Hessische Metall- und Elektro-Unternehmen im Schraubstock aus Rezession und Strukturanpassungen, aber auf gutem Weg zu digitaler Fitness
(Frankfurt am Main) - Auch zu Beginn des Jahres haben die Unternehmen der hessischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E-Industrie) mit erheblichen Produktions- und Auftragsrückgängen - insbesondere bei Automotive und im Maschinenbau - zu kämpfen. Gleichzeitig müssen sie einen tiefgreifenden Strukturanpassungsprozess bewältigen, der weit über 2020 hinausreichen wird. "Unsere M+E-Unternehmen befinden sich gegenwärtig in einer Art Schraubstock aus konjunkturellen und strukturellen Hemmnissen. Aber auf dem Weg zu digitaler Fitness sind sie entscheidend vorangekommen und haben den Strukturwandel aktiv angepackt. "Um global weiter vorne zu laufen, müssen unsere Mitgliedsunternehmen immense Innovations- und Investitionsleistungen erbringen. Deswegen können sie keine Kostensteigerungen gebrauchen und benötigen eine große Veränderungsbereitschaft bei den Beschäftigten, der Politik und - in der kommenden Tarifrunde - bei der IG Metall", fasste Wolf Matthias Mang, Vorstandsvorsitzender von HESSENMETALL, die aktuelle Lage zusammen.
Mitten in einem langjährigen und tiefgreifenden Strukturanpassungsprozess
HESSENMETALL sieht die deutsche Industrie insgesamt und Hessens größte Industrie mitten in einem langjährigen Strukturanpassungsprozess. So das Ergebnis des vorgestellten Kurzgutachtens des Instituts der deutschen Wirtschaft. Daraus geht hervor, dass mehr als 72 Prozent aller Industrieunternehmen eine "anhaltend schwache Entwicklung" über 2020 hinaus erwarten. Im Wesentlichen sehen die Unternehmen drei Begründungen für die nachhaltige Dämpfung der Wirtschaft: Vor allem geopolitische Spannungen mit global zunehmendem Protektionismus, notwendige strukturelle Anpassungen in den Unternehmen an die digitale Transformation, die Energie- und Mobilitätswende. Und direkte Standortnachteile infolge von Bürokratie, Arbeitsmarktregulierungen und Unternehmenssteuern. "Keine dieser Begründungen lässt auf kurz- oder mittelfristige Erholung hoffen", so Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer von HESSENMETALL. Die Hauptaufgabe bestehe nun darin, maßgeschneiderte Rezepte zu entwickeln, um die Chancen des multiplen Strukturwandels zu nutzen.
Digitalumfrage: Die Hälfte "hoch digitalisiert" und viele "Power-Investoren"
Eine Digitalumfrage von HESSENMETALL, an der sich insgesamt 121 Mitgliedsunternehmen beteiligt haben, zeigt, dass die hessische M+E-Industrie den digitalen Strukturwandel bereits angepackt hat. Während sich rund die Hälfte der Unternehmen als "eher hoch digitalisiert" einschätzt, sucht die andere Hälfte noch nach Möglichkeiten, die digitalen Innovationen und Technologien für sich nutzbar zu machen. "Digitale Produkte und Dienstleistungen stellen in der hessischen M+E-Industrie bereits heute wichtige Umsatztreiber dar. Die Umstellungen der Geschäfts- und Produktionsprozesse insgesamt sind vielfach im Werden.
Erfreulich ist, dass die Unternehmen in den kommenden fünf Jahren eine deutliche Ausweitung ihrer Investitionen in die Digitalisierung planen", so Wolf Matthias Mang.
Nach den Investitionen in die Digitalisierung befragt, ordnen 90 Prozent der Unternehmen sich heute bei einem Anteil von über 1 Prozent am Umsatz ein. Schon heute investieren zwischen 20 und 30 Prozent der Unternehmen sogar mehr als 6 Prozent ihres Umsatzes in die digitale Transformation. In fünf Jahren wollen bis zu 50 Prozent der Unternehmen die 6 Prozent-Marke überschreiten. "Die hohe Zahl dieser 'Power-Investoren' und ihre geplante Verdoppelung in den kommenden fünf Jahren belegen das klar geplante Engagement für die Zukunftssicherung in der M+E-Industrie", so Mang.
Gerade die Digitalisierung der Produktion ist extrem kostenträchtig und aufwändig. Erfolgsentscheidend sind die Qualifizierung der Mitarbeiter und digitale Technologien. Allen voran: die Mensch-Maschine-Interaktion, additive Fertigungsverfahren, Robotik und Künstliche Intelligenz. "Eine höhere Digitalisierung der Produktionsprozesse würde den Unternehmen ein erhebliches Effizienzpotential bieten. Dieses ist aber in vielen Unternehmen noch nicht durchwegs systematisch erschlossen. Unsere Unternehmen sehen also noch erheblichen Handlungsbedarf und haben ihn in Angriff genommen", betonte Mang.
Impulse für die Landesregierung
Um beim Megathema Digitalisierung nicht den Anschluss zu verlieren, steht auch die Politik in der Pflicht. Die Landesregierung hat gute und richtige Maßnahmen aufgesetzt, um das digitale Hessen voranzutreiben. "Unsere Unternehmen sehen aber Ansätze für weiteren Handlungsbedarf mit besserer Struktur und mehr Tempo", so Mang. Die gute Initiative Digitales Hessen soll weiterentwickelt und alle laufenden Förder- und Beratungsprogramme gebündelt und bedarfsorientiert ausgebaut werden. Beispielsweise sind eine branchenspezifische Weiterentwicklung des vom Wirtschaftsministerium geförderten Online-Tools Digi-Check sowie die Einführung eines KI-Checks sinnvoll. Zudem können zusätzliche regionale Hubs z. B. in Kassel, Wetzlar und Offenbach als branchenübergreifende Anlaufstellen für Unternehmen zum Erfahrungsaustausch gegründet werden. Besonders wichtig für die Digitalisierung der Industrie ist die Fortsetzung der Finanzierung des Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrums an der Technischen Universität Darmstadt. Bei der Qualifizierung von Fachkräften wünschen die Unternehmen, stärker unterstützt zu werden: z. B. durch die Ergänzung des Digi-Zuschusses um eine Weiterbildungslinie und ein Weiterbildungsdarlehen über die WI-Bank.
Tarifrunde 2020: "Zusammen weiter denken"
Mit Blick auf die im März 2020 beginnende Tarifrunde in der M+E-Industrie richtete der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands auch einen mahnenden Appell an die IG Metall: "Tarifbindung muss für Unternehmen wieder attraktiver werden." Die Arbeitskosten seien für Unternehmen der mit Abstand wichtigste Standortfaktor. Seit 2008 sind die Tariferhöhungen in der M+E-Industrie um fast das Doppelte der Produktivität in der M+E-Industrie gestiegen und sogar um das Dreifache der gesamtwirtschaftlichen Produktivität. Diese Schere zwischen Produktivitäts- und Lohnkostenentwicklung muss sich dringend wieder schließen. Aus dem Produktivitätsfortschritt müssen die hessischen M+E-Unternehmen in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen in innovative Produkte und Prozesse bestreiten. Daher brauchen unsere Mitgliedsunternehmen einen maßvollen Abschluss, Planungssicherheit und anwendungsfreundliche Regelungen, statt Kostensteigerungen und Komplexität", so Pollert.
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