Kinder brauchen Ferien - sie leiden unter / Druck und Anspannung / BLLV-Präsident Wenzel appelliert vor Beginn der Weihnachtsferien an Eltern, ihren Kindern eine Auszeit zu gönnen / Erkrankungen nehmen zu
(München) - Wenige Tage vor Beginn der Weihnachtsferien hat der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, an Eltern appelliert, ihren Kindern die nötige Verschnaufpause zu gönnen. Schülerinnen und Schüler aller Schularten brauchen nach den anstrengenden Schulwochen viel Zeit für Erholung. "Lehrerinnen und Lehrer beobachten, dass Kinder nicht erholt aus den freien Tagen kommen, sondern oft müde und abgeschlagen sind, weil sie sich kaum ausruhen konnten", erklärte er. Viele Eltern nutzten die Ferien für Nachhilfe- und privaten Förderunterricht, um so Lücken bei ihren Kindern zu schließen. Dieser Trend mache sich seit einigen Jahren bemerkbar und sei besorgniserregend. Vor allem Grundschulkinder und Kinder der gymnasialen Unterstufe seien davon betroffen. "Druck und Anspannung der Schüler sind enorm", sagte Wenzel. Wie sehr sie darunter leiden, belegen zahlreiche Experten und Studien: So steigt die Zahl der Kinder, die wegen schulischem Stress erkranken, kontinuierlich an - und die Politik reagiert nicht angemessen darauf.
Nach den Weihnachtsferien beginnt für die Kinder vierter Grundschulklassen der Übertrittsmarathon, er setzt sich bis Anfang Mai fort, dann werden die Übertrittszeugnisse ausgeteilt. Wenzel: "In vielen Familien gibt es während dieser Zeit nur ein Thema: Den Übertritt auf das Gymnasium - und der muss geschafft werden, koste es, was es wolle." Bei schulischen Schwierigkeiten nutzten viele Eltern gerade die Ferienzeit, in der Kinder die Lücken aufholen sollen. "Diesem Dauerstress sind Neun- bis Zehnjährige nicht gewachsen", warnte er.
"Wenn Kinder sagen, sie hätten keine Lust mehr auf die Schule, wenn sie müde und abgeschlagen wirken, wenn sie nicht mehr gern mit Gleichaltrigen spielen wollen, sich abschotten und zurückziehen oder über Übelkeit, Bauch- und Kopfschmerzen klagen, wenn sie Schlafprobleme und Konzentrationsschwächen haben, sind dies meist Hinweise auf tiefer liegende Probleme und Ängste. Eltern sollten diese unbedingt ernst nehmen, sich Zeit für klärende Gespräche nehmen und sich notfalls professionelle Hilfe holen. Wir wissen, dass diese Symptome häufig mit schulischen Versagensängsten zu tun haben."
"Die bevorstehenden Wochen sind für Kinder, Eltern und Grundschullehrer/innen alles andere als einfach", betonte Wenzel. Der Übertritt sei für alle Beteiligten höchst belastend - auch für die Lehrkräfte: "Grundschullehrer/innen können noch so engagiert sein und sich intensiv um einzelne Kinder bemühen, sie werden von Schülern und Eltern als diejenigen wahrgenommen, die über die Zukunft entscheiden. Das ist auch für viele Pädagogen eine extreme Belastung, die an ihrem Selbstverständnis nagt. Sie sind gezwungen, zahlreiche Prüfungen abzuhalten und Leistungen zu erheben."
"Inzwischen gibt es viele Eltern, die diese unpädagogischen Regelungen nicht mehr wollen und sich eine andere Schule wünschen", betonte Wenzel und erinnerte an die BLLV- Massenpetition "Grundschule ganz STARK - Unsere Kleinen ganz GROSS", die in kurzer Zeit von über 100 000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet wurde und in der u. a. auch eine längere gemeinsame Schulzeit gefordert wird. Auch eine vergangenes Jahr vom BLLV durchgeführte Befragung unter Grundschullehrerinnen und -lehrern zeigt, dass die Mehrheit der befragten Pädagogen die Sortierung Zehnjähriger ablehnt. "Sie wollen es nicht mehr länger hinnehmen, dass die Bedürfnisse von Kindern zu kurz kommen und in der Schulpolitik zu wenig berücksichtigt werden. Wenn Experten immer wieder darauf aufmerksam machen, dass Kinder und Jugendliche aufgrund extremer Belastung in der Schule krank werden, muss die Politik darauf angemessen reagieren. Bislang sind solche Konsequenzen allerdings ausgeblieben, stattdessen jagt eine unpädagogische Reform die nächste. So werden die geplante "Grundschulreform" und die neuen Übertrittsregelungen die Situation verschlimmern."
Der BLLV- Präsident bekräftigte seinen Appell an die Eltern, trotz aller Zwänge ihren Kindern die dringend erforderliche Erholung und freie Zeit zu gönnen. "Sie müssen abschalten können und brauchen eine Auszeit. Auch wenn es schwer fällt, sollten sie sich klar machen, dass die Gesundheit und das seelische Wohlbefinden ihres Kindes wichtiger sind als Noten und Punkte."
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