen in einem Formular festhalten müssen, 17 Prozent doppelt und 46 Prozent dreifach dokumentieren müssen. Dies wirke sich dramatisch auf die Bürokratiebelastung in den Kliniken und Praxen aus.
So verbringen laut Knuth Chirurgen in deutschen Krankenhäusern durchschnittlich zweieinhalb Stunden am Tag mit Dokumentationstätigkeit. Noch mehr Zeit nämlich über drei Stunden sitzt ein Internist am Schreibtisch.* In den Praxen der niedergelassenen Ärzte sieht es eher noch schlimmer aus als an den Krankenhäusern. Diese Zeit, so Wesiack, fehlt bei der Versorgung der Patienten, wo sie viel dringender gebraucht würde. Eine sinnvolle und an den wirklichen Notwendigkeiten der medizinischen Behandlung orientierte Dokumentation würde eine ganze Menge Zeit für die eigentlichen ärztlichen Aufgaben freisetzen.
Doch trotz aller Sonntagsreden, so Wesiack, habe die Gesetzgebung der vergangenen Jahre die wuchernde Bürokratie im Gesundheitswesen jedes Mal weiter gedüngt: In der Präambel des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung also der letzten Gesundheitsreform lesen wir: Die solidarische Wettbewerbsordnung wird weiterentwickelt und Bürokratie abgebaut. Das ist der blanke Hohn: Das Gesetz hat uns unter anderem das bürokratische Monster der Disease-Management-Programme gebracht, mit einem Dokumentationsaufwand, der jede Steuererklärung in den Schatten stellt.
Vor diesem Hintergrund, so Knuth, sei das ständige Gejammere der Politik über die wachsenden Kosten des Gesundheitswesens völlig unverständlich: Mit jeder Leistung, die ein Arzt erbringt, muss er nicht nur die Kosten seiner Klinik oder Praxis und seiner eigenen Arbeitszeit erwirtschaften, sondern auch den Aufwand für die ausufernde Gesundheitsbürokratie. Wenn endlich Bürokratie abgebaut würde, anstatt diesen Wust immer weiter zu vergrößern, wäre dies ein wirklich sinnvoller Beitrag zur Kostensenkung im Gesundheitswesen.
Wesiacks Fazit: Dass Köhler alle Anstrengungen fordert, um den Bürokratie-Abbau endlich wirksam voranzutreiben, findet unsere absolute Unterstützung.
Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI)
Schöne Aussicht 5, 65193 Wiesbaden
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