Kommunale Investitionskraft stärken
(Berlin) - Der beispiellose Absturz der Gewerbesteuer sowie die steigenden Sozialausgaben haben die Kommunen zu einem konjunkturschädlichen und vor Ort inzwischen unübersehbaren Verzicht auf Investitionen gezwungen. Noch bevor eine Gemeindefinanzreform wirkt, müssen die kommunalen Finanzen stabilisiert werden; angesichts der unerwartet hohen Steuerausfälle ist insbesondere die Anhebung der Gewerbesteuerumlage zu Gunsten von Bund und Ländern unangemessen und muss schleunigst zurückgenommen werden, sagte das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, am 24. Juli in Berlin.
Landsberg erwiderte damit den Äußerungen des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Ludwig Stiegler, dieser habe am Dienstag in München offenbar den Ernst der kommunalen Finanzlage verkannt. Stiegler hatte eine Änderung der Gewerbesteuerumlage ablehnt und die Kommunen darauf verwiesen, sich selbst zu helfen. Landsberg hielt dem entgegen, das angesichts der Dimension der kommunalen Finanzkrise Sparappelle allein nicht ausreichen: Ohne Gesetzesänderungen fehlt den Gemeinden die Investitionskraft, die die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum ist. Die meisten Städte und Gemeinden kürzen seit Jahren die Ausgaben und veräußerten Vermögen, um nicht unter dem Druck der Kommunalaufsicht den letzten finanziellen Spielraum zu verlieren. So haben einige Kommunen bereits leidige Erfahrungen mit Haushaltssicherungskonzepten gemacht. In dieser Situation brachen nun die Steuereinnahmen in unerwartet starkem Maße weg: 2001 sank das Aufkommen aus der Gewerbesteuer(netto) um gut 11,5 Prozent. Im gleichen Jahr war auch das Aufkommen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (-4,2 Prozent) rückläufig und die Länder kürzten ihre Investitionszuweisungen an die Kommunen um 3,7 Prozent. 2002 erhalten Städte und Gemeinden laut neuester Steuerschätzung 3 Mrd. Euro weniger Steuereinnahmen als zwei Jahre zuvor. Die Steuerbeiträge der Unternehmen zur Finanzierung kommunaler Aufgaben sind auch ab 2003 nicht planbar. Den Städten und Gemeinden fehlt oft der elementarste Handlungsspielraum.
Das Potential für weitere Ausgabenkürzungen ist vielerorts erschöpft. Während das Ausgabenniveau von Bund und Ländern kräftig gestiegen ist, befinden sich die Ausgaben der Kommunen zurzeit unter dem Niveau von 1993. Dabei sind viele Ausgaben, wie z.B. die für soziale Leistungen durch Gesetze vorgegeben und im Fall der Ausgaben für soziale Leistungen z.B. seit 1992 um rund 30 Prozent gestiegen. Da das Haushaltsrecht eine hohe Verschuldung untersagt, kürzen die Gemeinden notgedrungen immer mehr bei den Investitionsausgaben. Diese müssten jedoch erheblich steigen, um den angestiegenen Investitionsrückstand abzubauen und Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen: jeder öffentlich investierte Euro verursacht über drei Euro privater Investitionen. Dagegen waren die Kommunen gezwungen, ihre Investitionen seit 1992 um ein Drittel zu kürzen. Vor diesem Hintergrund ist nicht nur eine umfassende Reform der Gemeindefinanzen unverzichtbar, zu deren Zweck kürzlich eine Kommission einberufen wurde.
Dr. Landsberg mahnt zur Eile: Da eine Gemeindefinanzreform erst in Jahren wirkt, ist zur Stärkung kommunaler Investitionskraft und zur Erhaltung kommunaler Einrichtungen vorab eine Soforthilfe unverzichtbar. Dies ließe sich am einfachsten mit einer Senkung der Gewerbesteuerumlage erreichen. Mit dem unerwartet schlechten Verlauf der kommunalen Einnahmen ist die Geschäftsgrundlage für die Anfang 2001 und 2002 erfolgten Anhebungen der Gewerbesteuerumlage entfallen. Diese Erhöhungen sollten ursprünglich Städte und Gemeinden angemessen an den Steuereinbußen des Steuersenkungsgesetzes beteiligen. Doch es kam anders: Teile der Gegenfinanzierung dieses Gesetzes wie die Branchen-Abschreibungstabellen wurden verschoben. Die Einnahmeprognosen mussten für Kommunen stärker als für Bund und Länder nach unten korrigiert werden. Dies begründet die Forderung, diese Umlage, mit der sich Bund und Länder an der Gewerbesteuer der Städte und Gemeinden bedienen, wieder zu senken. Um schneller aus der Talsohle herauszukommen, sollte daneben ein kommunales Investitionsprogramm des Bundes insbesondere für die ostdeutschen Kommunen aufgelegt werden. Dies würde kurzfristig den Arbeitsmarkt beleben und weitere Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, so Landsberg.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB)
Marienstr. 6
12207 Berlin
Telefon: 030/773070
Telefax: 030/77307200