Mehr Vertrauen in die Sozialpartnerschaft!
(Berlin) - "Ich möchte nicht den Fehler machen, dass das, was ich immer politisch für richtig gefunden habe, mit der Begründung Corona verbinde. Da bin ich ganz vorsichtig, weil ich auch erlebe, dass es einige gibt, die Dinge fordern und mit Corona verbinden, die sie schon immer gefordert haben." Das Zitat stammt von einem Mitglied dieser Bundesregierung. Haben sich die Verantwortlichen in der Regierung an diesen selbstgesteckten Anspruch gehalten? Kurze Antwort: Wohl eher nicht! Beim Thema "Recht auf Homeoffice" bestehen zumindest große Zweifel. Hier wurde ganz offenbar die Chance der Krise genutzt, um Parteiprogrammatik auf der politischen Agenda zu platzieren, obwohl mobile Arbeit auch ohne Rechtsanspruch bestens funktioniert.
Auch andere verantwortliche politische Akteure wollen jetzt langgehegte Wünsche durchsetzen. Beispielhaft ist die Forderung nach Einführung einer Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich durch die IG Metall - eine Idee, die etwa die Linkspartei schon weit vor Corona salonfähig machen wollte. Dabei ist klar, dass eine wirtschaftliche Krise viel Kraft zur Überwindung fordert, aber noch nie in der Geschichte mit weniger Arbeit bewältigt wurde. Der Verdacht, dass manch einer die Gelegenheit für die Durchsetzung politischer Wünsche für günstig hält, drängt sich auch bei der nun geforderten Koppelung von längerem Kurzarbeitergeld an Weiterbildungsangebote der Unternehmen auf. Die Arbeitgeber lehnen dies ab und sind stattdessen davon überzeugt, dass die Lufthoheit über die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter bei den Betrieben liegen muss.
Dass jüngst auch die Debatte um das Grundeinkommen wieder neu entfacht wurde, kann bei all diesen Beispielen nicht verwundern. Was bleibt als Erkenntnis? Wir müssen bei Vorstößen aus der Politik wachsam bleiben und die Funktionsfähigkeit der Sozialpartnerschaft in den Vordergrund stellen. Die Tarifpartner können vielen Herausforderungen besser auf betrieblicher Ebene begegnen. Beispiele sind hier flexiblere Arbeitzeitformen oder konkrete Arbeitsschutzregeln. Es ist nicht verkehrt, sich Gedanken darüber zu machen, wie es in Zukunft weitergeht. Das geht aber auch ganz gut ohne den Hintergedanken der eigenen Profilierung.
Standpunkt von Steffen Kampeter
BDA-Hauptgeschäftsführert
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