Pressemitteilung | Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)

Kinder haben zweiwöchige Pause dringend nötig / BLLV-Präsident appelliert an Eltern, in der Ferienzeit auf striktes Lernprogramm zu verzichten / "Das Kultusministerium muss von den Schülern den extremen Druck nehmen"

(München) - Wenige Tage vor Beginn der Weihnachtsferien hat der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, an Eltern appelliert, ihren Kindern die zweiwöchige Pause zu gönnen. "Auf strikte Lernprogramme sollte verzichtet, vielmehr sollten die freien Tage zur Erholung genutzt werden." Stark belastet seien vor allem Grundschulkinder, die vor dem Übertritt stehen, und Kinder, die im Sommer auf ein Gymnasium gewechselt sind. "Das zu absolvierende Prüfungspensum und der damit verbundene Erfolgs- und Leistungsdruck sind enorm." Viele Kinder der gymnasialen Unterstufe hätten darüber hinaus auch noch mit den neuen und sehr hohen Anforderungen zu kämpfen. Dem Kultusministerium warf Wenzel vor, Kinder und Eltern mit diesen Problemen im Stich zu lassen. Er appellierte an das Ministerium, nicht die Augen vor den Sorgen und Nöten vieler Betroffener zu verschließen. "Die Schulzeit ist für viele Familien eine Zeit extremer Belastung." Prüfungsergebnisse und Noten beherrschten die Atmosphäre zu Hause, Eltern reagierten geradezu panisch, wenn sie die erfolgreiche Schulkarriere ihres Nachwuchses gefährdet sehen. "Das sind keine guten Voraussetzungen für ertragreiches Lernen."


Die vorweihnachtliche Zeit ist an den Schulen alles andere als besinnlich. So kommt es durchaus vor, dass in den Wochen vor den Weihnachtsferien Grundschulkinder vierter Jahrgangstufen wöchentlich zwei bis drei Proben schreiben müssen. Es gilt, Leistungsnachweise in den Hauptfächern Mathematik, Deutsch, Heimat- und Sachunterricht zu erbringen. Abgefragt werden müssen aber auch andere Fächer, wie z.B. Religion oder Ethik. In sechsten Jahrgangs-stufen bayerischer Gymnasien ist es keine Seltenheit, dass die Schüler in zwei Wochen in allen vier Schulaufgabenfächern Prüfungen schreiben, dazu kommen noch weitere Notenerhebungen wie beispielsweise mündliche Abfragen und Stegreifaufgaben in den anderen Fächern.

Die meisten Grundschüler haben nur ein Ziel: Sie wollen um jeden Preis den erfolgreichen Schulwechsel auf ein Gymnasium schaffen. Einmal dort angekommen wird alles unternommen, um den Schulverbleib auf dem Gymnasium zu sichern. "Der Besuch eines Gymnasiums ist nach wie vor der Königsweg. Alternativen werden von den meisten Eltern und Schülern als Verschlechterung der Schulbiografie empfunden", erklärte Wenzel. Diese Sichtweise führe zu einem immensen Druck, der Kinder krank machen könne und ihre Lernmotivation mehr hemme als fördere. "Schule in Bayern ist ein Selektionsbetrieb. Schüler wie Lehrer sind ihm unterworfen - mit allen negativen Konsequenzen." Umso wichtiger sei es, Verschnaufpausen zu zulassen und sinnvoll zu nutzen. "Die zweiwöchigen Weihnachtsferien sollten auf keinen Fall mit zusätzlichem Stress beladen werden", betonte der BLLV-Präsident.

Leider nutzten viele Eltern gerade diese Zeit für privaten Nachhilfeunterricht.
Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2010 nehmen in Deutschland jährlich knapp 1,1 Millionen Schüler Nachhilfe in Anspruch. Eltern geben dafür bis zu 1,5 Milliarden Euro im Jahr aus. "Der Unterricht findet immer zusätzlich statt und ist daher auch für viele Kinder eine zusätzliche Belastung. Das sollten Eltern immer bedenken", sagte Wenzel. Für Freizeitaktivitäten und unbeschwertes Spielen bleibe immer weniger Zeit. "Kinder müssen aber abschalten dürfen." Am besten sei gemeinsam verbrachte Zeit - mit Spielen oder Freizeitaktivitäten an der frischen Luft. Zu viel Fernseh- und Computerkonsum seien kontraproduktiv.

Eltern befänden sich freilich in einer schwierigen Situation, sagte Wenzel. "Sie wollen das Beste für ihr Kind. Sie wissen, dass sich mit einem hohen Abschluss auch die beruflichen Chancen erhöhen und damit eine relative Sicherheit gewährleistet ist. Sie wissen auch, dass Armut krank macht und ausgrenzt. Sie sollten sich aber bewusst machen, dass jedes Kind ein Recht auf freie und vor allem unbelastete Zeit hat."

Das Kultusministerium forderte Wenzel auf, von den Heranwachsenden den extremen schulischen Druck zu nehmen: "Es muss das Kind im Mittelpunkt stehen und nicht das Aus- und Umsortieren junger Menschen."

Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV) Pressestelle Bavariaring 37, 80336 München Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155

(cl)

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