Pressemitteilung | Deutscher Kulturrat e.V.

Mitglieder der Regierungsfraktionen bewerten die Aussagen zum Föderalismus im Koalitionsvertrag unterschiedlich

(Berlin) - In der aktuellen Ausgabe von politik und kultur (Januar/Februar 2006), der Zeitung des Deutschen Kulturrates, nehmen drei Mitglieder der Regierungsfraktionen zum Koalitionsvertrag und den möglichen Auswirkungen der Föderalismusreform auf die Kulturpolitik des Bundes Stellung.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann, MdB unterstreicht in einem Interview: "Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern sollten der Vergangenheit angehören. Gerade angesichts der Finanzzwänge müssen alle für die Kulturpolitik Verantwortlichen an einem Strang ziehen."

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, MdB beschreibt in seinem Beitrag "Eine Kulturnation, nicht sechzehn" einige Sorgen, die der Koalitionsvertrag bei Kulturpolitikern weckt. Er schreibt unter anderem: "Es gibt allerdings auch kulturpolitische Themen und Aufgaben, bei denen Zweifel und Besorgnis überwiegen." Er nennt in diesem Zusammenhang die Bedingungen der geplanten Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder sowie die künftige Kulturförderung des Bundes, die nach einem Konsultationsverfahren stattfinden soll. Weiter schreibt Bundestagsvizepräsident Thierse, MdB: "Einen weiteren Anlass zur Besorgnis bietet die kultur- und medienpolitische Außenvertretung des Bundes." Er verweist dabei auf die geplante Vertretung der Bundesrepublik durch die Länder in Europa, wenn es um ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder in den Bereichen Schule, Kultur und Rundfunk geht. Mit Blick auf die Bildungsförderung des Bundes schreibt Bundestagsvizepräsident Thierse, MdB: "Mit der beinahe ausschließlichen Zuständigkeit der Länder für Bildung ist auch der Bereich der kulturellen Bildung betroffen. Auf Bundesebene wurden viele Ansätze zur Förderung der kulturellen Bildung umgesetzt. ... Das ist dem Bund nicht mehr erlaubt."

Der Bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Jörg Tauss, MdB wirft in seinem Beitrag "Kooperativer Bildungsföderalismus auf dem Rückzug?" die Frage auf, ob angesichts der anstehenden bildungspolitischen Herausforderungen die geplanten Zuständigkeitsregelungen zwischen Bund und Ländern die richtige Antwort sind. Er schreibt unter anderem: "Dennoch ist befremdlich, dass die gleichen Fragen, die Ende vergangenen Jahres zu Konflikten und zum Scheitern der Föderalismuskommission führten, heute mit einem Federstrich zu Harmoniepunkten erklärt werden. Es ist offensichtlich, dass der Bund an dieser Stelle einen hohen Preis für die Verringerung der im Bundesrat zustimmungspflichtigen Gesetze zahlt – aus bildungspolitischer Sicht einen zu hohen." Und weiter formuliert er: "Der neue, weitergehende bildungspolitische Partikularismus, der dem Bund sogar bei Konsens einen Beitrag zur Reform des Bildungssystem untersagt, ist aber die falsche Antwort auf die Herausforderungen der Zeit. Die Ergebnisse der Koalitions-verhandlungen zur Föderalismusreform sind daher ein weiterer Schritt weg vom kooperativen in Richtung eines uninspiriert konkurrierenden Föderalismus."

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Offensichtlich wird innerhalb der Regierungsfraktionen die Einigung, die im Bereich der Föderalismusreform erzielt wurde, zumindest mit Blick auf die Kultur- und die Bildungspolitik, sehr unterschiedlich bewertet. Es wird sich zeigen, ob beim anstehenden Gesetzgebungsverfahren noch einmal eine Debatte zu diesen Vereinbarungen geführt werden wird und dabei die Bedenken einiger Kritiker des Koalitionsvertrags aus den eigenen Reihen aufgenommen werden."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Kulturrat Pressestelle Chausseestr. 103, 10115 Berlin Telefon: (030) 24728014, Telefax: (030) 24721245

(sk)

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