Kombiklassen lösen erneut Frust und Ärger aus / Viele Eltern und Lehrer sehen darin ein Sparmodell zu Lasten der Schüler / BLLV-Präsident Wenzel: "Pädagogische Vorteile wirken nur mit 20/20-Konzept"
(München) - Zum Schuljahresbeginn häufen sich beim Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), die Klagen über sog. Kombiklassen. Wegen sinkender Kinderzahlen werden immer mehr Grundschüler/innen gemeinsam unterrichtet - das sorgt für Ärger. "Viele Eltern und Lehrer haben das Gefühl, dass es sich bei den jahrgangskombinierten Klassen um ein Sparmodell handelt. Ihrer Ansicht nach sind die Leidtragenden letztlich die Kinder, denen die ohnehin viel zu kurze Grundschulzeit unnötig erschwert wird", erklärt BLLV- Präsident Klaus Wenzel. "Fehlt das für Kombiklassen erforderliche zusätzliche Personal, können die Kinder nicht von dem an sich guten Konzept profitieren. Ihre Potentiale bleiben ungenutzt, individuelle Förderung ist nicht möglich. Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen an Grundschulen - zu große Klassen, zu wenig Lehrer, zu wenig Zeit - kann es mit Kombiklassen nur Verlierer geben", kritisierte er und forderte, für jede kombinierte Klasse mindestens 20 zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung zu stellen. "Außerdem dürfen die Klassen nicht mehr als 20 Schüler umfassen. Wir brauchen das Konzept 20/20."
Es gibt Eltern, die regelrecht verbittert reagieren, wenn sie erfahren, dass ihr Kind eine jahrgangskombinierte Klasse besuchen soll, ohne dass die entsprechenden Lernbedingungen geschaffen werden. Damit würden die Chancen vertan, die Befürworter gut ausgestatteter Kombiklassen durchaus sehen. So können in Kombiklassen Begabungen der Schüler besser gefördert werden, die Altersmischung stärkt soziale Kompetenz und kann viel zur persönlichen Entwicklung der Kinder beitragen. Hinzu kommt, dass die Lernformen in heterogenen Klassen differenzierter und individueller als in homogenen Klassen sind.
"Viele Eltern und Lehrer stört auch die Inkonsequenz des Kultusministeriums. Während die Kombiklassen an den Grundschulen mit den Vorzügen leistungsheterogener Gruppen begründet werden, wird diese Vielfalt und Verschiedenheit ab der 5.Klasse mit aller Gewalt unterbunden", sagte Wenzel. "Wir nehmen mit Verwunderung zur Kenntnis, dass diese Vorteile nach der Grundschulzeit offenbar nichts mehr Wert sind. Im Gegenteil: nach den vierten Klassen werden die Schüler aufgeteilt und getrennt, jahrgangskombinierter Unterricht ist an den weiterführenden Schulen nicht üblich."
Die Sorgen der Eltern und Lehrer versteht der BLLV-Präsident sehr gut: "Wenn jahrgangskombinierte Klassen nicht entsprechen ausgestattet sind, ist das angesichts des massiven Übertrittsdrucks, der auf den Grundschulen lastet und der zu kurzen Grundschulzeit, unverantwortlich. Ich kann deshalb gut nachvollziehen, wenn Eltern und Lehrer aufgebracht sind." Er appellierte an Staatsregierung und Kultusministerium, "den Unmut zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend darauf zu reagieren." Kombiklassen müssten optimal ausgestattet werden - nach Vorstellungen des BLLV sollten dafür mindestens 20 zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung gestellt werden, die Klassenstärke darf 20 nicht überschreiten. "Nur dann ist sichergestellt, dass die Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden können."
Als Sparmodelle stehen Kombiklassen in einem eklatanten Widerspruch zu dem Ideal des BLLV: einer bestmöglichen Lern- und Leistungsförderung in der Grundschule. Personalmangel an Grundschulen darf damit nicht kaschiert werden. w
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)
Pressestelle
Bavariaring 37, 80336 München
Telefon: (089) 72100129, Telefax: (089) 72100155