Pressemitteilung | (APM) Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V.

Immer mehr Produktfälschungen im Internet

(Berlin) - Statement von RA Doris Möller, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Aktionskreises Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie e. V. (APM) anlässlich der APM-Pressekonferenz am 30. April 2002 in Berlin.

Immer mehr Produktfälscher entdecken Internet als Vertriebsweg und verkaufen ihre gefälschten Produkte über Internet-Auktionshäuser. Dies bereitet APM, der Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie zunehmend Sorge. Zwei Beispiele sollen die Dreistigkeit verdeutlichen, mit denen die Produktfälscher die Verbraucher täuschen und abzocken:

„Ich habe bei Ebay Socken ersteigert, angeblich von „Nike“! Diese waren aber nur herkömmliche Socken und das Nike-Zeichen nur aufgesprüht oder so.“

„Ich habe vor kurzem „adidas“-Socken ersteigert und zwar von ... . Als ich diese Socken nun bekam, war ich total entsetzt. Diese Dinger sind absoluter Müll, ich war stinksauer, hatte versucht mit dieser Dame in Verbindung zu treten. Leider hat sie sich bis heute nicht bei mir gemeldet. Nun habe ich über ihre Bewertung gesehen, das ich nicht die einzige bin, die ihr auf den Leim gegangen ist. Können Sie mir in irgendeiner Weise helfen??? Mir geht es mittlerweile gar nicht mehr so um das Geld, vielleicht vielmehr darum, dass solchen Leuten das Handwerk gelegt wird, damit nicht noch mehreren so geschadet wird wie mir/uns!“

Die Liste der Reaktionen von getäuschten Verbrauchern, die uns in der letzten Zeit erreicht haben, kann beliebig verlängert werden. Über eine Internet-Auktion lässt sich – von welchem Ort in der Welt auch immer – völlig anonym der Verkauf gefälschter Waren organisieren. Da die Waren in Einzelpäckchen gezielt an den Ersteigerer verschickt werden – zuweilen auch von Verteilungsstationen im Inland – kann der Zoll allenfalls dann beschlagnahmen, wenn ihm per Zufall derartige Ware in die Hände fällt. Einzelpakete im Postversand, die beispielsweise von China, Thailand, der Türkei etc. versandt werden, passieren den Zoll problemloser als größere Warensendungen. Häufig dient eine solche Auktion auch dazu, mit potenziellen Interessenten für größere Abnahmemengen der gefälschten Waren in Kontakt zu treten. Auch im Bereich von Uhrenersteigerungen ist häufig der Kunde der Gelackmeierte. Dort zahlt er oft noch viel Geld für das angebliche Original.

Jedes Ding hat seinen Preis – bloß welchen? Oft ist der Spieltrieb bei Internet-Auktionen bei den Verbrauchern so groß, dass sie zuweilen sogar höhere Preise für das angebotene Produkt akzeptieren, als im regulären Einzelhandel. Der Online-Handel ist „heiߓ!

Nach einem Urteil des OLG Köln vom 02.11.2001 (AZ: 6 U 12/01) (Rolex ./. ricardo.de), das aber noch nicht rechtskräftig ist, haben Ansprüche des Kunden, aber auch der Markenhersteller gegen das Internet-Auktionshaus selbst wegen des Vertriebs gefälschter Produkte auf dieser Plattform keinen Erfolg. Allerdings hatte die Erstinstanz, das Landgericht Köln, am 31.10.2001 (AZ: 33 O 251/00) eine Verantwortlichkeit des Auktionshauses bejaht. Ein Unterlassungsanspruch oder gar Schadensersatzanspruch aus dem Markengesetz, den der Zeicheninhaber geltend machen könne, scheitere aber – so die Zweitinstanz, das OLG Köln – daran, dass das Auktionshaus das Markenprodukt selbst nicht benutzt. Nach den Auktionsbedingungen kommt der Vertrag und die entsprechenden Rechtsbeziehungen nur zwischen Anbieter und letztendlich dem Käufer/Ersteigerer zustande. Der Angebotstext für die Versteigerung werde von dem privaten Anbieter eingegeben und der Ersteigerer muss sich vor Teilnahme an der Auktion zunächst durch die AGBs des Auktionshauses durchklicken. Dort werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verträge allein zwischen Anbieter und Bieter zustande kommen. Auch eine Haftung des Auktionshauses aus der sogenannten „Störereigenschaft“ wurde abgelehnt. Diese setze nämlich eine willentliche Mitwirkung am Verkauf der gefälschten Waren voraus, die nur bei Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die Beeinträchtigung ergibt, angenommen werden kann. So die derzeitige Gefechtslage!

Fairness halber muss gesagt werden, dass die Auktionshäuser dem Treiben nicht tatenlos zusehen. Über verschiedene Mechanismen, z. B. Bewertung des Anbieters durch die Nutzer (Bewertungsprogramme) oder das Veri-Programm von e-bay, versuchen die Auktionshäuser zu reagieren. Die Bewertungsprogramme werden von den Ersteigerern kaum angenommen. Beim Veri-Programm können sich Markenhersteller bei e-bay registrieren lassen und haben dann während der laufenden Auktion die Möglichkeit, das Auktionshaus auf Fälschungen hinzuweisen. Folge eines solchen Hinweises: das Produkt wird aus der Auktion herausgenommen.

Aus der Fülle von Angeboten und bei den oberflächlichen Beschreibungen bzw. schlechtem oder falschem Bildmaterial, Fälschungen herauszufiltern, überfordert häufig die Markenhersteller. Einziges Ergebnis ist – wie bereits ausgeführt – nur die Streichung des Angebotes für die angemeldete Auktion, ohne dass das Delikt weiter verfolgt werden kann. Die Markenartikelhersteller erhalten keine Informationen darüber, wer der Anbieter der Ware war. Oft findet sich dasselbe Angebot unter derselben Bezeichnung oder einem anderen Phantasienamen dann in einem anderen Auktionshaus wieder. Für die Originalhersteller bindet die Sichtung im Übrigen – falls sie sinnvoll durchgeführt werden soll – erhebliches zusätzliches Personal, mit Folgen für die Kosten des Originalproduktes. Sind Internet-Auktionshäuser ein Tummelplatz für Betrüger? Die Antwort lautet sicher „Jein“.

Unterbinden kann man dieses Treiben nur, indem auch die Internet-Auktionshäuser stärker in die Pflicht genommen werden. Insbesondere dann, wenn ein entsprechender Anbieter schon mehrfach als unseriös registriert worden ist, oder schlechte Nutzerbewertungen aufweist. Bei Hinweisen auf gefälschte Produkte durch die Markenhersteller in den Angeboten müssen diese sofort herausgenommen werden.

Der neue Vertriebsweg stellt aber auch neue Anforderungen an die Nutzer. Sie dürfen aus Spaß an der Freude nicht völlig blind werden. Der Originalpreis des Markenproduktes sollte zumindest bekannt sein, um sein eigenes Limit für die Ersteigerung festzulegen. Bei Vorkasseverpflichtungen ist Vorsicht geboten. Die Rückforderung dieser Gelder insbesondere bei Absendern, die nicht in Deutschland ansässig sind, ist schwierig und häufig völlig aussichtslos. Die Kosten für eine Rechtsverfolgung – abgesehen von dem Ärger selbst – für eine Ware, die z. B. 15,- € gekostet hat, stehen völlig außer Verhältnis. Dies ziehen Betrüger natürlich mit in ihr Kalkül ein.

Der Gang ins Fachgeschäft ist häufig die bessere Wahl, um wirklich Originale zu erstehen. Sie bieten entsprechende Beratung. Die Fachhändler wissen, woran man das Original erkennt, kennen die Sicherheitsmaßnahmen – Etiketten, besondere Steppung, Hologrammetiketten etc. Sie verlieren den Kunden, wenn sie ihm schlechte Ware verkaufen. Zudem kann der Kunde dort die Qualität der Ware sofort prüfen, er kann sie anfassen und anprobieren, sich im wahrsten Sinne des Wortes ein eigenes Bild von der Ware machen. Bei Reklamationen ist das Gegenüber bekannt und die eigenen Rechte damit besser durchsetzbar. Schnäppchenjagd hat eben Grenzen!

Interessant ist, dass im Zusammenhang mit Kleinmengen – wie sie häufig im Internet angeboten werden – die EU-Kommission eine Änderung der EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung plant, wonach auch bei Touristen die im Urlaub erstandenen Pirateriewaren durch den Zoll konfisziert werden könnten. In Frankreich ist dies schon nach nationalem Recht möglich. Dort kann Touristen, die Fälschungsware – beispielsweise gefälschte Textilien aus der Türkei –, die sie auch für den Eigengebrauch gekauft haben, vom Zoll abgenommen werden. Diese vorgelegten Neuregelungen befürworten aber auch noch stärker als bisher den Einsatz von Sicherungsmaßnahmen zur Unterscheidung des Originalproduktes von der Fälschung. Dadurch sollen die Zollbehörden besser in die Lage versetzt werden, gefälschte Waren aufzuspüren. Dieses Anliegen zu fördern ist auch eines der Ziele von APM und DIHK. Mit dem 3. Sicherheitstechnikkongress soll auf die bestehenden Möglichkeiten hingewiesen werden. Die Kommunikation über solche Sicherungsmaßnahmen an den Verbraucher könnte zuweilen auch diesen vor unerwünschten Fälschungskäufen schützen

Quelle und Kontaktadresse:
Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. Adenauerallee 148 53113 Bonn Telefon: 0228/10 42 71-7 Telefax: 0228/10 42 71-8

NEWS TEILEN: