Pressemitteilung | Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Jobmotor Logistik stottert, aber kommt nicht zum Erliegen

(Frankfurt am Main) - Die aktuelle Finanzkrise schlägt auch auf den Logistiksektor durch. Der lange brummende Jobmotor ist zunächst ins Stottern geraten. Die gebremste Geschwindigkeit trübt zwar die Aussicht auf gute Jobs, macht sie aber keineswegs zunichte. Qualifizierte Kräfte werden weiterhin gesucht. Fakt ist: Die Unternehmen haben es im Vergleich zur Situation von vor 2-3 Jahren erheblich schwerer, geeignete Fachleute zu finden, wie eine Personalmarkt-Studie des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Paul Wittenbrink von der Berufsakademie Lörrach zeigt. Umfragebeginn war August 2008; nach Einsetzen der Finanzkrise wurde ein Drittel der Unternehmen Ende Oktober nochmals befragt. Insgesamt beteiligten sich 118 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von ca. 155 Mrd. Euro.

Offene Stellen

Zu Beginn der Befragung - und damit vor dem Bekanntwerden der Krise - glaubten rund 80 Prozent, dass sich der enge Logistikpersonalmarkt in absehbarer Zeit nicht entspannen werde. Rund 20 Prozent bekannten zu Beginn des Befragungszeitraums gar, Aufträge nur eingeschränkt durchführen zu können, weil geeignetes Personal fehle; weitere 33 Prozent standen nach eigenen Angaben kurz davor. Durchschnittlich 26 Prozent der Unternehmen gaben an, offene Stelle besetzen zu müssen. Dieser Wert sank dann Ende Oktober auf 16,7 Prozent.

Stellenaufbau/-abbau

Ungelernte und Facharbeiter scheinen den Kürzeren zu ziehen, sie werden in den kommenden 24 Monaten überproportional weniger gebraucht als höher Qualifizierte. Laut BME-Studie wollen die Unternehmen nach dem Bekanntwerden der Krise im Bereich operativer und administrativer Tätigkeiten aktuell bzw. in den nächsten Monaten in stärkerem Umfang Stellen abbauen: 45,7 Prozent der Befragten kündigten Ende Oktober an, im Bereich Ungelernte zu reduzieren, 14 Prozent wollen dies im Segment Facharbeiter tun. Bei Einkäufern (logistischer Dienstleistungen) und Logistik-Strategen wird es hingegen im Moment zu keinem nennenswerten Stellenabbau kommen.

Parallel melden die Befragten Stellenaufbau für den Bereich höher Qualifizierter, wenn gleich nicht in dem Maße, wie zu Umfragebeginn. „Kandidaten mit FH- bzw. Bachelorabschluss, mit Uni- bzw. Master-Abschluss sowie Berufserfahrene werden weiterhin überproportional gesucht und auch eingestellt“, fasst BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Holger Hildebrandt zusammen. Das sei ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Bereich Logistik in Unternehmen und auch die Dienstleister selbst weiter an der Verbesserung interner Strukturen bzw. strategisch an ihrer Performance arbeiteten.

Qualifikation/Fähigkeiten

Der Logistik-Sektor benötigt insgesamt mehr betriebswirtschaftlich ausgebildete Logistiker, besonderer Bedarf besteht auch für die Kombination mit einer ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung. Quereinsteiger haben im administrativen Bereich die besten Chancen (75 Prozent), die schlechtesten dagegen im Bereich Logistikstrategie (53 Prozent).

Immerhin 60 Prozent der Befragten schätzen das Qualifikationsniveau Ungelernter gegenüber früher als deutlich schlechter bzw. gleichbleibend niedrig ein. Über 50 Prozent sehen das Niveau von Mitarbeitern mit FH- oder Bachelorabschluss auf gleichbleibend hohem Niveau; über 20 Prozent berichten gar von einer deutlich besseren Qualifikation als früher. Gleichbleibend hohes Qualifikationsniveau wird auch Promovierten und Berufserfahrenen bescheinigt. Hildebrandt: „Dennoch besteht noch viel Luft nach oben. 81 Prozent der Unternehmen sagen klipp und klar, dass die Branche hinsichtlich der betrieblichen Ausbildung noch große Anstrengungen unternehmen muss.“

Soft Skills wie „Lösungsorientierung“, „Organisationsfähigkeit“, „Belastbarkeit“ und „vernetztes Denken“ sind bei Logistik-Mitarbeitern besonders gefragt. Fachwissen, Sprachkenntnisse (etwa Japanisch, Chinesisch, Russisch) scheinen den Befragten vergleichsweise eher unwichtig, ebenso wie „Mobilität“ (im In- und Ausland). Prof. Dr. Paul Wittenbrink: „Die zunehmend komplexere und unsichere Logistikwelt erfordert neben Fachwissen vor allem die Fähigkeit, sich kontinuierlich auf neue Anforderungen einzustellen. Mitarbeiter müssen belastbar und flexibel sein. Es gilt, stetig Wissen zu generieren, im Team zu arbeiten, vernetzt und lösungsorientiert zu denken.“

Gehaltsentwicklung

Dass operative Logistikmitarbeiter (wie Lkw-Fahrer, Kommissionierer) zukünftig eher teurer würden, meinten zu Umfragebeginn noch 32 Prozent; davon gehen inzwischen nur noch 14 Prozent der Befragten aus; 9 Prozent sehen hier eher rückläufige Gehälter. Führungskräfte haben derzeit besonders schlechtere Karten auf höheres Entgelt. Glaubten zu Umfragebeginn noch 60 Prozent, dass die Besoldung der Strategen eher steigen würde, rechnet damit derzeit nur noch jeder vierte Befragte; 17 Prozent gehen sogar von einer rückläufigen Entwicklung aus.

Ansehen/Organisation

Immerhin 80 Prozent der Befragten sprechen von einer gestiegenen „Bedeutung der Logistik“ in ihrem Unternehmen; 58 Prozent meinen, dass auch das „Ansehen der Logistiker“ deutlich gestiegen ist. Die Hälfte berichtet auch von einem „Upgrading“ der logistischen Führungsriege: Bei 67,5 Prozent ist die Logistik-Führung inzwischen in der obersten bzw. zweithöchsten Führungsetage aufgehängt. Ein Viertel der Unternehmen ordnet jeden 10. Mitarbeiter der Logistik zu; für 15 Prozent der Unternehmen zählt fast jeder 5. Mitarbeiter dazu.

Steuerung

Für die gesamte Branche gilt: Die Steuerung von Dienstleistern und die Planung von Supply Chains ist den Befragten wichtiger geworden (67 Prozent). Auch der Einkauf von Dienstleistungen (55 Prozent) und die operative Steuerung (61 Prozent) haben erheblich an Bedeutung gewonnen. Prof. Dr. Paul Wittenbrink: „Dies deutet darauf hin, dass Handel und Industrie sich wieder stärker der gesamten Steuerung der Logistik widmen.“ Laut BME-Geschäftsführer Dr. Holger Hildebrandt sind „vor allem innovative Konzepte gefragt, die Einkäufern und Logistikdienstleistern Win-Win-Ergebnisse innerhalb von Partnerschaften ermöglichen. Dazu bedarf es freilich entsprechend qualifizierter Fachleute.“ Diese Anforderung an Personal und Personalverantwortliche bestehe unabhängig vom weiteren Verlauf der Finanzkrise.

BME und Berufsakademie Lörrach befragten im Zeitraum August bis Oktober 2008 branchenübergreifend 118 Unternehmen zu ihren Personalressourcen in der Logistik. Teilnehmer: Logistik- bzw. Versandleiter (30,7 Prozent), Einkaufs-, Vertriebs- bzw. Produktionsleiter (20,2 Prozent), Geschäftsführer (19,3 Prozent), Supply Chain Manager (13,2 Prozent), Einkäufer von Logistikleistungen (10,5 Prozent), Betriebs-/Niederlassungsleiter (6,1 Prozent).

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) Sabine Ursel, Pressesprecherin Bolongarostr. 82, 65929 Frankfurt am Main Telefon: (069) 30838-100, Telefax: (069) 30838-199

(el)

NEWS TEILEN: