Pressemitteilung | (VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V.

Informationen zu den Haushaltskürzungen bei der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit

(Berlin) - Die Bundesregierung plant in ihrem Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 mit massiven Kürzungen bei der Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe. Wir haben zu Ihrer Orientierung die wichtigsten Fakten und relevante Analysen im nachfolgenden Briefing aufbereitet.

Welche Kürzungen bei Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe plant die Bundesregierung im Haushalt 2025?

Der Kabinettsbeschluss vom 24. Juni sieht für die Finanzierung humanitärer Hilfe nur noch rund eine Milliarde Euro vor, eine Kürzung um 52 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 59 Prozent seit 2022. Die humanitäre Hilfe sinkt damit trotz dramatisch gestiegener humanitärer Bedarfe auf den niedrigsten Anteil am Bundeshaushalt seit fast zehn Jahren – 0,21 Prozent. Das Budget des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) soll auf 10,3 Milliarden Euro sinken – ein Minus von acht Prozent. In den kommenden drei Jahren soll der BMZ-Etat sogar um eine weitere Milliarde auf 9,3 Milliarden Euro gekürzt und damit noch einmal deutlich gegenüber den Planungen der Ampelkoalition reduziert werden. Details, auch zu einzelnen Haushaltstiteln, können Sie unserer ausführlichen Analyse des Haushaltsentwurfs entnehmen.

Wie wirken sich die Kürzungen, insbesondere in der humanitären Hilfe, auf die weltweite Versorgungslage für Menschen in akuter Not aus?

Aktuell sind die Auswirkungen der Kürzungen noch nicht absehbar, voraussichtlich werden jedoch zahlreiche geplante humanitäre Programme nicht umgesetzt werden können. Entsprechend gehen VENRO-Mitgliedsorganisationen davon aus, dass staatlich kofinanzierte Maßnahmen nicht weitergeführt werden können. Eine schließt deshalb ihre Landesvertretung im Kongo, wo humanitäre Hilfe immer wichtiger wird. Eine andere kann ein Projekt zur Senkung von Mütter- und Kindersterblichkeit in Sierra Leone nicht weiterführen. In der humanitären Hilfe wird angesichts der vielen Kürzungen, auch in anderen Geberländern, bereits jetzt von einer Hyperpriorisierung gesprochen. Das bedeutet, dass nur die dringendsten Krisen und die dringendsten Bedarfe bedient werden können.

Zudem drohen lokale Strukturen, die bereits jetzt massiv von der Zerschlagung von USAID betroffen sind, noch weiter unter Druck zu geraten. Wie sehr das humanitäre System und insbesondere lokale Partnerorganisationen vom Wegfall der US-Finanzierung gebeutelt ist, können Sie den Ergebnissen unserer Umfrage unter humanitären Organisationen in Deutschland entnehmen. Laut einer kürzlich veröffentlichten Lancet Studie drohen in den kommenden fünf Jahren 14 Millionen Todesfälle allein durch die Zerschlagung von USAID.

Was verbirgt sich hinter der Ankündigung der Bundesregierung, zukünftige internationale Notlagen ad hoc finanzieren zu wollen?

Wenn humanitäre Krisen ad hoc finanziert werden, würden Gelder aus Restmitteln im Haushalt bereitgestellt. Dadurch verstreicht wertvolle Zeit und Hilfe erreicht die Menschen erst mit Verspätung. Eine moderne humanitäre Hilfe sollte vorausschauend geplant werden, um Notlagen schnell und effizient begegnen zu können. Diesen Anspruch hat die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag selbst formuliert: „Humanitäre Hilfe werden wir stärken und verlässlich, gezielt und vorausschauend leisten.“

Senkt die Bundesregierung mit ihren Kürzungsvorhaben wie angekündigt die ODA-Quote?
Mit den Kürzungen sinkt auch Deutschlands ODA-Quote. Damit wird Deutschland seine international eingegangene Verpflichtung, die gerade erst im Rahmen des Abschlussdokumentes bei der 4. Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) erneuert wurde, auch im Haushaltsjahr 2025 nicht einhalten, obwohl die ODA-Quote bereits im Vorjahr den niedrigsten Stand seit 2020 erreicht hat, wie unsere Analyse aus dem März zeigt.

Ist die ODA-Quote ein guter Messwert für deutsches Engagement für globale Gerechtigkeit?

Ja und nein. Die ODA-Quote gibt nur einen groben Überblick über die als Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit angerechneten staatlichen Mittel. Grund dafür ist, dass ein sehr beträchtlicher Anteil der ODA-Ausgaben für Inlandsangelegenheiten wie die Versorgung von Geflüchteten und die Förderung von ausländischen Studierenden eingerechnet werden, obwohl diese Maßnahmen nicht entwicklungspolitische steuerbar sind und auch keine direkte Wirkung im Ausland entfalten.. Aktuell sind es rund 40 Prozent der Gelder, die im Inland verbleiben – was Deutschland zum mit weitem Abstand größten Empfänger seiner eigenen Entwicklungsleistungen macht. Die ODA-Regeln erlauben die Einrechnung dieser Ausgaben, obwohl sie nicht zu einer globalen nachhaltigen Entwicklung beitragen.
Mit den Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe sinkt der Anteil der ODA-Ausgaben, die tatsächlich in Entwicklungsländern wirksam werden, weiter ab. In unserer aktuell erschienenen ODA-Analyse zeigen wir auf, wie die „bereinigte“ ODA-Quote aussieht.

Was sollte nun geschehen?

Das Parlament sollte die geplanten Kürzungen im Haushaltsgesetz korrigieren und mindestens 2,5 Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe beim Auswärtigen Amt und 11,2 Milliarden für das BMZ bereitstellen. Angesichts der dramatischen Weltlage und der vielen humanitären Krisen muss Deutschland mehr Verantwortung übernehmen. Unsere konkreten Forderungen haben wir in zwei Pressemeldungen vor und nach dem Kabinettsbeschluss zusammengefasst.

Quelle und Kontaktadresse:
(VENRO) Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V., Dominik Drießen, Leiter(in) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Stresemannstr. 72, 10963 Berlin, Telefon: 030 2639299-10

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