Pressemitteilung | Bundesverband der Selbständigen / Deutscher Gewerbeverband e.V. (BDS-DGV) - Bundesgeschäftsstelle

Mittelstand blickt aufs "Steuerjahr 2004" zurück / Kurz: Eichels Steuerpolitik ist chaotisch und planlos

(Berlin) - Der Präsident des Bundesverbands der Selbständigen (BDS), Rolf Kurz, hat die Steuerpolitik 2004 in Hinblick auf den Mittelstand scharf kritisiert: "2004 hat dem Mittelstand eine Flut von Änderungen und Neuerungen beschert. Damit hat der Gesetzgeber mehr Chaos statt Klarheit und Vereinfachung geschaffen: Nicht fachlich-inhaltliche oder gar wirtschaftspolitische Ziele standen im Vordergrund, sondern die Frage, wie mehr Geld in die Haushaltskasse kommen kann. Das Regelungstempo führt dazu, dass die Gesetze mit heißer Nadel gestrickt werden und nur eine geringe Haltbarkeitsdauer haben. Auffällig ist, dass neue Gesetze mehrseitiger Schreiben des Bundesfinanzministeriums zur Einführung und Auslegung bedürfen."

Kurz weiter: "Es ist nicht die Höhe der Steuern, die kleine und mittlere Unternehmen kritisieren - der Mittelstand zerbricht an der Steuerbürokratie, an fehlender Kontinuität und Planbarkeit. Wir brauchen eine echte Steuerreform mit Steuervereinfachung und Sachverstand. So entbehrt etwa das Einkommensteuergesetz jeder Systematik. Unternehmer - und immer öfter auch die haftenden Steuerberater - unterzeichnen Steuererklärungen, deren Inhalt sie nicht nachvollziehen können."


Mittelstand und Steuern: Was hat sich 2004 geändert - was wurde 2004 beschlossen? Beispiele.

Abschreibungen
Die Abschreibungsregeln bei beweglichen Wirtschaftsgütern, Gebäuden, Baumaßnahmen in Sanierungsgebieten und Baudenkmale haben sich verschlechtert.
Folgen: weniger Anrechenbares = höhere Steuern


Verlustverrechnung
Seit 2004 ist die Verlustverrechnung wieder unbegrenzt erlaubt. Somit können negative Einkünfte im vertikalen Verlustausgleich wieder voll mit positiven Einkünften verrechnet werden.
Folgen: positiv


Steuererhöhung bei Betriebsveräußerung
Der Spitzensteuersatz (von dem der halbe Wert angesetzt wird) ist 2004 auf den fiktiven Satz von 56% angehoben worden.

Folgen: Es ist unattraktiver geworden, ein Unternehmen zu verkaufen (vor allem im Alter). Der Steuersatz von 56% ist willkürlich und nicht nachvollziehbar, da der Spitzensteuersatz auf Einkommen etc. nur 42% beträgt.


Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen
Der Freibetrag bei der Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen wurde ab 2004 von bisher 10.300 auf 9.600 Euro gekürzt.

Folgen: Es ist unattraktiver geworden, sich von Unternehmensteilen zu trennen (vor allem im Alter).


Erbschaftsteuer - Betriebsübertragung
Der Freibetrag wurde 2004 von 256.000 auf 225.000 Euro herabgesetzt - und der verbleibende Betrag wird nicht mehr mit 60 sondern mit 65% angesetzt. Es gibt immer noch keine Erbschaftsteuer, die die Übertragung von Betriebsvermögen attraktiv macht. (Der BDS fordert eine Stundung der Erbschaftsteuer und letztlich einen vollständigen Erlass, wenn das Unternehmen fortgeführt wird.)
Folgen:

- Vom Erbe bleibt weniger übrig - die Zukunft vieler Unternehmen ist bedroht. Unternehmensfortführungen und Arbeitsplätze sind massiv gefährdet.
- Heute trifft der Tod des bisherigen Chefs die Firma oft doppelt: Plötzlich fehlt dem Unternehmen der erfahrene Kopf - und die fällige Erbschaftsteuer geht an die Firmensubstanz. Sind keine Mittel vorhanden, muss das Lebenswerk der Familie verkauft werden.


Alterseinkünftegesetz
Ab 2005 erfolgt der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung der Altersbezüge. Beiträge zur Altersvorsorge bleiben in voller Höhe steuerfrei; die daraus erzielten Renten oder Pensionen werden voll steuerpflichtig - auch für GmbH-Geschäftsführer und die Vorstände der Aktiengesellschaften. Da sich die Steuerlast in der aktiven Zeit vermindert, bleibt ein Betrag für die erforderliche zusätzliche private Vorsorge übrig.

Folgen: Es ist richtig, schrittweise auf eine nachgelagerte Besteuerung der Renten umzustellen, doch wurde gleichzeitig ein Baustein der Mittelstandsfinanzierung zerstört: Viele Unternehmer haben zur Betriebs- und Immobilienfinanzierung eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen, teilweise in Millionenhöhe - die Kalkulation basiert auf einer steuerfreien Verfügung nach zwölf Jahren Laufzeit. Mit der künftigen Besteuerung fällt eine Finanzierungsmöglichkeit weg. Angesichts der zurückhaltenden Kreditvergabe durch die Banken ist der Verlust dieser Besicherungsform ein Schlag für den Mittelstand.


Umsatzsteuerchaos auf dem Bau (§ 13 b Umsatzsteuergesetz)
Der BDS fordert, das seit dem 1. Juli 2004 neugeregelte Umsatzsteuergesetz (§ 13b) zurückzunehmen und zur bisherigen Praxis zurückzukehren: Bauleistende stellen sich untereinander nun nicht mehr die Mehrwertsteuer in Rechnung. Sie wird jetzt vom Empfänger der Bauleistung an das Finanzamt abgeführt - und nicht mehr vom Lieferanten.

Folgen:
- Was den Umsatzsteuerbetrug eindämmen sollte, hat für mehr Bürokratie auf dem Bau gesorgt. Das Erstellen von Rechnungen ist komplizierter geworden. Die eigentlichen Geschäfte der Firmen kommen weiter zu kurz.
- Viele Firmen können erst gar keine Rechnungen mehr erstellen, da die Buchungsprogramme keine Rechnung ohne Mehrwertsteuer akzeptieren: Software muss umgestellt oder neu angeschafft werden.
- Definitionsprobleme: Bei Grenzfällen muss man über die Auslegung des Finanzamts spekulieren.
- Man haftet u.U. für die Steuerschuld anderer.
- Die Fehlerquote bei Rechnungen steigt.
- Kompliziertere Buchhaltung, da Rechnungen unterschiedlich gebucht werden müssen.


Gerade noch abgewendet: EÜR - ein neues Steuerformular, das Kleinunternehmer und Selbstständige belastet hätte.
Eichels Steuerbeamte haben ein neues, kompliziertes Steuerformular entwickelt, dessen Einsatz ab 2005 nach massiver Kritik abgewendet wurde. Es soll allerdings 2006 wiederkommen. Grundgedanke: Statt einer formlosen Einnahme-/Überschuss-Rechnung müssen Kleinunternehmer und Freiberufler ihrer Steuererklärung das zweiseitige Formular EÜR (=Einnahmen-Überschuss-Rechnung) beifügen. Das Dokument zählt alle erdenkbaren Posten auf, die bei einer Einnahme-Überschuss-Rechnung vorkommen können.

Folgen: Auf 82 Zeilen ist das ganze komplizierte Steuerrecht abgebildet - mit Fachbegriffen und Steuerparagrafen, die ein normaler Steuerpflichtiger nicht versteht. Mindestens zwei Stunden, so Experten, dauert es, den Bogen auszufüllen und zu klären, welche Angaben man machen muss, und welche Zeilen man nicht auszufüllen braucht. Zudem werden Daten verlangt, die Kleinunternehmer bisher nicht sammeln mussten.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Selbständigen - Deutscher Gewerbeverband e.V. (BDS-DGV), Bundesgeschäftsstelle Michael Wehran Platz vor dem Neuen Tor 4, 10115 Berlin Telefon: 030/2804910, Telefax: 030/28049111

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