Pressemitteilung | Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

GEW warnt vor Überreaktionen und Dramatisierung bei Internet-Mobbing / Bildungsgewerkschaft stellt Studie zu "Cyber-Mobbing" vor: vorbeugen - aufklären - gelassen und professionell reagieren


(Berlin) - Einen Verhaltenskodex an Schulen und klare Regelungen zum Schutz vor Mobbing im Internet oder per Handy hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) empfohlen. "Wir brauchen ein Bündel an Präventionsmaßnahmen und klare Regeln für ein gutes Schulklima, damit Mobbing keinen Nährboden hat", betonte Marianne Demmer, Leiterin des GEW-Vorstandsbereichs Schule, mit Blick auf die "Cyber-Mobbing"-Studie der Bildungsgewerkschaft, die sie gestern (26. Mai 2008) in Berlin vorgestellt hat. "Was gegen Cyber-Mobbing hilft, hilft auch gegen Mobbing allgemein." Die Untersuchung habe gezeigt, dass Mobbing ohne technische Hilfsmittel nach Einschätzung der Befragten etwa zehn Mal so häufig vorkommt. "Die Dramatisierung des Cyber-Mobbings geht am Kern des Problems vorbei", unterstrich Demmer.
Die für GEW-Mitglieder repräsentative Studie hat gezeigt, dass acht Prozent der Lehrkräfte direkt von Internet-Mobbing betroffen waren. Knapp 31 Prozent der Befragten gaben an, von Fällen aus dem Kollegen- und Bekanntenkreis gehört zu haben. "Ein `Opferprofil´ ist nicht zu erkennen: Jede Altersstufe, Männer und Frauen und jede Schulform sind ähnlich stark betroffen. Lediglich an Gymnasien ist die Zahl der Fälle leicht erhöht", sagte Demmer. Offenbar mobbten sich Schüler häufig auch gegenseitig: In einem Drittel der Fälle sind laut Untersuchung Schülerinnen und Schüler die Opfer. Wahrscheinlich sei die Dunkelziffer jedoch deutlich höher, sagte Demmer.

"Das `Täterprofil´ hingegen ist deutlich: Jungen und junge Männer greifen deutlich häufiger zu Handy und PC als Mädchen und junge Frauen, um andere Schüler oder Lehrkräfte unter Druck zu setzen oder sich zu rächen", sagte die GEW-Sprecherin. Es sei sinnvoll, sich gegen die unerwünschten Angriffe zu wehren: So hätten Lehrkräfte Täter zur Rede gestellt sowie das Gespräch mit Kollegen, Vorgesetzten und Eltern gesucht - mit Erfolg. In Einzelfällen seien Schüler vom Unterricht suspendiert, der Schule verwiesen oder verurteilt worden. Für ein Drittel der Täter habe ihr Verhalten allerdings keine Konsequenzen gehabt.

Die Täter sind in drei Viertel der Fälle Schüler, jeweils fünf Prozent sind Vorgesetzte und Eltern, knapp drei Prozent Kolleginnen und Kollegen.

"Wir brauchen in den Schulen ein Klima gegenseitiger Wertschätzung. Die beste Vorbeugung gegen alle Formen von Gewalt sind: Schule als Lerngemeinschaft, Kooperation und Förderung statt Konkurrenz und Selektion, Lehrkräfte als Partner und Unterstützer des Lernens, transparente und gerechte Bewertung sowie ein Lehrerkollegium, das als Team auftritt. Lehrkräfte, Schüler und Eltern sollten gemeinsam einen Verhaltenskodex erarbeiten und vereinbaren", betonte Demmer. Dazu gehöre etwa, dass Handys und Handy-Kameras während des Unterrichts ausgeschaltet sind und ebenso wie das Internet nicht für Mobbing-Zwecke oder Gewaltdarstellungen genutzt werden dürfen. "Wer sich nicht an die Abmachungen hält, dessen Geräte können einkassiert und den Eltern übergeben werden", sagte die Schulexpertin. Zwar hielten zwei Drittel der Lehrkräfte der Studie zufolge einen Verhaltenskodex für sinnvoll. Nach ihren Angaben gibt es eine solche Vereinbarung aber nicht einmal in einem Viertel der Einrichtungen. Demmer sieht hier einen deutlichen Nachholbedarf.

Sie plädierte dafür, der Medienpädagogik an den Schulen einen höheren Stellenwert zu geben: "Junge Menschen müssen angeleitet werden, die neuen Kommunikations-Medien sinnvoll einzusetzen. Sie müssen Chancen und Gefahren erkennen und einen verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Technologien lernen." Sie warnte aber auch vor Dramatisierungen und Überreaktionen: "Schülerstreiche und Mobbing sind ein `altes Thema´, das nun im Internet-Zeitalter angekommen ist. Jetzt müssen die Lehrkräfte lernen, gelassen und professionell mit den Herausforderungen umzugehen. In besonders gravierenden Fällen muss der Arbeitgeber professionelle Unterstützung sicher stellen."

Info: Die Studie "Cyber-Mobbing" und weitere Infos finden Sie auf der GEW-Website unter http://www.gew.de/Publikationen_Arbeit_und_Recht.html#Section21754.

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Ulf Roedde, Pressesprecher Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt am Main Telefon: (069) 78973-0, Telefax: (069) 78973-201

(el)

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