Pressemitteilung | Bitkom e.V.

Jung fordert Reform des Bildungssystems und gezielte Einwanderungspolitik

(Hannover) - Ein Rekordwachstum konnten die Unternehmen der Informationstechnik und Telekommunikation (ITK) im Jahr 2000 erzielen. Ein Plus von 11,1% brachte der Branche in Deutschland Umsätze von insgesamt 241 Mrd. DM. Trotz des hiermit erreichten hohen Niveaus wird sich das Wachstum fortsetzen, wenn auch mit etwas niedrigeren Raten. Für 2001 wird mit einem Plus von 8,7% auf 262 Mrd. DM und für 2002 mit 9,6% auf 287 Mrd. DM gerechnet. Diese Zahlen gab der BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien aus Anlass der CeBIT in Hannover bekannt. BITKOM-Präsident Volker Jung erklärte, dass die stärksten Schübe für den Markt von der Nachfrage nach Telekommunikations-Infrastruktursystemen, Mobilkommunikations- und Internet-Diensten sowie Software ausgingen. Problematisch sei die aktuelle Kostenbelastung der Branche, sagte Jung. Er verwies insbesondere auf die hohen Zahlungen für UMTS-Lizenzen sowie urheberrechtliche Abgaben, zusätzliche Entsorgungsgebühren und eine dreijährige Gewährleistungsfrist für ITK-Produkte. An die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post richtete Jung die Aufforderung, Kooperationen bei der Installation der UMTS-Netze zuzulassen. Zurzeit werden bundesweit parallel sechs Netze aufgebaut. Jung: "Jede Mark, die in redundante Infrastrukturen investiert wird, führt in einem zweiten Schritt zu einer unnötigen Verteuerung der UMTS-Angebote." Des Weiteren sei eine energische Reform des Bildungssystems und eine gezielte Einwanderungspolitik nötig, um den bestehenden Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Markt für Telekommunikation im Zeichen von UMTS

Der Telekommunikationsmarkt erreichte im Jahr 2000 das stärkste Wachstum seit Jahrzehnten. Die Gesamtumsätze legten um 12,4% auf 125 Mrd. DM zu. Für das Jahr 2001 erwartet BITKOM eine Steigerung um 9,2% auf 137 Mrd. DM und für 2002 um 9,5% auf 150 Mrd. DM. Die stärksten Impulse kommen hierbei von den Dienstleistungen im Bereich der Mobilkommunikation und des Internet. Die Mobilkommunikation hat in Deutschland im vergangenen Jahr einen enormen Wachstumsschub erfahren. Die Teilnehmerzahlen haben sich binnen 12 Monaten auf 48 Mio. verdoppelt. Selbst die optimistischsten Prognosen wurden damit erheblich übertroffen. Bei den mobilen Telefondiensten ging die Umsatzkurve im Jahr 2000 um 30% nach oben. Für 2001 rechnet BITKOM mit einem Plus von 25% auf 35 Mrd. DM und für 2002 mit plus 23% auf 43 Mrd. DM. Dann werden die Umsätze in der Mobilkommunikation erstmals höher liegen als im Festnetz.

Treibende Kraft in der Kommunikationstechnik sind die Infrastruktursysteme und hier insbesondere der Bereich UMTS. Infrastruktursysteme und Endgeräte im Bereich der Mobilkommunikation legten im Jahr 2000 um 39% auf 15 Mrd. DM zu. Für die Jahre 2001 und 2002 erwartet BITKOM jeweils ein Wachstum um 9% auf 16 Mrd. bzw. 17,6 Mrd. DM. Der Gesamtmarkt der Mobilkommunikation, also Dienste, Systeme und Geräte, erreicht zurzeit ein Wachstum von 20% und ein Marktvolumen von 51 Mrd. DM. Europa hat sich nach Aussage Jungs bei mobilen Technologien und Anwendungen eine hervorragende Ausgangsposition erarbeitet, insbesondere als Systemlieferant für den mobilen elektronischen Geschäftsverkehr, das so genannte Mobile Business. Jung: "Der Alte Kontinent macht mobil und wird das neue, das mobile Internet maßgeblich prägen. Mobilität ist und bleibt der alles bestimmende Technologietrend unserer Branche."

Ein Spitzenwachstum wird nach Berechnungen des BITKOM im Internet-Sektor erzielt. 10 Mio. Deutsche sind im vergangenen Jahr erstmals online gegangen, 28 von 100 Einwohnern nutzten das Internet. Bis 2003 wird die Zahl der deutschen Internet-Nutzer jährlich um 21% wachsen. Der Markt für Internet- und Onlinedienste erzielte im vergangenen Jahr ein Plus von 40% auf 7,5 Mrd. DM und wird in 2001 um 45% auf 11 Mrd. DM zulegen. Bereits im Jahr 2002 werden Onlinedienste mit knapp 15 Mrd. DM einen Umsatz in der Größenordnung der gesamten Unterhaltungselektronik erreichen.

Mobilität auch bestimmend für Informationstechnik

Der Bereich Informationstechnik (IT) hatte die 90er Jahre mit ausgezeichneten Werten abgeschlossen und die neue Dekade mit ebenso guten Zahlen begonnen. Ein Plus von 10,1% hob den IT-Markt im Jahr 2000 auf ein Volumen von 116 Mrd. DM. Für 2001 erwartet BITKOM ein Wachstum um etwa 8,2% auf 125 Mrd. DM und für 2002 um 9,7% auf 138 Mrd. DM. Das Wachstum der Informationstechnik wird von Software und Services getragen. Beide Segmente machen zusammen inzwischen mehr als die Hälfte des gesamten IT-Markts aus. In der Software liegt das Wachstum stabil bei 12 bis 13% und im Service-Sektor bei ca. 11%. In der Hardware werden Steigerungen zwischen 5 und 7% erzielt. Wie in der Kommunikationstechnik gilt auch hier: Mobilität ist der bestimmende Trend. Mobile PCs legen in diesem Jahr um 12% zu. Sie machen bereits ein Drittel des gesamten PC-Markts aus.

ITK-Branche unter Kostendruck

Jung wies darauf hin, dass trotz aller Dynamik die Lage der Branche zurzeit schwieriger sei als noch vor einem Jahr. Die Schwäche der Märkte in Übersee führe zu steigendem Wettbewerbs- und Preisdruck in Deutschland. Und auch die hier zu Lande insgesamt langsamere volkswirtschaftliche Entwicklung wirke auf die Nachfrage im ITK-Sektor. Dies habe mit dazu beigetragen, dass im PC- und Drucker-Markt die Margen aufgeschmolzen sind.

Ein wesentlicher Hemmschuh für ein noch dynamischeres Wachstum ist laut Jung die finanzielle Ausstattung der UMTS-Netzbetreiber. Sie mussten allein für den Erwerb der Lizenzen in Deutschland etwa 100 Mrd. DM aufbringen. Letztlich würden die geschäftlichen und privaten UMTS-Kunden diese Kosten zu tragen haben. "In Spanien und Frankreich werden die Preise für UMTS-Dienste deutlich niedriger liegen als in Deutschland", kritisierte Jung die international ungleichen Vergabeverfahren. Deshalb müsse die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post den verbliebenen Handlungsspielraum nutzen, um die Netzbetreiber nicht ohne Not zusätzlich zu belasten. Zurzeit sollen bundesweit parallel sechs Netze aufgebaut werden. Hierbei ist den Netzbetreibern bislang fast jede Form der Kooperation untersagt. Regulierungsbehörde und Bundeswirtschaftsministerium sollten nach Ansicht Jungs den Netzbetreibern gestatten, die möglichen Synergien einer Kooperation beim Aufbau der Infrastrukturen auf Basis der Lizenzbedingungen weitestgehend auszuschöpfen. Die entsprechenden Entscheidungen müssten umgehend getroffen werden. In zwei Jahren soll der Netzaufbau weitgehend abgeschlossen sein.

Jung kritisierte darüber hinaus die aktuelle Kostenbelastung der ITK-Branche. Er führt hier die Forderungen nach international weitgehend einzigartigen Urheberabgaben, Rundfunkgebühren auf PCs und Entsorgungsgebühren an. Die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes bringt nach Ansicht Jungs eine Verschärfung anstelle der notwendigen Entschärfung der innerbetrieblichen Mitbestimmungs- und Entscheidungsstrukturen. Das im Februar beschlossene Gesetz über den Elektronischen Geschäftsverkehr verschenke Chancen. Anbieter von E-Commerce müssten allzu häufig das Recht des Ziellandes berücksichtigen. Hiermit sind insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen vielfach überfordert. Darüber hinaus soll in Deutschland künftig eine dreijährige Gewährleistungsfrist für ITK-Geräte eingeführt werden. Bislang gelten 6 Monate, die europäische Garantierichtlinie schreibt 2 Jahre vor. BITKOM kritisiert diesen deutschen Sonderweg. Jung: "Für dieses Modell haben offenbar Kühlschränke und Gefriertruhen Pate gestanden. Im ITK-Bereich liegen die Produktzyklen vielfach unterhalb von 3 Jahren. Mir ist schleierhaft, wie ein kleiner PC-Händler, der selbst Geräte assembliert, eine dreijährige Gewährleistung sicherstellen soll."

Reform des Bildungssystems angemahnt

An die Politik gewandt, forderte der BITKOM-Präsident den verstärkten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik in der Öffentlichen Verwaltung sowie eine energische Reform des Bildungssektors. Die langfristige Beseitigung des Mangels an qualifizierten Fachleuten müsse zur vordringlichsten Aufgabe der deutschen Politik werden. Die Hochschulen müssten in die Lage versetzt werden, die Attraktivität der Studiengänge zu steigern, die Abbrecherquoten zu senken und den Frauenanteil zu erhöhen.

In den Schulen müsse gleichzeitig die Modernisierung der Ausstattung einerseits und der Lehrer-Ausbildung andererseits verwirklicht werden. Die "Aktion kl@sse" von ZDF und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung werde dafür sorgen, dass ein Schub hochwertiger Geräte in die Schulen komme. Jung forderte die auf der CeBIT ausstellenden Unternehmen auf, ihre schultauglichen Exponate nach der Messe zur Verfügung zu stellen. Eine Reihe großer BITKOM-Mitglieder wird sich an der Aktion beteiligen. Letztlich aber braucht man laut Jung eine Strukturreform, die bis in die Grundfeste des Bildungswesens reicht.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) Albrechtstraße 10 10117 Berlin Telefon: 030/27576-0 Telefax: 030/27576-400

NEWS TEILEN: