Litsch: Reformpläne der Großen Koalition zur Pflege sind unausgegoren und weit entfernt von einer echten Strukturreform / AOK kritisiert die heute im Kabinett beschlossenen Pläne zur Pflegereform
(Berlin) - Mit deutlichen Worten kritisiert Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses die Pläne der Großen Koalition zur Reform der Pflegeversicherung, die mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) umgesetzt werden sollen:
"Die AOK-Gemeinschaft hat sich für eine umfassende Pflegestrukturreform stark gemacht. Was jetzt auf den letzten Metern der Legislaturperiode von der Koalition vorgelegt wird, ist dagegen unausgegoren, bleibt Stückwerk und zementiert die sektoralen Strukturen der Sozialen Pflegeversicherung. Zwar werden teilweise die richtigen Probleme und Ziele benannt - nämlich eine faire und tarifgebundene Bezahlung von Pflegekräften sowie die Begrenzung von privaten Eigenanteilen bei der Finanzierung von stationärer Pflege. Der vorgesehene Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung fällt aber viel zu gering aus.
Eine nachhaltige und sachgerechte Entlastung der Pflegeversicherung über Steuermittel, für die jährlich rund drei Milliarden Euro zur Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge von pflegenden Angehörige notwendig wären, sucht man vergeblich. Gleichzeitig wird die erforderliche und eigentlich schon eingeplante Dynamisierung aller Leistungen kassiert. Doch es kommt noch besser: Dieser Verzicht auf die Dynamisierung aller Leistungen der Pflegeversicherung wird als größter Finanzierungsbaustein im Finanztableau aufgeführt. Das ist nicht nur weit entfernt von einer echten Strukturreform, sondern grenzt an Etikettenschwindel. Die komplexe Frage, wie man die Leistungen der Pflegeversicherung angemessen dynamisiert, Eigenanteile begrenzt und dabei gleichzeitig Beitragsstabilität durch eine solide Gegenfinanzierung hinbekommt, wird damit auf die nächste Bundesregierung abgewälzt.
Die beschlossenen Maßnahmen werden bei fehlender Gegenfinanzierung einen Ausgabenanstieg auslösen, der das Finanzierungsproblem der Sozialen Pflegeversicherung bereits im Jahr 2022 drastisch verschärfen wird. Spätestens ab 2023 werden die Mittel aus den Reserven der Pflegekassen aufgebracht sein. Schon in diesem Jahr reichen die Finanzreserven der Pflegeversicherung nicht aus, um bis Jahresende das erforderliche Betriebsmittel-Soll von einer Monatsausgabe für alle Pflegekassen vorzuhalten. Schreibt man die aktuelle Finanzentwicklung der Sozialen Pflegeversicherung bis zum Jahresende fort, so ist für 2021 ein Defizit von mehr als einer Milliarde Euro zu erwarten. Ein Finanzierungskonzept, das auf den schon 2021 nicht ausreichenden Finanzrücklagen basiert, ist vom ersten Tag an zum Scheitern verurteilt."
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