Pressemitteilung | HUMANISTISCHE UNION e.V. - Bundesgeschäftsstelle (HU)

Humanistische Union fordert die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe

(Berlin) - Die in § 43 StGB vorgesehene automatische Umwandlung von unbezahlten Geldstrafen in Ersatzfreiheitsstrafen (EFS) gilt mit Recht seit langem als Ärgernis. In zahlreichen Untersuchungen ist gezeigt worden, dass die EFS primär eine Bestrafung von Armut darstellt, die Gefängnisse unnötig füllt und in jeder Hinsicht kriminalpolitisch kontraproduktiv ist.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland hat nun die Ergebnisse einer Umfrage bei den Justizministerien der Bundesländer mitgeteilt. Demzufolge sind sich alle Länder darin einig, dass an der Ersatzfreiheitsstrafe festgehalten werden soll. Als Begründung gibt beispielsweise der rheinland-pfälzische Justizminister Philipp Fernis (FDP) Folgendes an: „Eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe wäre der falsche Weg. Ohne sie dürfte die Bereitschaft, eine Geldstrafe zu bezahlen oder durch gemeinnützige Arbeit zu tilgen, deutlich sinken.“

Ersatzfreiheitsstrafen seien ein Druckmittel zum Eintreiben von Geldstrafen. Diese Begründung ist unhaltbar und die Weigerung der Bundesländer skandalös, die Forderung nach Abschaffung der EFS zu unterstützen.
Die Behauptung, dass die EFS „das Rückgrat der Geldstrafe“ sei, ist eine ungeprüfte Alltagstheorie. Diese könnte nur durch die Abschaffung experimentell überprüft werden, wie es Winfried Hassemer schon 1990 gefordert hatte. Andere Staaten kommen seit langem ohne sie aus (Frankreich) oder haben sie in den vergangenen Jahren faktisch abgeschafft (Dänemark, Schweden).

Ausgerechnet nach schwedischem Vorbild wurde die EFS in Deutschland eingeführt, allerdings mit einer fatalen Modifikation: In Schweden muss in jedem Fall ein Richter entscheiden, ob die Zahlung der Geldstrafe auf Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit beruhte. Nur für den letzteren Fall darf eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Das hat über die Jahre dazu geführt, dass dort praktisch keine EFS mehr angeordnet wird. Es ist befremdlich, dass dies nicht auch in Deutschland so gehandhabt wird.
Denn in Art. 104 Abs. 2 GG heißt es: „Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden“. Vor einer EFS hat ein Gericht jedoch nur eine Geldstrafe verhängt. Wenn diese „uneinbringlich“ ist, tritt an deren Stelle die Freiheitsstrafe (§ 43 StGB). Wann dies der Fall ist, entscheidet hierzulande kein Richter, sondern ein bloßer Rechtspfleger. Dies geschieht unabhängig davon, ob die Uneinbringlichkeit auf Nicht-Wollen oder Nicht-Können beruht. Das Bundesverfassungsgericht hat bisher leider keinen Anlass gesehen, die Verfassungswidrigkeit dieses Verfahrens zu überprüfen.

Umso mehr müsste es Aufgabe des Gesetzgebers und des Bundesjustizministeriums sein, von sich aus, diese rechtsstaatswidrige Situation zu beseitigen.

Quelle und Kontaktadresse:
HUMANISTISCHE UNION e.V. - Bundesgeschäftsstelle (HU), Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin, Telefon: 030 20450256

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