Lohnabschlag für Zeitarbeiter bislang überschätzt / Langfristig sogar Lohnvorteile durch Zeitarbeit
(Berlin) - In seinem aktuellen Wochenbericht 49/2002 stellt das DIW Berlin fest, dass Arbeitnehmer in Zeitarbeit einen Lohnabschlag hinnehmen müssen, der allerdings bis zu 50 Prozent geringer ist als bislang angenommen. In der gemeinsamen Untersuchung des DIW Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin wurden erstmals auch die mitunter gravierenden Unterschiede in den Eigenschaften von Zeitarbeitern und Nichtzeitarbeitern umfassend berücksichtigt. Ehemalige Zeitarbeitnehmer verzeichnen in der späteren Beschäftigung außerhalb der Branche im Durchschnitt keine Lohneinbußen gegenüber Arbeitnehmern, die niemals in der Zeitarbeit tätig waren. Verglichen mit ihrer relativen Einkommenssituation vor dem Eintritt in die Zeitarbeit, können sich Zeitarbeiter in ihren Einkommensverläufen bei Wiedereintritt in reguläre Beschäftigungsverhältnisse sogar verbessern.
Bei Arbeitnehmern ohne Berufsausbildung ist das Lohndifferential in der Zeitarbeit besonders ausgeprägt. Entgegen einem stark rückläufigen Trend in der Gesamtwirtschaft hat sich der Anteil der Geringqualifizierten unter den Leiharbeitern im Zeitverlauf leicht erhöht. Die für diese Gruppe insgesamt niedrigeren Löhne in der Zeitarbeit (im Vergleich zu den Löhnen von Nichtzeitarbeitern) mögen als Einstiegslöhne fungieren, die niedrig qualifizierten Arbeitnehmern den Zugang zu bezahlter Beschäftigung erleichtern. Zudem scheint diese Gruppe im Schnitt langfristig in ihrer Lohnentwicklung von einer Tätigkeit in der Zeitarbeit besonders zu profitieren. Eine isolierte Betrachtung des gegenwärtigen Lohndifferentials ist, wie dieses Beispiel deutlich zeigt, somit unzureichend für eine adäquate Bemessung und Beurteilung der Effekte der Zeitarbeit auf die Entlohnung von Arbeitnehmern. Vergleicht man nämlich die relativen Löhne ein Jahr vor Eintritt in die Zeitarbeit mit denen fünf Jahre nach Austritt aus der Zeitarbeit, so weisen letztere für die meisten der betrachteten Gruppen auf eine langfristige Verbesserung der Entlohung ehemaliger Zeitarbeiter hin.
Die gewerbliche Zeitarbeit ist eine der am stärksten expandierenden Beschäftigungsformen in Deutschland. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Zeitarbeitnehmer, trotz allgemeiner wirtschaftlicher Stagnation, auf 340 000 im Jahre 2001 verdreifacht. Damit ist auch die beschäftigungspolitische Bedeutung der Zeitarbeit gewachsen. Mit mehr als 929 000 Beschäftigungsverhältnissen im Jahre 2001 wurde der jahresdurchschnittliche Bestand an Zeitarbeitern rechnerisch mehr als 2,7-mal umgeschlagen. Aufgrund dieser hohen Fluktuation sowie der Beschäftigungsexpansion entstanden im Jahre 2001 knapp 7Prozent aller neuen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse im Bereich der Zeitarbeit.
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