Pressemitteilung | Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL)

Mautkontrolltest mit katastrophalem Ausgang

(Frankfurt am Main) – Mit einem großen Mautkontrolltest, der sich über drei Tage und Nächte hinzog, hat der BGL die Wirksamkeit des Mautkontrollsystems auf den Prüfstand gestellt. Mit Hilfe von 74 Lkw zahlreicher Speditionen und Transportunternehmen wurden nach dem Zufallsprinzip 145 Lkw-Fahrten auf Autobahnen „mautfrei“ disponiert.

Ergebnis: Von 145 durchgeführten Fahrten wurden nur fünf im Kontrollsystem als „Schlechtzahler“ registriert. Alle anderen benutzten die Autobahn mautfrei und unbeanstandet.

Die vom Bundesverkehrsminister Stolpe am 30. Juni 2005 als „vollen Erfolg“ bezeichnet Mautbilanz für das erste Halbjahr ist für den Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung, Frankfurt am Main, angesichts dieses katastrophalen Zustands des Mautkontrollsystems nicht nachvollziehbar.

Die offiziell genannte, offensichtlich unrealistisch niedrige Mautprellerquote ist immer wieder Gegenstand von Beschwerden der im BGL organisierten Speditionen und Transportunternehmen. Sie befürchten massive Wettbewerbsnachteile für ehrliche Mautzahler. Auch ausländische Transportunternehmen kritisieren, dass es einigen Kollegen offenkundig problemlos möglich ist, die Autobahnen der Bundesrepublik Deutschland ordnungswidrig, dafür aber mautfrei zu benutzen. Die Bitte des BGL, unterstützt von anderen Verkehrsverbänden, eine unabhängige Überprüfung des Kontrollsystems vorzunehmen, wurde jedoch abschlägig durch das BMVBW beschieden.

Der BGL sieht sich unter diesen Bedingungen veranlasst, das Ergebnis eines von ihm durchgeführten Tests des Mautkontrollsystems nicht länger zurückzuhalten.

Ablauf des Tests:
Anfang des Monats Mai wurden über drei Tage und Nächte 74 Fahrzeuge auf 145 mautpflichtigen Autobahnfahrten eingesetzt. Diese Fahrzeuge legten rd. 33.000 Kilometer in mehr als 600 Stunden auf dem deutschen Autobahnnetz zurück. Soweit die am Test teilnehmenden Fahrzeuge mit On-Board-Units ausgestattet waren, wurden diese abgeschaltet, d.h. auf „manuellen Betrieb“ gestellt. Das Kontrollsystem hätte deshalb diese Fahrten als sog. „Schlechtzahler“ registrieren müssen. Um dem bußgeldbewehrten Vorwurf zu entgehen, die Testfahrten seien als Schwarzfahrten erfolgt, wurde jede Fahrt über Mautterminals oder das Internet mit einem leichten „Zahlen- oder Buchstabendreher“ des Kennzeichens in das System eingebucht. Die fällige Maut wurde somit in allen Fällen im Voraus entrichtet, ohne dass das System von sog. „Gutzahlern“ ausgehen konnte.

Ergebnis:
Im Gegensatz zu den Aussagen des für Kontrollen zuständigen Bundesamts für Güterverkehr und des BMVBW, 12 Prozent der Fahrten würden kontrolliert, konnte das Kontrollsystem nur fünf der 145 Fahrten als sog. „Schlechtzahler“ identifizieren. Drei der ertappten „Pseudo-Mautsünder“ wurden durch mobile BAG-Trupps bei Unterwegskontrollen „gestellt“, nur zwei weitere Fahrten meldeten die 300 stationären Kontrollbrücken als Mautpreller. Das System konnte auf Grund der offensichtlichen Kontrollmängel 140 Fahrten ohne Mautentrichtung nicht erfassen.

Nachhaltigkeit der Lkw-Maut-Erhebung in Deutschland gefährdet
Der BGL fordert angesichts dieses katastrophalen Testergebnisses des Mautkontrollsystems, die zugrundeliegende Technik sofort auf den Prüfstand zu stellen und unvoreingenommen Schwachstellen aufzuklären. Nur so lassen sich Schlupflöcher für Mautpreller stopfen, die angesichts der schleppend verlaufenden Mauteinnahmen ein erhebliches Ausmaß erreicht haben müssen. Die im Bundeshaushalt budgetierten Mauteinnahmen basieren auf Expertenschätzungen des Jahres 1998. Zwischenzeitlich hat die Verkehrsleistung auf der Strasse um fast 80 Mrd. Tonnen-Kilometer zugenommen, was aber keinen adäquaten Niederschlag in den Mautaufkommenschätzungen für das laufende Jahr gefunden hat.

Wenn im ersten Halbjahr nicht einmal – oder mit knapper Not – die bescheidenen Soll-Vorgaben des Haushalts erreicht wurden, dann sollte dies Anlass sein, das gesamte Mautkontrollsystem in Frage zu stellen. Zumindest spricht auch der Augenschein verstärkter Nachtfahrten für die Mautumgehung.

Der BGL sieht mit Besorgnis die nicht zu leugnenden Mängel der Mautkontrolle und eine Gefahr für die Nachhaltigkeit der Mauterhebung. Mauteinnahmen lassen sich gebührenrechtlich und organisatorisch nur dann sichern, wenn das Kontrollsystem abschreckend und weitestgehend lückenlos ist. Sollten sich auf Dauer zahlreiche oder immer mehr Mautpflichtige ihrer Zahlungspflicht entziehen, wird die satellitengestützte Lkw-Maut in Deutschland zu einem industriepolitischen Debakel. Die Zeit zum Handeln ist kurz, weil der BGL nicht mehr lange tatenlos beiseite stehen kann, wenn nicht die Ehrlichen wieder einmal die „Dummen“ sein sollen. Das Entstehen neuer Wettbewerbsverzerrungen in den Transportmärkten muss im Interesse mittelständischer Transportunternehmen verhindert werden. Ein „fast blindes“ Mautkontrollsystem ist als Einladung zu verstehen, Mautpflichten nicht ernst zu nehmen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL) Breitenbachstr. 1, 60487 Frankfurt Telefon: 069/79190, Telefax: 069/7919227

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