Pressemitteilung | Deutscher Kulturrat e.V.
Anzeige

Herrenberg-Urteil: Selbstständig oder angestellt im Kulturbereich?

(Berlin) - Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, legt mit seiner Stellungnahme „Selbstständige Tätigkeit im Kultur- und Medienbereich rechtssicher und bürokratiearm gewährleisten – Scheinselbstständigkeit entschieden entgegentreten“ Eckpunkte für die Definition selbstständiger Tätigkeit vor. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plant, auch als Antwort auf das Herrenberg-Urteil im kommenden Jahr eine Definition selbstständiger Arbeit im Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) vorzunehmen. Bislang ist dort lediglich abhängige Beschäftigung definiert.

Der Deutsche Kulturrat unterstreicht in seiner Stellungnahme, dass sich die Erwerbsarbeit im Kunst-, Kultur- und Medienbereich durch selbstständige Arbeit, abhängige Beschäftigung und sogenannte hybride Erwerbstätigkeit, also den Wechsel oder auch die parallele Ausübung von abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit, auszeichnet. Alle Erwerbsformen haben ihre Berechtigung und verlangen jeweils eine angemessene Vergütung. Neben der Haupterwerbstätigkeit, in abhängiger Beschäftigung oder Selbstständigkeit, spielt in einigen Feldern des Kunst-, Kultur- und Medienbereiches auch die berufliche Nebentätigkeit eine wichtige Rolle. Die berufliche Nebentätigkeit sollte sich durch die soziale Absicherung im Hauptberuf auszeichnen. Scheinselbstständigkeit muss entschieden entgegengetreten werden. Dies verlangt, dass Kultureinrichtungen und Einrichtungen, die sich in Trägerschaft der öffentlichen Hand befinden, mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden müssen.

Die angestrebte Definition von selbstständiger Tätigkeit muss Rechtssicherheit geben und bürokratiearm ausgestaltet werden.

Als Merkmale selbstständiger Tätigkeit benennt der Deutsche Kulturrat u.a.:

• Selbstständige tragen unternehmerische Verantwortung, das gilt auch für Soloselbstständige. Sie sind in der Regel für mehrere Auftraggeber tätig. Sie üben ihre Tätigkeit an unterschiedlichen Orten aus, z. B. in einer eigenen Betriebsstätte, bei Auftraggebern oder Kunden. Das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte ist kein Hindernis für selbstständige Tätigkeit. Sie sind nicht in den Betrieb eingegliedert, können aber Infrastruktur (Räume, Technik, Instrumente usw.) oder Betriebsmittel von Auftraggebern oder Kunden nutzen.

• Selbstständige sind grundsätzlich weisungsfrei. Bei projektbezogenen Arbeiten im Team können sich in der Praxis dennoch temporär Situationen ergeben, in denen verbindliche Abstimmungen und Weisungen, auch seitens des Auftraggebers, auftreten. Künstlerische Vorgaben oder Weisungen in einem Probenprozess oder bei einer Aufführung gegenüber selbstständigen Mitwirkenden sind nicht mit Weisungen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gleichzusetzen. Ebenso wenig begründen Weisungen oder künstlerische Vorgaben von Selbstständigen gegenüber abhängig Beschäftigten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Selbstständige unterliegen teilweise inhaltlichen oder organisatorischen Vorgaben der Auftraggeber, die diese weitergeben müssen. Beispielhaft hierfür stehen Vorgaben von qualitätssichernden Institutionen im Rahmen von Zertifizierungsverfahren oder von prüfenden Behörden zur Gewährleistung bundeseinheitlicher Standards.

• Eine selbstständige Tätigkeit kann auch nebenberuflich ausgeübt werden. Dies kann neben einer hauptberuflichen abhängigen Beschäftigung, einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit, im Ruhestand oder neben einem Vollzeitstudium erfolgen.

Mit Blick auf die geplante gesetzliche Abgrenzung von selbstständiger
Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung fordert der Deutsche Kulturrat, dass die o.g. Merkmale der Selbstständigkeit im Kultur- und Medienbereich sowie die soziale Absicherung durch die Künstlersozialversicherung ebenso Berücksichtigung finden wie die Schutzbedürftigkeit der Erwerbstätigen. Ebenfalls gilt es, die nebenberufliche Selbstständigkeit adäquat zu berücksichtigen.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Sowohl die abhängige Beschäftigung, die Selbstständigkeit als auch die hybride Erwerbstätigkeit sind für den Kultur- und Medienbereich konstitutiv. Eine angemessene Vergütung muss für alle Erwerbsformen selbstverständlich sein. Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geplante Definition selbstständiger Tätigkeit muss der Erwerbsarbeit in einer modernen Wissensgesellschaft gerecht werden und sie muss insbesondere Rechtssicherheit bieten und bürokratriearm umsetzbar sein. Der Deutsche Kulturrat ist mit seiner Stellungnahme jetzt in Vorleistung gegangen. Wir sind gespannt auf den Gesetzesvorschlag aus dem Bundesarbeitsministerium und hoffen nach den Verunsicherungen durch das Herrenberg-Urteil auf Rechtsicherheit und Klarheit."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Kulturrat e.V., Barbara Haack, Leiter(in) Kommunikation, Chausseestr. 10, 10115 Berlin, Telefon: 030 226 05 280

Logo verbaende.com
NEWS TEILEN:

NEW BANNER - Position 4 - BOTTOM

Anzeige