GEW pocht auf Streikrecht für verbeamtete Lehrkräfte / Bremen soll 756 Disziplinarverfahren gegen Lehrkräfte wieder einstellen
(Frankfurt am Main/Bremen) - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert das Land Bremen auf, die 756 gegen verbeamtete Lehrkräfte eingeleiteten Disziplinarverfahren einzustellen. Die Verfahren richten sich gegen Lehrkräfte, die im Rahmen der Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) Anfang des Jahres, gestreikt hatten. "Die GEW weist den Versuch, Lehrkräfte an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte zu hindern, strikt zurück. Es ist ein leicht zu durchschauendes Manöver, die Lehrkräfte politisch einzuschüchtern. Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in zwei Urteilen gegen die Türkei festgestellt, dass ein generelles Verbot von Beamtenstreiks im Widerspruch zum Streikrecht der Arbeitnehmer, der Koalitionsfreiheit, steht. Deutschland ist gut beraten, endlich von seiner überholten Position abzurücken, Beamte hätten kein Streikrecht. Die GEW wird die Bremer Disziplinarverfahren nicht hinnehmen und das Streikrecht auch für verbeamtete Lehrkräfte bis zu einer endgültigen Entscheidung auf europäischer Ebene verteidigen", betonte GEW-Beamten- und Tarifexpertin Ilse Schaad am Freitag (14. August 2009) in Frankfurt a.M. Sie wies darauf hin, das der Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der UN die Bundesregierung bereits 1996 aufgefordert hatte, die gesetzlichen Vorkehrungen zu treffen, damit verbeamteten Lehrkräften ihr Streikrecht nicht länger vorenthalten wird. Die damalige Entscheidung war Folge mehrerer Verfahren, die GEW und DGB wegen der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte in den Bundesländern vor der ILO geführt hatten.
"Ungeheuerlich" nannte Schaad in diesem Zusammenhang das Disziplinarverfahren gegen die Bremer GEW-Landesvorstandssprecherin Elke Baumann. Dieser wird vorgeworfen, durch den Aufruf zum Streik ihre Dienstpflicht in besonderem Maße verletzt zu haben. "Das ist ein schäbiger Angriff auf die Freiheit gewerkschaftlicher Betätigung", betonte die Beamten- und Tarifexpertin. "Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass eine gewählte Gewerkschaftsvertreterin, die auftragsgemäß den Mitgliedern die Beschlusslage ihrer Organisation vermittelt, dafür mit Strafe bedroht wird."
Info: Die Disziplinar-Verfahren hat die Senatorin für Bildung und Wissenschaft, Renate Jürgens-Pieper (SPD), wegen des Verdachts einer Dienstpflichtverletzung gegen verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer der Stadtgemeinde Bremen eingeleitet.
Die beamtenrechtlichen Verhältnisse in der Türkei entsprechen denen in Deutschland.
Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Ulf Roedde, Pressesprecher
Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt am Main
Telefon: (069) 78973-0, Telefax: (069) 78973-201
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