Lehrermangel trifft Grundschulen besonders hart / Pädagogische Vorteile jahrgangskombinierter Klassen und flexibler Grundschulen hängen von der Ausstattung ab / BLLV -Präsident Wenzel: "Personell klaffen große Lücken"
(München) - Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) schlägt Alarm: Weil der Lehrermangel an Grundschulen besonders drastisch ist, werden pädagogische Vorteile konterkariert, die jahrgangskombinierte Klassen und flexible Grundschulen mit sich bringen können. "Eltern und Grundschullehrer/Innen sind deshalb in großer Sorge. Sie haben das Gefühl, es handelt sich vor allem bei den Kombiklassen um Sparmodelle", erklärte BLLV -Präsident Klaus Wenzel gestern (13. September 2010) in München. Die 20 Modellschulen, an denen ab diesem Schuljahr die flexible Grundschule erstmals erprobt werden soll, sind freilich bestens ausgestattet. "Die Frage ist aber, ob das auch noch der Fall sein wird, wenn sie flächendeckend eingeführt wird." Fest steht: An den über 2000 Grundschulen in Bayern klaffen große personelle Lücken, denn Lehrerstellen wurden dort im großen Stil abgezogen und umverteilt. Begründet wurde dies mit rückläufigen Schülerzahlen. Die gleichzeitig neu eingeführten Reformen erfordern jedoch deutlich mehr Personal - andernfalls gehen sie zu Lasten der Jüngsten.
"Viele Eltern können nicht nachvollziehen, warum tausende junge, bestausgebildete Grundschullehrer/innen auf der Straße stehen, obwohl sie an den Schulen händeringend gebraucht werden", sagte Wenzel. Seit Juli ist bekannt, dass rund Dreiviertel aller jungen Lehramtsanwärter/innen im Grundschulbereich leer ausgehen, obwohl der Bedarf groß ist.
Die Einführung jahrgangskombinierter Klassen sorgt nicht zuletzt deshalb vielerorts für helle Aufregung: Eltern haben den Verdacht, dass es dabei in erste Linie nicht um die Vorteile eines sinnvollen pädagogischen Konzeptes geht, sondern darum, Kosten und Lehrerstellen einzusparen. Wenzel kann die Sorgen der Eltern und Lehrer gut nachvollziehen: "Wenn jahrgangskombinierte Klassen nicht entsprechend ausgestattet sind, ist das angesichts des massiven Übertrittsdrucks an Grundschulen und der generell zu kurzen Grundschulzeit unverantwortlich." Kinder könnten dann von den positiven Effekten, die jahrgangskombinierte Klassen zweifelsfrei haben, nicht profitieren. Er appellierte an Staatsregierung und Kultusministerium, "die Verärgerung und Verunsicherung vieler Eltern und Lehrer/innen zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend darauf zu reagieren." In gut ausgestatteten jahrgangskombinierten Klassen können Kinder von der Vielfalt und Verschiedenheit ihrer Mitschüler profitieren. Auch Begabungen sind besser zu fördern, die Altersmischung stärkt soziale Kompetenz und kann viel zur persönlichen Entwicklung der Kinder beitragen. Hinzu kommt, dass die Lernformen in heterogenen Klassen differenzierter und individueller als in homogenen Klassen sind.
Das Konzept der flexiblen Grundschule - es lässt Kindern offen, ob sie die Grundschule in drei, vier oder fünf Jahren durchlaufen - kann nur dann flächendeckend erfolgreich umgesetzt werden, wenn allen Schülern die Aufmerksamkeit entgegengebracht werden kann, die sie brauchen", stellte der BLLV -Präsident klar. Maßgeschneiderte Lernarrangements für 5 bis 7 Jahre alte Kinder in einer Klasse erforderten aber ebenfalls einen erheblichen personellen Zusatzbedarf. "Im Mittelpunk darf aber nicht das möglichst schnelle Durchlaufen der Grundschulzeit stehen", warnte Wenzel. "Auch Hochbegabte brauchen Zeit zum Reifen."
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