NABU: Europas Natur im roten Bereich / Krüger: Von der Leyen muss Investitionsprogramm für die Ökosysteme vorlegen /Landwirtschaft Ursache Nummer Eins für das Artensterben
(Brüssel/Berlin) - Die Europäische Umweltagentur (EEA) zeichnet mit ihrem am heutigen Mittwoch veröffentlichten Bericht "Die Umwelt in Europa - Zustand und Ausblick 2020") ein katastrophales Bild: Der Zustand der Natur in Europa ist extrem besorgniserregend. 77 Prozent der wichtigen Lebensräume in der EU sinräume in der EU sind in einen schlechten Zustand, 60 Prozent der in der EU geschützten Arten sind bedroht. Dramatische Rückgänge gibt es besonders in der Agrarlandschaft: Die Bestände von Vögeln sind in den letzten dreißig Jahren um 30, die von Schmetterlingen um 40 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig ist Europa weit davon entfernt einen guten ökologischen Zustand seiner Flüsse und Meere zu erreichen - obwohl dies die EU-Gesetzgebung verlangt.
Angesichts aktueller Proteste von Bäuerinnen und Bauern gegen höhere Umweltauflagen stellt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger fest: "Leugnen hilft nichts. Der Bericht benennt die Landwirtschaft klar als Ursache Nummer Eins für den Rückgang von Arten, Lebensräumen und Ökosystemen.
Wir brauchen einen Systemwechsel in der EU-Agrarpolitik, damit sich nachhaltige Produktion auch für die Betriebe lohnt."
Mit Blick auf den von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für nächste Woche angekündigten "European Green Deal" fordert Krüger:
"Wir erwarten jetzt ein großes Investitionsprogramm für unsere Ökosysteme. Die Mitgliedstaaten der EU müssen dazu verpflichtet werden, in den nächsten zehn Jahren jeweils 15 Prozent ihrer geschädigten Land- und Meeresflächen wieder in einen naturnahen Zustand zu bringen. Damit können entscheidende Schritte gegen das Artensterben und die Klimakrise gemacht werden."
Moore, Wälder, Wiesen, Flüsse und die Meere verarmen laut Bericht immer mehr und verlieren die Fähigkeit Kohlenstoff und Wasser zu speichern, für fruchtbare Böden zu sorgen und vor Extremwetter zu schützen. Laut NABU haben freiwillige Versprechungen zu ihrer Renaturierung nichts gebracht. Jetzt müssen diese Ziele für alle Regierungen verbindlich werden. So könnten bis 2030 insgesamt fast 450 Millionen Hektar Land- und Seefläche renaturiert werden.
Der Bericht schildert auf 500 Seiten in einer großen Detailfülle, dass es Europa trotz ausgefeilter Strategien und Maßnahmeplänen nicht schaffen wird, die selbstgesteckten Ziele bis 2020 zu erreichen. Im Bereich "Naturkapital" wird die EU nur zwei von 13 Zielen für 2020 erreichen, nämlich die Ausweisung von Schutzgebieten an Land und auf See voranzutreiben - wobei diese oft nur auf dem Papier existieren und nicht ausreichend finanziert und gepflegt werden.
Auch für 2030 stehen die Bewertungsampeln in den meisten Bereichen auf gelb-rot. Bei der Land- und Forstwirtschaft wagen die Wissenschaftler sogar die Prognose, dass bis 2050 keine Nachhaltigkeit erzielt werden wird, wenn es nicht zu einem drastischen Umsteuern der Politik kommt.
"Der Bericht konstatiert ein Scheitern auf der ganzen Linie und ist ein dringender Appell an die Politik", so Krüger.
Bericht zum Download: https://www.eea.europa.eu/soer-2020/
Forderungen des NABU und seines Netzwerks BirdLife Europe zur
EU-Biodiversitätspolitik:
https://www.birdlife.org/europe-and-central-asia/policy/our-house-fire-our-position-eu-biodiversity-strategy-2030
Quelle und Kontaktadresse:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
Kathrin Klinkusch, Pressesprecherin
Charitéstr. 3, 10117 Berlin
Telefon: (030) 284 984-0, Fax: (030) 284 984 - 20 00