Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Mietrechtsreform: Praxistest bestanden / Bundesgerichtshof trifft mehrere Grundsatzentscheidungen

(Berlin) - „Mit der vor knapp zwei Jahren in Kraft getretenen Mietrechtsreform ist eine Reihe von Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter wirksam geworden. Klarstellende Regelungen, vor allem im Bereich der Betriebskosten und der Mieterhöhungen wirken sich streitmindernd aus. Es zeigt sich aber auch“, so Franz-Georg Rips, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), auf einer Pressekonferenz in Berlin, „dass durch missverständliche Formulierungen neue Streitpunkte entstanden sind, dass einige Fragen durch die Mietrechtsreform nicht beantwortet wurden.“ Hier sei jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) gefordert. Das höchste deutsche Gericht werde in den nächsten Wochen Grundsatzentscheidungen zu Themen wie Kündigungsfristen, Mietminderung, Eigenbedarf und Schönheitsreparaturen veröffentlichen.

Mietrechtsreform

Seit dem 1. September 2001, dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform, haben die Rechtsberater der 350 DMB-Mietervereine rund 1,7 Millionen Rechtsberatungen nach dem neuen Recht durchgeführt. „Das neue Mietrecht hat diesen großen Praxistest bestanden“, bilanzierte Rips. Bewährt habe sich die Zusammenfassung der mietrechtlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch und die Anordnung der Vorschriften nach dem typischen Ablauf eines Mietrechtsverhältnisses.

Vorteilhaft und streitmindernd wirkt sich vor allem die Neuregelung zu der Abrechnungs- und Ausschlussfrist bei Betriebskosten aus. Danach muss der Vermieter spätestens 12 Monate nach Ende der Abrechnungsperiode die Abrechnung für die „kalten“ Betriebskosten oder die Heizkosten seinen Mietern vorgelegt haben. Hält er diese Frist nicht ein, kann er keine Nachforderungen für diesen Abrechnungszeitraum stellen.

„Fast jede dritte Rechtsberatung unserer Mietervereine dreht sich um Betriebskosten. Die häufigsten Fragen sind: Bis wann muss der Vermieter abgerechnet haben und kann er noch nach Jahren mehr oder weniger hohe Nachforderungen stellen“, erklärte Rips. „Diese Fragen lassen sich jetzt eindeutig klären. Hier hat die Mietrechtsreform Rechtssicherheit gebracht.“

Positiv, so der Mieterbund-Direktor, sind zum Beispiel auch im Mieterhöhungsrecht die Einführung eines qualifizierten Mietspiegels und die sich hieraus ergebenden Beweisfunktionen oder die Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, hinsichtlich einer barrierefreien Gestaltung der Wohnung.

Bundesgerichtshof

Kündigungsfristen (BGH VIII ZR 240/02; 324/02: 330/02; 355/02)

Nach dem neuen Mietrecht können Mieter den unbefristeten Mietvertrag immer mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen. Auf die Wohndauer kommt es nicht an. So bestimmt es § 573 c BGB. Ob diese Regelung auch für alte, vor dem 1. September 2001 abgeschlossene Mietverträge gilt, wenn hier andere Kündigungsfristen vereinbart sind, war von Anfang an umstritten. Erst recht, wenn in diesen alten Mietverträgen nur auf den damals geltenden Kündigungsfrist-Paragraphen 565, Abs. 2, BGB verwiesen wurde oder dessen Gesetzestext (mehr oder weniger) wörtlich wiederholt wurde.

Der Bundesgerichtshof wird diese Fragen am 18. Juni 2003 im Rahmen von vier zugelassenen Revisionsverfahren verhandeln. In allen vier Fällen hatten Mieter ihre Mietverträge mit einer Frist von drei Monaten gekündigt. Die Vermieter hatten mit den alten, das heißt längeren, Kündigungsfristen argumentiert. Drei Landgerichte (Berlin und Osnabrück) gaben den Vermietern Recht. Das Landgericht Hamburg entschied zugunsten der Mieter.

Franz-Georg Rips: „Der Wille des Gesetzgebers war und ist eindeutig. Es sollte auch in diesen Fällen die dreimonatige Kündigungsfrist gelten. Entscheidet der Bundesgerichtshof anders, muss das Gesetz nachgebessert werden.“

Mietminderung (BGH VIII ZR 274/02)

Verliert ein Mieter das Recht zur Mietminderung, wenn er trotz Vorliegens eines während der Mietzeit entstandenen Mangels über Monate hinweg weiterhin die volle Miete zahlt? Die Antwort auf diese Frage wird der Bundesgerichtshof mit Urteil am 16. Juli 2003 geben. Die Rechtsprechung hatte zur alten, bis zum 31. August 2001 geltenden Rechtslage entschieden, der Mieter verliere seine Rechte normalerweise nach sechs Monaten. Mit der Reform des Mietrechts und der Neufassung der einschlägigen Vorschrift (jetzt § 536 b BGB) wollte der Gesetzgeber dieser Rechtsprechung endgültig den Boden entziehen. Verschiedene Gerichte, so auch das Landgericht Frankfurt, hatten aber – wie bisher – die Sechsmonatsfrist angewandt.

Franz-Georg Rips: „Mit der Neufassung des § 536 b BGB wollte der Gesetzgeber verhindern, dass ausgerechnet der Mieter seine Rechte verliert, der es zunächst einmal im Guten versucht, der auf die Mängelbeseitigung durch den Vermieter vertraut, der nicht sofort die Miete kürzt. Das ist vernünftig und verhindert die Eskalation eines Streits zwischen Mieter und Vermieter. Die Sechsmonatsfrist muss deshalb fallen.“

Eigenbedarf (BGH VIII ZR 276/02; 311/02)

Durch die Mietrechtsreform 2001 hat sich an der Möglichkeit und an den Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung nichts geändert. Der Gesetzgeber hat die Regelung des alten § 564 b bei der Neuregelung des § 573 BGB wörtlich übernommen. Damit wurden auch die entsprechenden Probleme übernommen, die zum Teil seit Jahren bekannt sind.

Beispielsweise auch die Frage, ob der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter den Mietern eine freistehende Alternativwohnung anbieten muss. Dabei geht es um Alternativ-wohnungen, die dem Vermieter selbst, zum Beispiel im gleichen Haus, gehören oder die demjenigen gehören, zu dessen Gunsten die Eigenbedarfskündigung ausgesprochen wird (Bruder des Vermieters).

Der Bundesgerichtshof verhandelt zwei Fälle aus Berlin und Frankfurt am 11. Juni 2003.

Franz-Georg Rips: „Bisher ging die Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte weitgehend davon aus, dass freistehende und geeignete Alternativwohnungen dem gekündigten Mieter anzubieten sind. An dieser Rechtsprechung müsste der BGH eigentlich festhalten. Das wäre auch um so wichtiger, als in letzter Zeit Gerichte Räumungsklagen stattgeben und dabei anklingen lassen, dass angesichts entspannter Wohnungsmärkte der Mieter ja unschwer eine Ersatzwohnung selbst finden könne.“

Schönheitsreparaturen (BGH VIII ZR 308/02)

Weder im alten noch im neuen Mietrecht existiert eine Vorschrift, die bestimmt, dass Mieter Schönheitsreparaturen oder Renovierungsarbeiten während der Mietzeit oder beim Auszug durchführen müssen. In nahezu allen Mietverträgen wird aber diese Pflicht für den Mieter festgeschrieben. Die Grenzen dieser Vertragsfreiheit sind auch durch die Mietrechtsreform 2001 nicht näher bestimmt oder konkretisiert worden. Es bleibt dabei, hier müssen die Richter entscheiden.

Der Bundesgerichtshof hat in einem bisher noch nicht veröffentlichten Urteil (VIII ZR 308/02) entschieden, dass Mietvertragsklauseln, die Renovierungen während der Mietzeit und unabhängig davon auch bei Auszug vorschreiben, unwirksam sind. Der BGH entschied außerdem, dass entsprechende Klauseln auch nicht in eine wirksame Regelung und eine unwirksame Regelung aufgeteilt werden können. Unwirksam ist unwirksam.


Franz-Georg Rips: „Richtig.“
Maklerprovision (BGH III ZR 299/02)

Bereits am 13. März diesen Jahres hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage Anspruch auf eine Maklerprovision hat, wenn er eine Mietwohnung aus der Anlage vermittelt. Die Vorschrift des Wohnungsvermittlungsgesetzes, nach der ein Provisionsanspruch für denjenigen ausgeschlossen ist, der gleichzeitig Verwalter der vermittelten Wohnung ist, greift nach Auffassung des Bundesgerichtshofes hier nicht ein. Verwalter ist nicht Verwalter, meint der BGH. Das Provisionsverbot gelte nur für den Wohnungsverwalter, der im Auftrag des Eigentümers oder Vermieters die konkrete Wohnung selbst verwaltet. Wer aber das gemeinschaftliche Eigentum in der Wohnungseigentumsanlage verwaltet, soll Provision verlangen dürfen.

Die hier vom Bundesgerichtshof entschiedene Frage war jahrelang bei den Amts- und Landgerichten strittig. Zuletzt behandelte die Mehrheit der Gerichte Verwalter gleich und verweigerte ihnen grundsätzlich einen Anspruch auf Provision. Neu geregelt wurde die Streitfrage weder durch die Mietrechtsreform noch durch andere Gesetzesänderungen in letzter Zeit.

Franz-Georg Rips: „Befriedigend ist diese Rechtsprechung sicher nicht. Bis auf weiteres gilt jetzt aber, dass ein Wohnungsvermittler keine Maklerprovision verlangen darf, wenn er gleichzeitig Verwalter der einzelnen (vermittelten) Wohnung ist. Ist er dagegen Verwalter der gemeinschaftlichen Eigentumsanlage, betreut er die gesamte Wohnanlage, dann kann er – wenn er als Vermittler tätig wird – auch Provision fordern. Der DMB wird sich um eine Änderung der Gesetzeslage bemühen.“

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Littenstr. 10, 10179 Berlin Telefon: 030/223230, Telefax: 030/22323100

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