Pressemitteilung | ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.

ifo Konjunkturprognose 2007/2008: Aufschwung mit niedrigerem Tempo

(München) - Die Weltwirtschaft befindet sich im vierten Jahr eines konjunkturellen Aufschwungs und expandierte auch im Frühjahr 2007 kräftig. Das Bruttoinlandsprodukt legte infolge der günstigen Ertragslage der Unternehmen, höherer Aktienkurse und der zwar zuletzt gestiegenen, aber immer noch vergleichsweise niedrigen langfristigen Zinsen dynamisch zu. Der Anstieg der Ölpreise wirkte sich - trotz des erneuten deutlichen Anziehens seit dem Beginn des Jahres – nur wenig bremsend aus. Die Notenbanken in den Industrieländern haben seit Beginn des Jahres ihren geldpolitischen Kurs weiter gestrafft.

Die Expansion der Weltwirtschaft wird im Prognosezeitraum schwungvoll bleiben, sich jedoch etwas abflachen. Der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in den USA wird sich nach einer temporären Verlangsamung wieder beschleunigen. Im Verlauf des Prognosezeitraums dürften die Wachstumsraten leicht über die des Potentialpfades steigen. Der Aufschwung in der Eurozone setzt sich zunächst schwungvoll fort, verliert aber im nächsten Jahr etwas an Dynamik. Der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts wird in Japan zunächst kräftig bleiben, sich jedoch schrittweise etwas abflachen. Auch in den Schwellenländern setzt die wirtschaftliche Expansion schwungvoll fort. Vor allem in China, aber auch in Indien, bleibt die konjunkturelle Dynamik hoch. In Lateinamerika und in den anderen Ländern Ostasiens wird die Zunahme der Produktion zwar etwas verhaltener aber dennoch robust verlaufen. In den Industrieländern wird das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2007 um 2,5 Prozent und im Jahr 2008 um 2,8 Prozent zunehmen. Der Welthandel wird in diesem Jahr um 7,5 Prozent und im nächsten Jahr um 8,0 Prozent expandieren. Der Anstieg der Preise bleibt, auch infolge mäßig steigender Löhne, moderat. Diese Prognose stützt sich auf die technische Annahme, dass der Ölpreis bei etwa 70 US Dollar und der Euro-Wechselkurs bei etwa 1,35 US-Dollar liegen.

In Deutschland hat sich der Aufschwung nach der Jahreswende trotz der Erhöhung der Mehrwertsteuer fortgesetzt. Saisonbereinigt ist die gesamtwirtschaftliche Produktion im ersten Quartal mit einer laufenden Jahresrate von 2,1 Prozent gestiegen, zuvor hatte das Expansionstempo allerdings noch bei 4,0 Prozent gelegen. Die konjunkturelle Grunddynamik ist anhand der aktuellen Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zurzeit jedoch nur schwer abzuschätzen. Dazu tragen einige Sonderfaktoren bei: Einerseits ist vor allem die Bauproduktion im ersten Quartal dieses Jahres und teilweise auch im letzten Quartal des vergangenen Jahres durch die außergewöhnlich milde Witterung stark begünstigt worden. Andererseits wurden der private Konsum und das BIP im vierten Quartal durch vorgezogene Käufe angehoben und im ersten Vierteljahr entsprechend gedrückt. Hinzu kommen Verwerfungen in der amtlichen Statistikerhebung – so war die Entwicklung von Vorratsinvestitionen und Exporten im Winterhalbjahr verzerrt – und bei der Saisonbereinigung.

Insgesamt dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion im zweiten Quartal 2006 gegenüber dem Vorquartal nach Schätzungen des ifo Instituts saisonbereinigt mit einer laufenden Jahresrate von 1 ¾ Prozent gestiegen sein. Zum etwas geringeren Wachstumstempo im Vergleich zum ersten Quartal trägt vor allem der Rückgang der saisonbereinigten Werte der Bauproduktion bei. Aufgrund der hohen Dynamik in der zweiten Jahreshälfte 2006 ergibt sich für das erste Halbjahr 2007 im Vorjahrsvergleich jedoch immer noch ein kräftiger Zuwachs von 3,0 Prozent.

Im Prognosezeitraum dürfte sich der konjunkturelle Aufschwung fortsetzen, dabei aber nicht mehr die hohe Dynamik des vergangenen Jahrs erreichen. Die gesamtwirtschaftliche Produktion wird im laufenden Jahr um 2,6 Prozent expandieren; arbeitstäglich bereinigt um 2,8 Prozent. Im Jahr 2008 tritt der konjunkturelle Aufschwung in seine Spätphase ein. Die Ausrüstungsinvestitionen steigen nochmals, wenngleich mit einer geringeren Dynamik als bisher. Dafür expandiert der private Konsum im Zuge einer weiter verbesserten Arbeitsmarktlage. Die gesamtwirtschaftliche Produktion steigt voraussichtlich um 2,5 Prozent Aufgrund der größeren Zahl von Arbeitstagen bedeutet dies kalenderbereinigt allerdings nur noch einen Zuwachs von 2,1 Prozent. Das Verbraucherpreisniveau wird sich im Jahresdurchschnitt 2007 um 2,1 Prozent erhöhen; im Jahr 2008 um 1,8 Prozent.

Im Prognosezeitraum stützt die anhaltend hohe Kapazitätsauslastung die Arbeitskräftenachfrage. Der Aufbau der Erwerbstätigkeit erfolgt dabei hauptsächlich durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und ungeförderte Selbständigkeit. Insgesamt wird die Zahl der Erwerbstätigen im Inland im Jahr 2007 um 475 000 und im Jahr 2008 um 380 000 zunehmen Der Abbau der Arbeitslosigkeit setzt sich angesichts der günstigen Konjunktur weiter fort, jedoch mit verringertem Tempo. Die Arbeitslosigkeit wird im Jahr 2007 um 675 000 und im Jahr 2008 noch um 285 000 zurückgehen. Im Jahresdurchschnitt 2007 dürfte die Zahl der Arbeitslosen bei 3,8 Mill. liegen, im nächsten Jahr bei 3,5 Mill.

Das Finanzierungsdefizit des Staates wird sich im laufenden Jahr auf etwa 8 Mrd. Euro verringern oder 0,3 Prozent in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Im Jahr 2008 dürfte mit einem geringfügigen Finanzierungsüberschuss in Höhe von etwa 5 Mrd. Euro zu rechnen sein. Dies war zuletzt 1989, dem letzten Jahr vor der Wiedervereinung der Fall, sieht man einmal von dem Sondereffekt im Jahr 2000 ab, als der Erlös aus der Versteigerung von UMTS-Lizenzen (knapp 51 Mrd. Euro) einen positiven Budgetsaldo in Höhe von 27 Mrd. Euro zur Folge hatte. Da die Produktionslücke im Jahr 2008 deutlich positiv sein wird, dürfte die konjunkturbereinigte Defizitquote des Staates immer noch knapp 1 Prozent betragen. Die Konsolidierungsaufgabe ist also nicht abgeschlossen, auch wenn durch die diesjährigen fiskalischen Maßnahmen (vor allem die Erhöhung der Mehrwertsteuer) und der geringe Lohnanstieg im staatlichen Sektor das konjunkturbereinigte Defizit seit 2005 um gut 1,5 Prozentpunkte gesenkt wurde.

Quelle und Kontaktadresse:
ifo Institut für Wirtschaftsforschung e.V. Pressestelle Poschingerstr. 5, 81679 München Telefon: (089) 92240, Telefax: (089) 985369

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