GEW: „Ohne Geld keine Chancengleichheit“
(Berlin) - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die neue Bundesregierung und die Landesregierungen zum Abschluss des Gewerkschaftstages noch einmal eindringlich gemahnt, die Investitionen in den Bildungsbereich deutlich zu erhöhen und wirksame Maßnahmen gegen den teils dramatischen Fachkräftemangel zu ergreifen. „Chancengleichheit geht nur mit einer ausreichenden Zahl gut qualifizierter Fachkräfte, die gute Arbeits- und Lehrbedingungen haben“, sagte GEW-Vorsitzende Maike Finnern am Samstag während der Abschlusspressekonferenz des Gewerkschafstages, der unter dem Motto „Demokratie beginnt mit Bildung“ stand. „Wir brauchen mindestens 130 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sowie jährliche Investitionen in das Bildungswesen in Höhe von mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts.“ Für Gelder in dieser Größenordnung müssten die Schuldenbremse grundsätzlich reformiert und das Steuersystem sozial gerechter gestaltet werden. „Reiche sollen höhere Steuern zahlen und einen angemessenen Beitrag leisten, zudem müssen die Vermögensteuer wieder eingeführt und die Erbschaftsteuer angehoben werden“, unterstrich Finnern.
Um den Lehrkräfteberuf für junge Menschen wieder attraktiver zu machen, müssten die Arbeitsbedingungen deutlich besser werden. „Ganz zentral: Die Arbeitszeit und die Belastung der Lehrkräfte sind viel zu hoch, wie mehrere Studien der GEW zeigen. Die meisten Landesregierungen weigern sich jedoch, die Arbeitszeit aller Lehrkräfte zu erfassen, weil sie Angst vor den Ergebnissen haben. Das ist der falsche Ansatz. Wer mehr, gute und gesunde Lehrkräfte haben will, muss gute Arbeitsbedingungen bieten“, sagte die GEW-Vorsitzende. „Sechs Jahre nach dem für Deutschland verbindlichen Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wird es endlich Zeit, die europarechtskonforme Erfassung der Arbeitszeit auch an Schulen und Hochschulen umzusetzen.“
Um die Herausforderungen zu meistern, vor denen das Bildungswesen in Deutschland steht, müssten Bund, Länder und Kommunen enger und besser zusammenarbeiten. „Wir brauchen einen Schulterschluss. Dafür muss das Kooperationsverbot in der Bildung aufgehoben werden. Nötig ist ein Kooperationsgebot“, betonte Finnern. Sie stellte das Forderungspaket der Bildungsgewerkschaft an die neue Bundesregierung und die Landesregierungen vor:
• ein inklusives Bildungssystem, das Chancengleichheit für alle Menschen sichert;
• die ausreichende Finanzierung und entschlossene Umsetzung des Rechtsanspruches auf Ganztag an Grundschulen ab dem Schuljahr 2026/27 mit multiprofessionellen Teams;
• die bessere finanzielle Ausstattung, Ausweitung und Verstetigung des Startchancenprogramms;
• eine ausreichende Ressourcenausstattung für den Pakt der Berufsbildenden Schulen;
• die Entfristung des Digitalpakts und dessen dauerhafte Finanzierung;
• ein Kita-Qualitätsgesetz mit bundesweit verbindlichen Standards und dauerhafter Finanzierung;
• eine Fachkräfteoffensive, die die Arbeitsplätze in allen Bildungsberufen attraktiver macht, um insbesondere den Mangel an Erziehrinnen in Kitas und Lehrkräften in Schulen wirksam zu bekämpfen;
• Dauerstellen für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler;
• eine umfassende strukturelle BAföG-Reform;
• verbesserte Integrations- und Sprachkurse sowie die beschleunigte Anerkennung ausländischer Abschlüsse, um mehr Chancengleichheit für zugewanderte Menschen sicher zu stellen;
• ein wirksames Demokratiefördergesetz mit ausreichenden Ressourcen, begleitet von Landesdemokratiegesetzen, um die Demokratie in Bildungseinrichtungen erlebbar zu machen.
„Die Neuausrichtung der Bildungspolitik durch die Zusammenfassung der allgemeinen, schulischen, beruflichen und Weiterbildung im neuen Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) kann eine Chance sein, da sie Verbesserungen entlang der Bildungskette ermöglichen könnte“, sagte Finnern. Die Abspaltung der Hochschulen von den anderen Bildungsbereichen und deren Zuordnung zum neuen Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sei dagegen falsch, da sie einer ganzheitlichen Sichtweise auf das Bildungssystem widerspricht und die einseitige Ausrichtung der Wissenschaftspolitik an wirtschaftlicher Verwertbarkeit begünstigt.
„Unter dem Strich: Die neue Bundesregierung und die Landesregierungen müssen einen bildungspolitischen Neustart hinlegen“, hob die GEW-Vorsitzende hervor.
Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ulf Roedde, Pressesprecher(in), Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt am Main, Telefon: 069 78973-0