Pressemitteilung | Hans-Böckler-Stiftung

Konjunkturprognose des IMK - Deutsche Wirtschaft wächst 2005 um ein Prozent

(Düsseldorf/Berlin) - Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland wird in diesem Jahr trotz hoher Energiepreise um ein Prozent steigen. Im kommenden Jahr beschleunigt sich das Wachstum der deutschen Wirtschaft auf 1,4 Prozent. Damit liegt die BIP-Zunahme in der Bundesrepublik geringfügig unter der Wachstumsrate für den gesamten Euroraum. Dort wird das BIP 2005 um 1,2 Prozent und 2006 um 1,5 Prozent steigen. Tragende Säule der deutschen Wirtschaft bleibt der Export. Dagegen lahmt der private Konsum weiter. Eine Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und eine deutliche Aufstockung der öffentlichen Investitionen in Deutschland könnten aber Impulse für eine Stärkung der Konjunktur setzen. Zu diesen Ergebnissen kommt die Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, die der wissenschaftliche Direktor des IMK, PD Dr. Gustav A. Horn, am 18. Oktober in Berlin vorstellt.

Das weltwirtschaftliche Umfeld ist für Deutschland weiterhin recht günstig, analysieren die IMK-Ökonomen. Die international höchst wettbewerbsfähige Exportindustrie profitiere vom „selbsttragenden“ wirtschaftlichen Aufschwung in Nordamerika, Asien und Osteuropa. Die deutschen Ausfuhren werden 2005 um knapp sechs Prozent und im kommenden Jahr um mehr als sieben Prozent zulegen, während die Importe um knapp vier beziehungsweise fünf Prozent zunehmen.

Trotz der stark gestiegenen Energiepreise sehen die Wissenschaftler weder im Euroraum noch in Deutschland Inflationsgefahren. Allerdings bremsen die hohen Energiepreise insbesondere die deutsche Konjunktur in diesem Jahr spürbar. Hätte es keinen Ölpreisschock gegeben, würde die Wirtschaft nach Berechnung des IMK 2005 zwischen 1,5 und zwei Prozent wachsen – „Das wäre durchaus ein maßvoller Aufschwung gewesen“, so PD Dr. Gustav A. Horn. Sein Ausbleiben hat Konsequenzen am Arbeitsmarkt: 2005 wird die Zahl der abhängig Beschäftigten in der Bundesrepublik noch einmal leicht sinken. Für 2006 errechnen die Wirtschaftsforscher hingegen leicht positive Konjunktur-Effekte: 0,5 Prozent mehr abhängig Beschäftigte und einen Rückgang der Arbeitslosenzahl um 200 000 Personen. Dementsprechend sinkt die Arbeitslosenquote von 11,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2005 auf 10,6 Prozent im kommenden Jahr.

Der zentrale Schwachpunkt der Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik bleibt nach Analyse des IMK die schleppende Binnennachfrage. Zwar werden die Ausrüstungsinvestitionen im Inland dieses Jahr um knapp vier Prozent und im kommenden Jahr um gut fünf Prozent zunehmen, weil Unternehmen ihre Produktion modernisieren und zum Teil auch ausweiten. Vor allem dadurch steigt der Wachstumsbeitrag der Binnennachfrage im kommenden Jahr auf 0,5 Prozent. Der private Konsum erhält dagegen bislang keine neuen Impulse: Geringe Lohnzuwächse und hohe Energiekosten führen 2005 und, falls sich die aktuelle Entwicklung fortsetzt, auch 2006 dazu, dass die Realeinkommen leicht sinken – zum dritten und vierten Mal in Folge. „Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik war die Konsumentwicklung so gedrückt wie seit 2001“, konstatieren die Wissenschaftler. Dabei macht sich der von Deutschland ausgehende Lohndruck mittlerweile in den meisten anderen Euroländern bemerkbar und dämpft auch dort die konjunkturelle Dynamik.

Die Wirtschaftspolitik kommt nach Auffassung des IMK an der Schwäche der Binnennachfrage nicht vorbei. Soll diese belebt werden, muss die Wirtschaftpolitik, anders als in den vergangenen Jahren, gesamtwirtschaftlichen Faktoren einen größeren Stellenwert einräumen. Die deutsche Wirtschaft habe derzeit keine nennenswerten Probleme auf der Angebotsseite, betont IMK-Direktor Horn. Deshalb sei es möglich und notwendig, „die Nachfrage zu beleben, ohne dabei die Angebotsbedingungen zu verschlechtern.“ Wichtige Faktoren sind nach Analyse des IMK eine rasche Zinssenkung um mindestens einen halben Prozentpunkt durch die EZB. Die neue Bundesregierung könne einen weiteren Beitrag leisten, indem sie auf weitere Kürzungen im Haushalt oder Steuererhöhungen verzichtet und eine gesamtwirtschaftlich sinnvolle Konsolidierungsstrategie über die Fixierung eines mittelfristigen Ausgabenpfades verfolgt. Als eine kurzfristige Maßnahme zur Vermeidung von Notlagen durch die drastischen Stiegerungen der Heizölpreise schlägt das IMK einen einmaligen Zuschuss für alle Wohngeldempfänger in Höhe von 50 € pro Person vor.

Zentrale Daten auf einen Blick finden Sie in der angehängten PDF-Tabelle. Die vollständige Analyse ist als IMK-Report 03/05 im PDF-Format angehängt. Abrufbar auch unter folgender Adresse: www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_03_2005.pdf

Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung Pressestelle Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf Telefon: (0211) 77780, Telefax: (0211) 7778120

(tr)

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