Lkw-Maut: EU-Kritik an deutsche Mautpläne widerspricht eigenem Weißbuch zur Verkehrspolitik
(Frankfurt am Main) - Die jüngsten Einwände aus Brüssel zur Einführung einer Lkw-Maut in der Bundesrepublik Deutschland sind mit der bisherigen Politik der EU-Kommission nicht mehr in Einklang zu bringen. Sowohl im Grünbuch, vorgelegt von Kommissar Kinnock 1998, als auch im Weißbuch zur europäischen Verkehrspolitik, vorgelegt im Jahr 2001 durch die Kommissarin de Palacio, fordert die Kommission eine Umfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur von der bisherigen Steuerfinanzierung auf die Nutzerfinanzierung. Die Kommission hat in ihren beiden politischen Leitlinien den Grundsatz untermauert, dass diese verkehrspolitische Initiative nicht dazu bestimmt ist, die Staatskassen mit zusätzlichen Mitteln zu füllen, sondern den Nutzern in adäquater Weise die von ihnen verursachten Infrastrukturkosten anzulasten. Dementsprechend sehen beide Weißbücher eine entsprechende Gegenfinanzierung der Nutzergebühren durch Steuersenkungen vor. Das Europäische Parlament hat das Weißbuch in diesem Grundsatz bereits bestätigt; im Rat steht eine Beschlussfassung immer noch aus.
Wenn nunmehr die Europäische Kommission gegen das deutsche Verrechnungsverfahren im Zusammenhang mit der Gebühreneinführung Front macht, stellt sie sich gegen ihre eigene verkehrspolitische Strategie. Worum geht es im deutschen Verrechnungsmodell? Grundsätzlich soll mit der Lkw-Maut der Einstieg in die Nutzerfinanzierung über eine vollkostendeckende Maut vollzogen werden. Da diese Maut entsprechend den Weißbuchvorgaben nicht auf die bisherigen Finanzierungsbeiträge aus der Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer aufgesattelt werden soll, hat die Bundesregierung auch im Interesse einer europäischen Harmonisierung der Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer vorgeschlagen, Anteile der Mineralölsteuer, die bisher der Infrastrukturfinanzierung dienten, auf die Maut anzurechnen. Dieses Verrechnungsverfahren soll immer dann greifen, wenn gebietsfremde Transportunternehmen wie auch deutsche Transportunternehmen in einem festen Verhältnis zu ihren Mautkilometern Mineralölbezüge in der Bundesrepublik Deutschland nachweisen. Mit anderen Worten, die in der Mineralölsteuer bereits enthaltenen Infrastrukturfinanzierungsbeiträge sollen nicht ein zweites Mal über die vollkostendeckende Maut kassiert werden. Worin soll hier eine Beihilferegelung für das deutsche Transportgewerbe liegen? Es könnte höchstens eine Beihilferegelung für alle europäischen Transportunternehmen sein, die in Deutschland zugegebenermaßen teuer tanken, aber es ist keine Beihilfe nur für das deutsche Transportgewerbe.
Wer wie die EU-Kommission in der Gesellschaft dafür wirbt, dass zukünftig die Steuerfinanzierung für die Infrastruktur entfallen soll, um die Nutzerfinanzierung einzuführen, der muss dann auch dazu stehen, dass entsprechende Steueranteile, die bisher der Infrastrukturfinanzierung dienten, in Anrechnung kommen. Wie könnte sonst Akzeptanz in Deutschland oder in anderen EU-Staaten gefunden werden, dass leichte Nutzfahrzeuge und auch Pkw zukünftig auf Autobahnen eine Maut zahlen? Ohne Gegenfinanzierung bei den Steuerlasten ist die Gebühreneinführung ein zu recht kritisiertes Abzocken der Bürger, das die EU-Kommission schon unter Kommissar Kinnock ausgeschlossen hat.
Der BGL und der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Dr. Stolpe, stimmten in einem Gespräch am 4. 3. 2003 darin überein, dass der in Deutschland verfolgte Umfinanzierungsansatz in Verbindung mit seinen Harmonisierungskomponenten in Brüssel weiter verfolgt wird. Zum vorgeschlagenen Weg bei der Umfinanzierung der Infrastruktur gebe es auch aus europäischer Sicht keine ernsthafte Alternative.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)
Breitenbachstr. 1
60487 Frankfurt
Telefon: 069/79190
Telefax: 069/7919227