Koalitionsvereinbarung kein Aufbruchsignal / Bürokratisierung in der Landwirtschaft nimmt weiter zu
(Berlin) - Die rot-grüne Regierungskoalition hat nach Auffassung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) mit ihrer Koalitionsvereinbarung und den personellen Entscheidungen deutlich gemacht, dass sie auf die schwierige konjunktur- und haushaltspolitische Situation nicht überreagieren will. Dies war zu Beginn der letzten Legislaturperiode unter einem Finanzminister Lafontaine völlig anders. Ob die Korrekturen in der Sozialpolitik und in der Arbeitsmarktpolitik ausreichen, die für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland dringend erforderlichen Grundsatzentscheidungen voranzubringen, muss bezweifelt werden. Offenkundig hat die anhaltende konjunkturelle Schwächephase eher zu vorsichtigen steuer- und haushaltspolitischen Entscheidungen geführt als zu grundlegenden Veränderungen.
Die Land- und Forstwirtschaft und der ländliche Raum sind trotzdem von den koalitionspolitischen Entscheidungen vor allem bei der Mehrwertsteuer und der Einkommensteuer hart betroffen. Ohne Not wird zum Beispiel das bestehende Vereinfachungsverfahren des § 24 Umsatzsteuergesetz aufgegeben und hunderttausenden von Betrieben ein kostenträchtiges Umsatzsteuerverfahren auferlegt. Das führt - ganz im Gegensatz zur gängigen und erlaubten Praxis in den anderen EU-Ländern - nur zu mehr bürokratischem Aufwand, wo jetzt Entlastung angesagt ist. Auch die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen ist in der Land- und Forstwirtschaft keinesfalls investitionsfördernd. Verbesserte Reinvestionsmöglichkeiten für Land- und Forstwirte fehlen vollständig, obwohl die Gleichstellung mit der gewerblichen Wirtschaft bei der Unternehmensteuerreform überfällig ist.
Mit Interesse nimmt der DBV zur Kenntnis, dass die Regierungskoalition den Agrarhaushalt weitgehend unangetastet lässt. Auch bei den jetzt bevorstehenden Haushaltsberatungen erwartet der Deutsche Bauernverband, dass es dort nicht zu Eingriffen kommt. Das gilt für die Investitionsförderung über die Gemeinschaftsaufgabe wie auch die Entlastung der wirtschaftenden Betriebe von strukturwandelbedingten Lasten in der Sozialversicherung.
Die Stärkung des Kompetenzbereiches des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist nur folgerichtig, damit aber auch die Einbindung beider Koalitionsparteien in der Führung des erweiterten Hauses. Die große Spannbreite vom
Verbraucherschutz bei Dienstleistungen bis zur Gestaltung der EU-Agrarpolitik macht das unabdingbar, erfordert aber auch einen zielgerichteten Organisationsaufbau des Ministeriums. Hinsichtlich der agrar- und verbraucherpolitischen Festlegungen in der Koalitionsvereinbarung begrüßt der DBV die Unterstützung der qualitätssichernden Maßnahmen der gesamten Produktionskette. Allerdings vermisst der DBV eindeutigere Positionierungen der Koalition zur Verankerung von Standards im Tier-, Natur- und Umweltschutz auch beim Midterm Review und den WTO-Verhandlungen.
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