GEW: Parteipolitischer Affront der CDU-Kultusminister / Bildungsgewerkschaft zum KMK-Streit über die Veröffentlichung von PISA-Daten für jede Schulform
(Frankfurt/Main) - Einen parteipolitischen Affront und mangelndes Verantwortungsbewusstsein gegenüber Schülerinnen und Schülern sieht Marianne Demmer, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), im Vorpreschen der CDU-Minister in der Kultusministerkonferenz (KMK): Die Unionsvertreter wollen die PISA-Länderdaten für alle Schulformen veröffentlichen. Bisher sind nur die Daten für die Gymnasien vorgestellt worden.
Mit diesem Vorstoß verlassen die Mehrheit der KMK und der Leiter des PISA-Konsortiums, Manfred Prenzel, die verantwortungsbewusste Linie der ersten PISA-Studie, insbesondere mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler, kritisierte Demmer. Indem Professor Prenzel dem Ansinnen der konservativen Kultusminister willfährig Folge leistet oder das Vorgehen sogar selbst angeregt hat, fügt er der wissenschaftlichen Reputation des gesamten deutschen PISA-Konsortiums Schaden zu. Die parteipolitische Neutralität des Konsortiums ist offenbar nicht mehr gegeben.
Mit der einseitigen Kündigung des Vertrags mit dem PISA-Konsortium setzt sich die CDU-Riege über das Einstimmigkeitsprinzip in der KMK hinweg. Sie macht damit einen weiteren Schritt in Richtung Kleinstaaterei in der Schulpolitik und instrumentalisiert die PISA-Studie parteipolitisch, betonte die GEW-Schulexpertin.
Sie machte deutlich, dass die Schulformen in Deutschland mit Ausnahme der Gymnasien so unterschiedlich strukturiert seien, dass ein seriöser Vergleich nicht möglich ist. Gymnasien seien über die Bundesländer hinweg vergleichbar: Sie haben einen ähnlichen Schüleranteil pro Jahrgang und orientieren sich an den gleichen KMK-Zielen. Dies gelte für die anderen Schulformen nicht: In manchen Bundesländern wie in Sachsen gibt es keine Haupt- und Realschulen mehr. In anderen faktisch keine Gesamtschulen - etwa in Bayern und Baden-Württemberg. Die Schüleranteile an Hauptschulen variieren zwischen knapp 40 Prozent in Bayern und zehn Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Schulformbezogene Mittelwerte für die Bundesländer sagen weder etwas über die pädagogischen Anstrengungen der einzelnen Schule noch über die Leistung einzelner Schüler aus, sagte Demmer. Sie machten lediglich deutlich, wie hoch der Schüleranteil in den Schulformen ist bzw. welchen Anteil schwache Schüler ausmachen. Unser zergliedertes Schulsystem macht seriöse Schulformvergleiche unmöglich. Die Veröffentlichung der Daten führt nur dazu, Schülerinnen und Schüler zu etikettieren unabhängig davon, welche Leistung sie tatsächlich und individuell erbringen, hob die GEW-Sprecherin hervor. Sie erinnerte daran, dass Prenzels Vorgänger als Leiter des PISA-Konsortiums, Jürgen Baumert, und der in der KMK für Qualitätsentwicklung zuständige Staatsrat Hermann Lange (Hamburg) genau aus diesen Gründen eine schulformbezogene Auswertung für die Real-, Haupt-, Gesamt-, Berufs- und Sonderschulen abgelehnt hatten.
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