Pressemitteilung | Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE)

Kosteneffizienter Zubau erfordert Kursanpassung der Bundesregierung

(Berlin, Bremerhaven, Frankfurt, Hamburg, Rostock) – Zum Stichtag 30. Juni 2025 waren 1639 Offshore-Windenergieanlagen mit insgesamt 9,2 Gigawatt (GW) Leistung in Deutschland ans Netz angeschlossen. Anlagen mit weiteren 1,9 GW befinden sich im Bau. Die finale Investitionsentscheidung liegt für Projekte mit einer Leistung von 3,6 GW vor. Weitere Projekte mit einer Leistung von zusammen 17,5 GW wurden bezuschlagt, aber noch nicht beauftragt. Dies hat das Beratungsunternehmen Deutsche WindGuard im Auftrag der Branchenverbände und -organisationen der deutschen Offshore-Windenergie ermittelt.

Die Bundesregierung steht in der Verantwortung, die notwendigen energie- und industriepolitischen Weichenstellungen vorzunehmen, damit künftig möglichst alle Projekte realisiert werden. „Die Offshore-Windenergie spielt für das Gelingen der Energiewende eine zentrale Rolle. Die Branche muss sich auf den Erhalt des Ausbauziels von 70 GW bis 2045 verlassen können. Dass dieses im Koalitionsvertrag bekräftigt wurde, ist ein wichtiges Zeichen,“ betonen die Branchenorganisationen BWE, BWO, VDMA Power Systems, WAB e.V., WindEnergy Network e.V. und die gemeinnützige Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE.
Für einen kostenoptimierten und auf Versorgungssicherheit ausgerichteten Ausbau der Offshore-Windenergie müssen nun folgende Maßnahmen zeitnah und entschlossen umgesetzt werden:

• Ein künftiges Erlösmodell muss die Projektrealisierung und Investitionssicherheit besser gewährleisten – etwa bei der Erwägung von Differenzkontraktmechanismen (CfDs). Wichtig ist, dass der Marktrahmen möglichst europäisch harmonisiert ausgestaltet wird und auch mögliche Power Purchase Agreements (PPAs) nicht beschnitten werden.
• Anpassung der gesetzlichen Realisierungsfrist, bis zu welcher die Betreiber die technische Betriebsbereitschaft ihrer Windenergieanlagen auf See nachweisen müssen – von derzeit sechs auf mindestens zwölf Monate nach Fertigstellung des Netzanschlusses, um die Planungsrealitäten in GW-Projekten abzubilden und Anbindungskosten zu reduzieren.
Die Branchenverbände und -organisationen bewerten positiv, dass weitere zentrale Voraussetzungen für den künftigen Offshore-Wind-Ausbau bereits im Koalitionsvertrag verankert sind.

So sollen Abschattungseffekte ausdrücklich reduziert und in Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten gemeinsame maritime Flächenpotenziale effizient ausgeschöpft werden, um Volllaststunden zu steigern und Systemkosten zu minimieren. Ebenso wurde vom Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, Dr. Christoph Ploß, zugesichert, dass der Bund bei der Finanzierung der Hafeninfrastruktur eine stärkere Verantwortung übernimmt.

Überbauung flexibilisieren

Erstmals wird es auf der im Juni 2025 versteigerten Offshore-Wind-Fläche N-9.4 mit einer Netzanschlusskapazität von einem Gigawatt eine verpflichtende Überbauung von 10 bis 20 Prozent geben. Ziel ist es, eine höhere Auslastung des Offshore-Netzanschlusssystems zu erreichen. Aus Sicht der Organisationen bedarf es hierfür jedoch eines flexibleren und stärker zwischen Windparkentwicklern und Netzbetreibern austarierten Planungsansatzes. Der sogenannte „Sweet Spot“ des optimalen Überbauungsgrads variiert je nach Standort und sollte in der Verantwortung der Projektentwickler liegen.

Windenergie-auf-See-Gesetz und Ausschreibungsdesign dringend reformieren

Die jüngste Auktion einer Offshore-Wind-Fläche im Juni 2025 wurde für lediglich 180 Millionen Euro bezuschlagt –substanziell weniger als in den vergangenen Ausschreibungsrunden. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich Offshore-Wind-Entwickler mit einem ungesunden Maß an Risiken konfrontiert sehen. Dazu zählen neben starren Überbauungs-Vorgaben auch Engpässe in der Lieferkette.

Die Branchenverbände und -organisationen üben scharfe Kritik daran, dass die Juni-Ausschreibung bereits im dritten Jahr in Folge nach denselben Regeln erfolgte – obwohl diese reine Abfrage der Zahlungsbereitschaft von einer breiten Allianz nationaler und europäischer Akteure, darunter auch die EU-Kommission, abgelehnt wird. Die sinkende Zahl an Bietern auf das Minimum von zwei und entsprechend rückläufige Gebote sowie der dennoch anhaltend hohe Druck auf die Lieferkette zeigen den dringenden Reformbedarf. Eine grundlegende Überarbeitung des Auktionsdesigns noch in diesem Jahr ist unvermeidlich.

Neben den Hausaufgaben in Deutschland müssen auf europäischer Ebene insbesondere zwei Punkte umgesetzt werden: Zum einen braucht es eine Harmonisierung des Ausschreibungsrahmens, etwa durch die unbürokratische Umsetzung des Net Zero Industry Acts in möglichst allen europäischen Offshore-Windenergiemärkten. Zum anderen ist ein wettbewerbsfähiges und faires Level Playing Field zu schaffen, und auch eine industriepolitische Unterstützung europäischer Hersteller und Zulieferer ist unerlässlich.

Offshore-Infrastruktur absichern – integriert denken

Die Offshore-Windenergie ist zudem elementarer Teil der kritischen Infrastruktur. Es muss sichergestellt sein, dass entlang der gesamten Lieferkette sicherheitsrelevante Schwachstellen insbesondere im Bereich Cybersicherheit vermieden werden. Hierfür gilt es die EU NIS2-Richtlinie effizient und zügig umzusetzen. Dasselbe gilt für die Umsetzung der europäischen CER-Richtlinie für den physischen Schutz der kritischen Infrastruktur.

Die Bundesregierung muss den Rahmen für integrierte Sicherheit so ausgestalten, dass Beiträge der Wirtschaft rechtssicher und planbar möglich sind – unter klarer Wahrung der Grenzen ziviler Verantwortung.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE), Frank Grüneisen, Pressereferent(in), EUREF-Campus 16, 10829 Berlin, Telefon: 030 212341210

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