Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Jahreswechsel: Zahlreiche Neuerungen für Verbraucher

(Berlin) - Neue Währung, längere Gewährleistung, neues Bio-Siegel, höhere Pfändungsfreigrenzen - dies sind einige der Neuerungen, auf die sich Verbraucher zum Jahreswechsel einstellen müssen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) informiert über einige der wichtigsten Veränderungen im Überblick.


Kaufrecht
Wichtigste Neuerung: Zum 01. Januar 2002 treten die neuen Gewährleistungsfristen in Kraft. Verbraucher können mangelhafte Ware künftig innerhalb von zwei Jahren statt bisher nur sechs Monaten reklamieren. Hinzu kommt: Die Beweislast, dass das Produkt tatsächlich schon bei der Übergabe defekt war, liegt in Zukunft innerhalb der ersten sechs Monate bei dem Verkäufer. Neu ist auch die Gewährleistungspflicht beim Kauf von Gebrauchtwaren, die künftig ebenfalls zwei Jahre beträgt. Sie kann vertraglich jedoch auf ein Jahr verkürzt werden. Bisher konnten beispielsweise Gebrauchtwagenhändler jede Gewährleistung ausschließen. Auch künftig kann jedoch der Gewährleistungsanspruch bei rein privaten Zweite-Hand-Geschäften ausgeschlossen werden.

Reparaturen und Werkleistungen
Neuerungen bringt der Jahreswechsel ebenso bei Reparaturen und Handwerkerleistungen. Zum einen wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klargestellt, dass Kostenvoranschläge im Zweifel unentgeltlich sind. Zum anderen gilt künftig auch bei Reparaturen und sonstigen Werkleistungen die Gewährleistungsfrist von zwei Jahren. Auch diese kann auf ein Jahr verkürzt werden. Ausnahme: Bei Bauwerken und - neuerdings – zugehörigen Planungsleistungen gelten fünf Jahre Gewährleistung.

Wahlrecht bei Reklamationen
Bei Reklamationen haben Verbraucher ab Januar nach wie vor ein Recht auf Vertragsauflösung oder Preisminderung. Bevor der Kunde dies jedoch in Anspruch nehmen kann, muss dem Händler die Möglichkeit der Nacherfüllung eingeräumt werden. Dabei hat der Verbraucher das Wahlrecht, eine Reparatur zu verlangen oder auf ein neues Produkt zu bestehen. Jedoch kann der Händler eine dieser beiden Möglichkeiten der Nacherfüllung ablehnen, wenn diese für ihn mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Geht der Händler auf keine der beiden Möglichkeiten ein, kann der Kunde vom Kauf zurücktreten oder eine Preisminderung verlangen. Dies gilt auch für den Fall einer fehlgeschlagenen Nachbesserung (im Zweifel zweimalige Chance zur Nachbesserung).

Produktwerbung
Händler haften künftig auch für Werbeaussagen, beispielsweise wenn der Kühlschrank mehr Strom verbraucht, als in der Werbung angepriesen. Diese Haftung gilt indes nur für konkrete Produkteigenschaften – subjektive Produkteigenschaften (nach dem Motto: "Unser CD-Player bietet das reinste Hörvergnügen") können auch weiterhin unverbindlich sein. Die Beweislast für die Abweichung liegt beim Kunden. Der Verkäufer kann sich jedoch entlasten, wenn er nachweisbar die Werbung nicht kannte oder nicht kennen musste oder wenn er den Kunden noch vor Vertragsabschluss auf die Abweichung aufmerksam gemacht hat.

Verbraucherschutzgesetze
Die wichtigsten Verbraucherschutzgesetze, wie das AGB-Gesetz (Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen), das Haustürwiderrufsgesetz, das Verbraucherkreditgesetz, das Fernabsatzgesetz und das Teilzeitwohnrechtegesetz sind nunmehr unmittelbar im BGB geregelt.

E-Commerce
Nach einer erweiterten Verordnung über Informationspflichten muss bei im Internet abgeschlossenen Verträgen der Unternehmer den Kunden künftig über die technischen Schritte der Bestellung informieren. Auch muss dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben werden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzurufen und zu speichern. Ferner muss er über sämtliche einschlägigen Verhaltenskodizes, denen er sich unterwirft, unterrichtet werden.

Verbandsklage
Eine Stärkung des Verbraucherschutzes bedeutet das neue Instrument der Sammel- bzw. Musterklage für Verbraucherverbände. Häufig verzichten Verbraucher darauf, ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, weil sie die Kosten und das Prozessrisiko scheuen. Dies gilt insbesondere bei relativ kleinen Beträgen, zum Beispiel wenn Banken unrechtmäßige Kontoführungsentgelte erheben oder das Unternehmen seinen Sitz im Ausland hat. Künftig haben Verbraucherverbände das Recht, abgetretene Forderungen für Verbraucher einzuklagen. Voraussetzung ist aber immer, dass eine solche Klage dem Verbraucherschutz insgesamt dient. Besonders vorteilhaftes Detail der Neuregelung ist die Tatsache, dass Verbraucherverbände mehrere Ansprüche zusammenfassen und im eigenen Namen geltend machen. Dadurch steigt der Streitwert des Verfahrens.

Banküberweisungen
Durch das Überweisungsgesetz wird die EU-Überweisungsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Danach müssen die Banken Inlandsüberweisungen innerhalb einer Frist von drei Tagen ausführen, und sie haften bei Verlust einer Überweisung. Auch müssen sie Informationen über etwa Entgelte oder Auslagen bei Standardgeschäften erteilen. Zudem muss die Empfängerbank den Betrag noch am Tag des Eingangs gutschreiben. Bislang konnte es passieren, dass ein am Freitag vor einem langen Wochenende eingehender Geldbetrag tagelang nicht berücksichtigt wurde.


Anhebung der Pfändungsfreigrenzen
Die seit 1992 unveränderten Freigrenzen für Lohn- und Gehaltspfändungen werden ab dem 1. Januar 2002 angehoben. Damit wird der Pfändungsfreibetrag beispielsweise für Alleinstehende ohne Unterhaltspflichten von derzeit 1.220 DM auf 1.820 DM und bei Schuldnern mit einer Unterhaltspflicht auf ca. 2.500 DM angehoben. Bei der Neubemessung der Pfändungsfreigrenzen orientiert sich das Gesetz nicht ausschließlich an dem Anstieg der Lebenshaltungskosten, sondern berücksichtigt auch die gegenwärtigen Sozialhilfesätze. Die
Pfändungsfreibeträge liegen über diesen Sätzen, um dem Schuldner trotz drohender Pfändung zur Erwerbstätigkeit zu motivieren. Für alle Bundesländer gelten dieselben Pfändungsfreibeträge. Anders als bei der Bemessung der Sozialhilfesätze gibt es hier keine regionalen Unterschiede. Die Pfändungsfreibeträge werden künftig alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli (erstmals 2003) entsprechend der prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach dem Einkommensteuerrecht angepasst. Der vzbv begrüßt die überfällige Anpassung der Pfändungsfreigrenzen als Schritt in die richtige Richtung, um überschuldeten Personen einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu geben. Die Neufestsetzung reicht jedoch nur sehr knapp zur Existenzsicherung aus. Der vzbv fordert, den pfändungsfreien Betrag bei Schuldnern mit Unterhaltsverpflichtungen stärker anzuheben und soziale Leistungen wie das Wohngeld nicht bei der Berechnung der Freigrenzen einzubeziehen.

Riester-Rente
Mit dem Jahreswechsel tritt auch die Reform der privaten Altersvorsorge in Kraft. Wer bei Banken, Bausparkassen, Versicherungen oder Fondsgesellschaften ein sogenanntes Riester-Produkt kauft, kann dafür eine staatliche Zulage erhalten. Grundsätzlich sollte vor jedem Vertragsabschluss eine anbieterunabhängige Beratung zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen stehen. Hinzu kommt, dass die staatliche Förderung noch bis zum 31.12.2002 beantragt werden kann - Eile beim Vertragsabschluss oder bei der Beantragung der staatlichen Zulage ist also nicht geboten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass betriebliche Altersvorsorgemöglichkeiten erst Mitte des Jahres angeboten werden und somit ein vollständiger Vergleich aller Riester-Produkte erst dann möglich ist.

Bio-Siegel
Im Laufe des Frühjahrs wird das neue Bio-Siegels für Lebensmittel eingeführt. Das Siegel soll es durch die einheitliche Kennzeichnung sämtlicher Lebensmittel aus ökologischem Anbau Verbrauchern erleichtern, beim Lebensmittelskauf "Klasse statt Masse" zu bevorzugen. In Zukunft sollen alle Produkte mit dem neuen Siegel gekennzeichnet sein, die nach den Standards der EU-Öko-Verordnung hergestellt sind. Dadurch dass sich das Siegel an den EU-Standards orientiert, soll sichergestellt werden, dass auch große Supermarktketten auf genügend Ware zurückgreifen können und Bioprodukte auch jenseits der traditionellen Bioläden erhältlich sind. Mit dem Bio-Siegel wird eines der Herzstücke der von Verbraucherschutzmnisterin Renate Künast angekündigten Agrarwende sichtbar.


Heimgesetz
Mehr Transparenz verspricht die Neufassung des Heimgesetzes. So müssen Heimverträge ab Januar eine detailliertere Aufführung der Leistungen und Heimentgelte und in der Anlage eine allgemeine Leistungsbeschreibung enthalten. Zudem werden die Beschwerdemöglichkeiten für die Heimbewohner verbessert (schriftlicher Hinweis auf die Anschriften von Beschwerdestellen) und die Rechte der Bewohner bei der Vertragskündigung erweitert (z. B Verkürzung der Kündigungsfrist auf einen Monat). Offen ist hingegen noch die dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) widersprechende Regelung zum Ende des Heimvertrages nach dem Tode des Bewohners. Nach dem Heimgesetz kann der Träger noch zwei volle Wochen nach dem Sterbetag das Entgelt aus dem Heimvertrag verlangen.

Krankenkassenwechsel
Zum neuen Jahr wird mit dem Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte die Kündigungsfrist der in der gesetzlichen Krankenkasse Pflichtversicherten denen der freiwillig Versicherten angeglichen: Künftig können alle Versicherten mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende die Mitgliedschaft in ihrer alten Krankenkasse kündigen und eine neue Kasse wählen. Der Nachteil: Nach einem ersten Kassenwechsel im Jahr 2002 muss der Versicherte 18 Monate in der gewählten Krankenkasse verbleiben. Allerdings bleibt das Sonderkündigungsrecht bei Beitragssatzerhöhung weiterhin bestehen, d.h. in diesem Fall gilt die 18-monatige Bindungsfrist nicht und ein Wechsel ist mit einer Kündigungsfrist von ebenfalls zwei Monaten zum Monatsende möglich.

Quelle und Kontaktadresse:
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstraße 66 10969 Berlin Telefon: 030/258000 Telefax: 030/2580018

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