Kulturstaatsminister soll um seine Vertretungsbefugnisse im EU-Ministerrat gebracht werden / Deutscher Kulturrat befürchtet deutliche Einschränkungen der Kompetenzen des zukünftigen Kulturstaatsministers
(Berlin) - CDU/CSU und SPD haben sich im Laufe der Koalitionsverhandlungen offensichtlich darauf verständigt, den § 23 Abs. 6 Grundgesetz, in dem die Mitwirkung der Länder an der EU-Rechtssetzung festgelegt wird, zu verändern.
Nach dem bisherigen Wortlaut lautet er: § 23 (6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind, soll die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen werden. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.
Künftig soll der Paragraf wie folgt lauten (Hervorhebung Deutscher Kulturrat):
§ 23 (6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.
Die zunächst klein erscheinende Änderung hat eine große Wirkung. Bisher soll die Wahrnehmung deutscher Interessen auf der europäischen Ebene auf einen Ländervertreter übertragen werden, künftig wird in genau definierten Bereichen die Vertretung in Brüssel durch einen Ländervertreter wahrgenommen. Hieran gibt es dann nichts mehr zu rütteln. Nur drei Politikfelder werden genannt, in denen die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland den Ländern explizit überlassen wird: Schule, Kultur und Rundfunk. In allen anderen Politikfeldern erfolgt die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland durch ein Mitglied der Bundesregierung.
Der Obmann für Kultur und Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Bernd Neumann sieht laut einer Pressemitteilung vom 10.11.2005 darin eine Aufwertung des oder der künftigen Kulturstaatsministerin und verweist darauf, dass der Kulturstaatsminister für die Rahmenbedingungen u.a. im Urheberrecht auch gegenüber der Europäischen Union zuständig ist und dieses durch die neue Regelung um Grundgesetz festgelegt wird.
Nun ist es unstreitig so, dass der Bund im Urheberrecht, im Steuerrecht, im Arbeits- und Sozialrecht die Gesetzgebungskompetenz hat und dass in diesen Politikfeldern auch die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur gesetzt werden. Nur ist es leider nicht so, dass diese Themen auf der europäischen Ebene im so genannten EU-Kulturministerrat, an dem der Kulturstaatsminister teilnimmt, verhandelt werden sondern in anderen EU-Gremien wie z.B. dem Rat für Justiz und Inneres, dem Rat für Beschäftigung und Soziales, dem Rat für Wirtschaft und Finanzen usw., an denen jeweils die zuständigen Bundesminister für Justiz, Inneres, Finanzen, Wirtschaft, Arbeit usw. teilnehmen.
Nach der geplanten Grundgesetzänderung wird die Bundesrepublik Deutschland künftig bei all diesen Fragen durch einen Vertreter der Länder im EU-Kulturministerrat vertreten. Der künftige Kulturstaatsminister als Vertreter der Bundesregierung wird nicht mehr am Verhandlungstisch sitzen.
Der Deutsche Kulturrat kann nicht erkennen, dass mit einer solchen Grundgesetzänderung eine Aufwertung des Amtes des Kulturstaatsministers erfolgt.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: Es ist schon eine verkehrte Welt: da soll das Amt des Kulturstaatsministers in der Zukunft um seine Vertretungsbefugnisse im EU-Kulturministerrat gebracht werden und der Obmann für Kultur und Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Bernd Neumann versucht, diese Amputation als Stärkung des Amtes des Kulturstaatsministers zu verkaufen. Wenn man die Kompetenzen des Kulturstaatsministers einschränken will, dann sollte man dazu auch in der Öffentlichkeit stehen.
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