Pressemitteilung | Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed)

MedInform-Konferenz zum Krankenhaus-Management: „Krankenhäuser und MedTech-Unternehmen müssen gemeinsam Prozesse optimieren“

(Berlin) - Veränderte Strukturen, Rationalisierung, Prozessoptimierung: das waren drei der wichtigsten Schlagworte der MedInform-Konferenz „Krankenhaus-Management – Sind Unternehmen und Krankenhäuser für den Wettbewerb gut aufgestellt?" am 26. September 2008 in Berlin. Durch neue gesetzliche Rahmenbedingungen müssen sich die Marktteilnehmer auf veränderte Strukturen einstellen. In diesem Prozess gilt es, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind, waren sich die Experten einig. BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt zog das Fazit: „Wir brauchen gemeinsame Strategien von Krankenhäusern und Unternehmen, um trotz steigenden Kostendrucks eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten sicherzustellen“.

Die Bedeutung von Innovationen der Medizintechnologie in einem der am stärksten wachsenden Märkte in Deutschland ist unbestritten. Die demographische Entwicklung mit immer mehr älteren Menschen wird das System vor große Herausforderungen stellen. „Deshalb muss die Regelung ‚Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt’ im Krankenhausbereich bestehen bleiben“, betonte der Bundestagsabgeordnete Dr. Hans Georg Faust, Stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, zu Beginn der Konferenz. „Innovative Medizintechnologien sind ein wettbewerblicher Erfolgsfaktor für Krankenhäuser“, sagte Anton J. Schmidt, Vorstand der Einkaufsgemeinschaft P.E.G. Aus diesem Grund müsse die aktuelle Preisdiskussion sich in Richtung einer gesamtstrategischen Diskussion bewegen. Otmar Wawrik, Marketingspezialist der B. Braun Aesculap AG, appelierte an die MedTech-Unternehmen: „Durch den erheblichen Kosten- und Rationalisierungsdruck der Krankenhäuser sind die Unternehmen besonders gefordert, Effektivität und Effizienz der Beschaffungsprozesse zu optimieren und die Krankenhäuser hier partnerschaftlich zu unterstützen“.

Die entscheidenden Punkte des neuen ordnungspolitischen Rahmens der Krankenhausfinanzierung stellte zu Beginn der Veranstaltung Dr. Hans Georg Faust, Mitglied des Deutschen Bundestages und Stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsgesundheitsausschusses, vor. Mit dem am 24. September 2008 erfolgten Kabinettsbeschluss für ein Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG), seien die wesentlichen Voraussetzungen zur Finanzierung festgelegt, so Dr. Faust. Eines der wichtigen gesetzlichen Änderungen im Krankenhaussektor sei die Neuregelung der Investitionsfinanzierung. Ab 2012 sollen Krankenhäuser eine Investitionsförderung durch leistungsorientierte Investitionspauschalen erhalten. Es sei geplant, dafür bis zum 31. Dezember 2009 Grundsätze und Kriterien für die Ermittlung eines Investitionsfallwertes auf Landesebene zu entwickeln. Die Länder werden auch in Zukunft festlegen, wie sie mit Investitionsförderungen umgehen. Die bestehenden unterschiedlichen Landesbasisfallwerte sollen in einem Zeitraum von fünf Jahren, beginnend im Jahr 2010, schrittweise auf einen einheitlichen Basisfallwert-Korridor angeglichen werden. Die Gespräche darüber, wie beispielsweise Innovationen im Krankenhaus unterstützt werden könnten, seien noch nicht abgeschlossen. Die Regelung „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“ müsse aber bestehen bleiben.

Über die aktuelle wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser informierte Detlev Heins, Bereichsleiter Politik der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der Krankenhausmarkt sei ein sehr großer Wirtschaftsmarkt, mit einem jährlichen Umsatz von 60 Milliarden Euro in Deutschland bei einer Anzahl von 2.104 Krankenhäusern. Eines der größten Probleme in der Krankenhausfinanzierung sei, dass 70 Prozent der Kosten im Krankenhaus für Personalkosten anfallen. „Im Jahr 2009 wird es voraussichtlich eine Differenz von 3 Milliarden Euro durch die stark gestiegenen Personalkosten geben“, so Heins. Die Belastungen durch die neuen Tarifabschlüsse seien in den kommenden Jahren stark zu spüren. „Wir haben zwar eine leistungsfinanzierte Vergütung, aber es fehlt eine leistungsgerechte Finanzausstattung.“ Die Krankenhäuser benötigten eine vernünftige Refinanzierung der gestiegenen Sach- und Personalkosten. Die Entlastungen durch das neue Gesetz deckten bei einer Deckungslücke von 6 Milliarden Euro gerade einmal 1,7 Milliarden Euro ab. Hier sieht die DKG eine Gefahr für Krankenhäuser, die keine Möglichkeit zu Strukturveränderungen haben. Die Krankenhäuser werden alles daran setzen, die Versorgungssituation der Patienten nicht zu verschlechtern, aber um Rationalisierungsprozesse kommen man nicht mehr herum, so Heins. Die Folge sei, dass es zukünftig zwangsläufig zu Schließungen von Krankenhäusern kommen wird.

Auf die Auswirkungen der Krankenhausfinanzierungsreform auf die Universitätsklinika und deren Versorgung mit moderner Medizintechnologie ging Ralf Heyder vom Verband der Universitätsklinika Deutschlands ein. „Die finanzielle Situation der Universitätskliniken ist mittlerweile vergleichbar mit der der anderen Krankenhäuser“, sagte Heyder. Die vom Gesetzgeber angedachten Finanzhilfen deckten lediglich 25 Prozent der eigentlich erforderlichen Summe. Universitätskliniken haben ein eigenes Investitionskosten-Förderungssystem, dass derzeit starken Veränderungen ausgesetzt sei. Seit der Föderalismusreform näherten sich die Unikliniken in diesem Bereich den Krankenhäusern an. Über die möglichen Auswirkungen der Abkehr von der Einzelfinanzierung zum Pauschalsystem werde derzeit im Verband intensiv debattiert. „Das Investieren wird aufgrund der Bindung der Refinanzierung an die Leistungserbringung für die Standorte riskanter werden“, so Heyder. Hier fehlten vor allem die Erfahrungswerte mit dem Pauschalsystem. „Ohne eine Weiterentwicklung der Regelung für Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird es durch die Investitionspauschalen noch unattraktiver, in Innovationen zu investieren“, so Heyder. In diesem Bereich gebe es Verbesserungsbedarf. Hier müsse man sinnvolle Instrumente zur Verbesserung entwickeln.

Anton J. Schmidt, Vorstand der P.E.G. Einkaufs- und Betriebsgenossenschaft, sprach über die Anforderungen an den Krankenhauseinkauf aus Sicht der Einkaufsgemeinschaften. Das deutsche Gesundheitswesen sei hervorragend - und alle Beteiligten hätten die Verantwortung, dieses auch entsprechend aufrecht zu erhalten, um die Wachstumschancen des Gesundheitsmarktes in Deutschland zu erhalten. „Wettbewerb und Regulierung müssen jedoch ausgewogen sein“, so Schmidt. Die finanzielle Ressourcenknappheit erfordere von den Leistungserbringern wie den Krankenhäusern neue, kreative Lösungsansätze. Medizinischer Fortschritt, demographische Entwicklung und die Erwartungshaltung der Bevölkerung verstärkten die Herausforderungen. „Krankenhäuser brauchen eine klare Unternehmensstrategie“, stellte Schmidt heraus. Die Qualität der Patientenversorgung und die Kommunikation messbarer sowie transparenter Qualitätsparameter seien der entscheidende Erfolgsfaktor. Mögliche Kostensenkungspotentiale sieht Schmidt in der Prozessoptimierung des Beschaffungsprozesses. Krankenhäuser müssten hier ihre Eigenleistungen hinterfragen und gegebenenfalls Partnerschaften eingehen, die Leistungen effizienter erbringen können. Oberstes Ziel müsse dabei sein, Effizienzgewinne zu erwirtschaften. „Das heißt vor allem, Freiräume für innovative Medizin zu schaffen“, so Schmidt. Ohne innovative Medizin seien Krankenhäuser nicht überlebensfähig, denn diese stellten einen wettbewerblichen Erfolgsfaktor dar. Einkaufsgemeinschaften könnten den Krankenhäusern hier helfen, durch Fachkompetenz den Einkauf zu unterstützen und zu optimieren und eine Brücke zwischen der Industrie und dem Krankenhaus zu schlagen.

Auch Otmar Wawrik, Senior Vice President Marketing Sales Central Europe der B. Braun Aesculap, sieht den Einfluss von Einkaufskooperationen in Deutschland stetig steigen. Das gesamte Anbieterspektrum sei davon betroffen. Nach aktuellen Berechnungen sind in Deutschland derzeit rund 78 Prozent der Kliniken Mitglieder in Einkaufsorganisationen. Verbunden sei damit eine klare Machtverschiebung in der Entscheidungsfindung. „Die Entscheiderstrukturen haben sich in den Kliniken in den letzten Jahren stark gewandelt“, so Wawrik. Die Vertriebsstrukturen der Unternehmen seien hingegen noch immer auf die alten Strukturen ausgerichtet. „Hier sind die Unternehmen gefragt umzudenken und sich besser auf die neuen Strukturen einzustellen.“ Unternehmen hätten zukünftig dann gute Chancen, wenn sie durch Kompetenz, Marktnähe und einen guten Portfolio-Mix einen echten Mehrwert und klare Marktvorteile anbieten können. Wawrik empfiehlt Unternehmen, das Vertriebsmarketing und die damit verbundene Argumentationslinien kontinuierlich zu überprüfen. „Wir müssen in der Argumentation wegkommen von der reinen Preisdiskussion hin zu Angeboten mit zusätzlichem Nutzen für die Zielgruppe. In der Preiskommunikation müsse insbesondere darauf geachtet werden, das Einsparungspotential deutlich darzustellen. Als Beispiele für mögliche neue Vertriebswege nannte Wawrik strategische Allianzen mit Wettbewerbern, Dienstleistern und Krankenkassen und die Optimierung der Logistik- und Bestellprozesse. Umfassende zusätzliche Dienst- und Serviceleistungen von Seiten der Unternehmen müssten entsprechend kommuniziert werden. Hierbei werde die partnerschaftliche Beziehung zwischen Unternehmen und Krankenhäusern deutlich, so Wawrik.

Dr. Oliver Esch, Rechtsanwalt bei Osborne Clarke in Köln, informierte über die Ausschreibungsregeln von Einkaufsgemeinschaften und Krankenhäusern. Beim Vergaberecht gebe es zwei Möglichkeiten: Das nationale Haushaltsvergaberecht und das EU-Vergaberecht. Das öffentliche Haushaltsrecht bindet nur öffentliche Stellen. Die Adressaten des EU-Vergaberechts sind ausschließlich öffentliche Auftraggeber. Die Ausschreibungspflicht besteht demnach nur für öffentliche Krankenhausträger wie kommunale Krankenhausträgergesellschaften und Universitätsklinika. Kliniken in privater Trägerschaft sind nicht an die Bestimmungen des EU-Vergaberechts gebunden. Anders sehe es bei Kooperationen wie Einkaufsgemeinschaften aus. „Einkaufsgemeinschaften sind rechtlich nicht unproblematisch“, so Dr. Esch. Grundsätzlich sei die Kooperation von Gesellschaften vergaberechtsfrei. Doch unter bestimmten Zielsetzungen treffe für Einkaufsgemeinschaften die Definition für Kooperationen mehrerer teils öffentlicher Auftraggeber zu. Ist diese Voraussetzung gegeben, seien Einkaufsgemeinschaften verpflichtet, die Beschaffungen auszuschreiben. Das mögliche Eingreifen eines Freistellungsantrages setzt voraus, dass keine wesentliche Beeinträchtigung des relevanten Marktes entsteht. Des Weiteren darf der kumulierte Marktanteil der Kooperationen maximal 15 Prozent ausmachen. Zudem müsse bei Einkaufsgemeinschaften verstärkt auf eine „vollumfängliche Transparenz“ geachtet werden, so Dr. Esch.

Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb), stellte die Maßnahmen des ukb vor, die das Krankenhaus auf den stärker werdenden Wettbewerb vorbereiten. Als Teil einer berufsgenossenschaftlichen Familie habe sich das ukb seit 1997 am Markt etabliert. „Unsere Lebensader ist, dass wir Qualität produzieren“, so Ekkernkamp. Modernität sei eines der wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Krankenhauses. Die nachhaltige Etablierung am Markt funktioniere vor allem über ein hochwertiges Angebot verbunden mit einem guten internen Qualitätsmanagement. Durch den frühen Einsatz von Leitlinien, Zertifizierungsmaßnahmen und Behandlungspfaden in Kooperation mit anderen Berufsgenossenschaftlichen Kliniken optimiere das Krankenhaus seine Prozesse signifikant. Auch die aktive Mitarbeit von Leistungsträgern in den Qualitätsgremien der Bundes- und Landesebene trage dazu bei. Die Personalkosten des Krankenhauses betragen bei einer jungen Mitarbeiterstruktur weniger als 60 Prozent. Zusätzlich engagiert sich das ukb für die 2008 gegründete Initiative Qualitätsmedizin (IQ), die sich für ein einheitliches und nachhaltiges Gesamtmanagement im Krankenhaus einsetzt. Festgelegt werden hier die Aufgaben des Managements, die wesentlichen Aufgaben der Administration und die Rolle des Personals. Ziel der Initiative sei es, aus Fehlern zu lernen um die Prozesse optimal zu gestalten. „Denn die Effizienzreserven eines Krankenhauses stehen in enger Relation zu den Kriterien Leistungsbereitschaft und Qualität“, so Prof. Ekkernkamp.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) Manfred Beeres, Referent, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Reinhardtstr. 29b, 10117 Berlin Telefon: (030) 246255-0, Telefax: (030) 246255-99

(tr)

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