Pressemitteilung | DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.

Gewässerrandstreifen - Uferstreifen - Gewässerentwicklungskorridore: Grundlagen, Funktionen, Hinweise zur Gestaltung, Beispiele / Merkblatt DWA-M 612

(Hennef) - Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) hat das Merkblatt DWA-M 612 "Gewässerrandstreifen - Uferstreifen - Gewässerentwicklungskorridore: Grundlagen und Funktionen, Hinweise zur Gestaltung, Beispiele" veröffentlicht.

Fließgewässer mit ihren Auen zählen zu den artenreichsten Landschaftsbestandteilen. Sie beherbergen eine Vielzahl von Lebensräumen und sind geprägt durch Abflussdynamik, Feststoffverlagerungen sowie die stete Erneuerung gewässertypischer Strukturen.

Im 20. Jahrhundert, wie auch zuvor, wurden viele Fließgewässer begradigt, eingetieft und aufgestaut. Ziele waren die Verbesserung der Schifffahrt, die Nutzung der Wasserkraft sowie der Schutz von landwirtschaftlichen Nutzflächen, von Siedlungsgebieten und Infrastruktureinrichtungen vor Hochwasser. Auf diese Weise wurden die natürlichen bettgestaltenden Prozesse stark eingeschränkt, oft sogar ganz unterbunden. Lebensräume in und an den Gewässern und in ihren Auen gingen verloren. Neben punktuellen Einleitungen, beispielsweise aus Kläranlagen, belasten vor allem diffuse Einträge aus landwirtschaftlichen Nutzflächen die Lebensbedingungen in den Gewässern zusätzlich.

Wegen ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt bedürfen Fließgewässer und Auen eines besonderen Schutzes. Die Umweltgesetzgebung fordert deshalb heute die Erhaltung bzw. die Wiederherstellung des guten ökologischen Zustands in unseren Gewässern und die Erhaltung der Artenvielfalt (Biodiversität). Voraussetzung dafür ist das Wiederzulassen hydromorphologischer Prozesse. Zu diesem Zweck müssen künftig mehr Flächen entlang der Fließgewässer zur Verfügung gestellt werden. Der im WHG normierte "Gewässerrandstreifen" ist in der Regel nicht ausreichend groß, um hydromorphologische Prozesse zu tolerieren.

Das vorliegende Merkblatt DWA-M 612 "Gewässerrandstreifen - Uferstreifen - Gewässerentwicklungskorridore: Grundlagen und Funktionen, Hinweise zur Gestaltung, Beispiele" soll die Bedeutung der ufernahen Bereiche für die Gewässerentwicklung und den Schutz von Fließgewässern verdeutlichen.

Die DWA-Arbeitsgruppe GB-2.13 "Gewässerrandstreifen" (Sprecher: Dipl.-Ing. Oliver Stenzel) im DWA-Fachausschuss GB-2 "Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern" (Obmann: Univ. Prof. a. D., Dr.-Ing. habil. Heinz Patt) möchte mit diesem Merkblatt Hinweise zu den Funktionen von Gewässerrandstreifen und die in ihrer Breite über den Gewässerrandstreifen hinausgehenden Uferstreifen bzw. Gewässerentwicklungskorridore geben. Das Merkblatt stellt mögliche Entwicklungsziele vor und zeigt auf, wie ufernahe Bereiche im Hinblick auf wasserwirtschaftliche und naturschutzfachliche Anforderungen gestaltet, entwickelt und gepflegt werden sollten. Zusätzlich werden Konzepte zur Realisierung vorgestellt. Die vorliegende Abhandlung ist eine Aktualisierung und Ergänzung des Merkblatts DWA-M 612-1 "Gewässerrandstreifen - Teil 1: Grundlagen und Funktionen, Hinweise zur Gestaltung" aus dem Jahre 2012. Insbesondere wurde es durch Beispiele zur Entwicklung von Uferbereichen erweitert; diese zeigen vielfältige Problemstellungen und Lösungswege auf. Weiterhin haben die sich aus der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) ergebenden Fördermöglichkeiten, die aktuelle Fassung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sowie neuere Erkenntnisse im Bereich der Gewässerökologie diese Neubearbeitung erforderlich gemacht. Inhaltlich ist es auch eine Fortschreibung von Teilen des Merkblatts DVWK-M 204 "Ökologische Aspekte bei Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern" aus dem Jahre 1984. Darüber hinaus ergänzt es das Merkblatt DWA-M 610 "Neue Wege der Gewässerunterhaltung - Pflege und Entwicklung von Fließgewässern" aus dem Jahr 2010 in Bezug auf die Gestaltung der gewässernahen Flächen.

Entscheidend für eine naturraumtypische Fließgewässerentwicklung ist, dem Gewässer ausreichend Raum zu belassen, um sich mit der Laufentwicklung (Laufkrümmung, Längsschnitt, Querschnitte und Gewässerstruktur) dem Abflussregime anpassen zu können.

Natürliche Fließgewässer sind dynamisch und dadurch strukturell vielfältig. Durch Verlagerungen des Gewässerverlaufs werden stetig Feststoffe abgetragen, transportiert und wieder abgelagert. Die Gewässerbettstrukturen sind also einem stetigen Wandel unterworfen. Sie sind im Wesentlichen abhängig vom Gewässertyp, der Gewässergröße und dem Abflussverhalten. Naturnahe Gewässerbettstrukturen sind eine Voraussetzung für die Erreichung der von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) und der einschlägigen nationalen Gesetzgebung vorgegebenen Umweltziele.

Der Anwendungsbereich des Merkblatts liegt vor allem bei Fließgewässern, die natürlichen Ursprungs sind. Es kann jedoch sinngemäß auch auf künstliche Gewässer (zum Beispiel Entwässerungsgräben) und auf stehende Gewässer angewendet werden und wendet sich an die Unterhaltungspflichtigen, Planungsbeauftragte und Fachleute in den verschiedenen Verwaltungsebenen.

Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen an den Gewässern können nur allgemeine Hinweise gegeben werden. Sie sollen die sehr große Bedeutung der Uferbereiche für die Gewässerentwicklung allen Beteiligten bewusstmachen. Die Leserinnen und Leser mögen diese Hinweise nutzen, um eigene Gedanken und Konzepte zu entwickeln. Nur die Situation vor Ort kann letztendlich das Vorgehen bestimmen.

Mit Erscheinen des Merkblatts DWA-M 612 (5/2020) wird das Merkblatt DWA-M 612-1 (9/2012) zurückgezogen.
Mai 2020, 104 Seiten, ISBN 978-3-88721-950-5, Preis: 113 Euro, fördernde DWA-Mitglieder 90,40 Euro

Quelle und Kontaktadresse:
DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. Dr. Frank Bringewski, Abteilungsleiter Zeitschriften und Pressestelle Theodor-Heuss-Allee 17, 53773 Hennef Telefon: (02242) 8720, Fax: (02242) 872135

(ds)

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