Pressemitteilung | Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)

Grüne Gentechnik bedroht die Ökologische Lebensmittelwirtschaft

(Berlin) - Fällt das faktische Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen, ist die Ökologische Lebensmittelwirtschaft in ihrer Existenz bedroht. Dies ist das Fazit einer Pressekonferenz, in der am 17. Juli der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) Stellung zur aktuellen Situation rund um die Grüne Gentechnik bezog. Anlass war der Start einer Kampagne, mit der die Mitglieder des BÖLW Verbraucher über die Folgen der grünen Gentechnik informieren. Der BÖLW ist der Spitzenverband der ökologischen Lebensmittelwirtschaft.

Die ökologische Lebensmittelwirtschaft verzichtet auf den Einsatz der Risikotechnologie Gentechnik, deren Folgen und Gefahren noch in keiner Weise absehbar sind. Nach der Verabschiedung der Verordnung zur Kennzeichnung gentechnisch erzeugter Lebensmittel durch das Europäische Parlament droht das Moratorium zu fallen, durch das derzeit der kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Europa unterbunden wird. Dann besteht die große Gefahr, dass durch Auskreuzung und Verunreinigungen bei der Lagerhaltung auch Ökolebensmittel mit gentechnisch verändertem Material belastet werden.

Für Dr. Ehrnsperger, Inhaber der größten Bio-Brauerei Deutschlands, wären damit große wirtschaftliche Risiken und enorme Kosten verbunden, denn die Anforderungen der Qualitätssicherung steigen um ein Vielfaches, ohne die völlige Gentechnikfreiheit ökologischer Lebensmittel garantieren zu können. Ehrnsperger wies darauf hin, dass schon heute wichtige Unternehmen der Branche mehr Geld für die Qualitätssicherung als für das Marketing ausgeben müssen und dass bei Einführung der Grünen Gentechnik mit einer Verfünffachung dieser Kosten gerechnet werden müsse. „Herr Clement sollte die Existenz dieser mittelständischen Unternehmen sichern, anstatt sich bei den Amerikanern dadurch Liebkind zu machen, dass er den Eisbrecher für deren Gentechnikindustrie auf dem Europäischen Markt spielt!“ forderte Ehrnsperger.

Er ruft dazu auf sich gegen die drohende Kontamination mit gentechnisch veränderten Organismen zur Wehr zu setzen: „Es muss verhindert werden, dass hier eine viel versprechende Wachstumsbranche kaputt gemacht wird, deren Ausweitung sich die jetzige Bundesregierung von Anfang an zur Aufgabe gemacht hat.“ Die Haftung für Schäden aus der Grünen Gentechnik und die Kostenübernahme für Warenstromtrennung und Analysen durch die Verursacher und Inverkehrbringer von GVO müssten durch das Gentechnikgesetz klar und unmissverständlich geregelt werden.

„Es geht keineswegs nur um Bio-Bauern!“, erläuterte Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des BÖLW und ökologisch wirtschaftender Landwirt in Südhessen, die Situation der landwirtschaftlichen Erzeuger. „Ebenso wie der weit überwiegende Teil der Verbraucher will auch die Mehrheit der konventionellen Bauern nichts mit Gentechnik auf dem Acker und auf dem Teller zu tun haben.“ Es sei nicht zu verstehen, warum gerade jetzt, wo die Europäer den USA, Kanada und Argentinien voraus hätten, weltweit Verbraucher mit tatsächlich gentechnikfreien Lebensmitteln beliefern zu können, dieser Marktvorteil aufgegeben werden solle. „Denn über eines muss man sich im Klaren sein: Wenn es einmal zum Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen gekommen ist, dann gibt es in der entsprechenden Pflanzenart keine Gentechnikfreiheit im Sinne eines Null-Wertes mehr“, warnte Löwenstein. „Grüne Gentechnik ist eben nicht in vier Wänden zu halten – einmal in der Umwelt, immer in der Umwelt: Das ist die Konsequenz“.

Allerdings werden mit den Produkten aus Bio-Erzeugung den Verbrauchern auch in Zukunft Lebensmittel angeboten, die ohne Gentechnik hergestellt sind: Die Ökologische Lebensmittelwirtschaft werde nämlich unabhängig von den politischen Entscheidungen konsequent dabei bleiben, selbst keine gentechnisch veränderten Organismen einzusetzen. Durch die Kennzeichnungspflicht könne man dies auch dem Verbraucher dokumentieren, denn wer selbst keine Gentechnik verwendet und äußerste Sorgfalt aufwendet, um Kontamination von außen zu verhindern, werde die Schwellenwerte der Kennzeichnungsverordnung einhalten können. „Dann liegt es am Verbraucher, ein „Nachfrage-Moratorium“ zu errichten als einzige Möglichkeit zur Abwehr der Grünen Gentechnik, wenn die Politik versagt,“ so Löwenstein.

Hier setzt die Kampagne des BÖLW an, die den Verbrauchern verdeutlichen möchte, dass sie nun den Schlüssel in die Hand gedrückt bekommen: „Denn nur was nachgefragt wird, wird auch erzeugt“, brachte Löwenstein die Sachlage auf den Punkt.

Der BÖLW – Vorsitzende formulierte abschließend die Forderungen der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft:

„Wir erwarten von Bundesministerin Renate Künast, klar zu stellen, wie sie verhindern will, dass die Ökobauern und die ohne Gentechnik wirtschaftenden konventionellen Bauern die Zeche für die Grüne Gentechnik zahlen müssen.

Auch muss verhindert werden, dass die guten Ansätze für ein novelliertes Deutsches Gentechnikgesetz von den SPD-Ministerien zerpflückt werden.

Von der Europäischen Kommission verlangen wir die Vorlage einer Verordnung, die regelt, welche Auflagen Anbauer von GVO einzuhalten haben, um den Schutz ihrer Berufskollegen vor Kontamination und Vermischung auf eigene Kosten zu garantieren und wie die Einhaltung dieser Auflagen kontrolliert wird.

Das Europäische Parlament fordern wir auf, durch eine Festsetzung der Kennzeichnungsschwellenwerte bei Saatgut auf einen niedrigst-möglichen Wert sicherzustellen, dass nicht schon vom Beginn der Produktionskette an die Verunreinigung des Erntegutes vorprogrammiert wird.

Schließlich fordern wir Bauernverbandspräsident Gerhard Sonnleitner auf, seine Mitglieder über die Konsequenzen der Grünen Gentechnik für die Marktchancen der heimischen Landwirtschaft aufzuklären und klare Position zu beziehen. Wer die Koexistenz beider Wirtschaftsformen fordert, muss auch benennen, welche Kosten damit verbunden sind und wer sie zu tragen hat. Wir erwarten sowohl vom Deutschen Bauernverband als auch vom BMVEL, dass sie die Diskussion um die Grüne Gentechnik durch Vorlage solcher Zahlen versachlichen!

Wir fordern die Verbraucher auf, ihre Nachfrage – Macht so einzusetzen, dass die Produktion von Genfood bei uns keinen Sinn macht.

Wir fordern die Freunde des Ökologischen Landbaus auf, durch den von uns eingerichteten „Schutzfonds Öko-Landbau“ die Mittel bereitzustellen, die nötig sind, um Aktionen zum Schutz des Ökologischen Landbaus vor der Grünen Gentechnik zu finanzieren.“

Quelle und Kontaktadresse:
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft ( BÖLW ) Marienstr. 20, 10117 Berlin Telefon: 030/28482305, Telefax: 030/

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