Pressemitteilung | Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)

NABU: Natur und Klima sind große Verlierer der Abstimmung zur EU-Agrarpolitik / Miller: Europäischer Green Deal droht zur Bruchlandung zu werden

(Berlin/Brüssel, 23. Oktober 2020) - Das Europäische Parlament hat beschlossen, die Agrarpolitik der EU bis 2027 im Wesentlichen unverändert zu belassen. Und das trotz erheblicher Kritik vonseiten der Wissenschaft, einer großen Bewegung aus Klima-, Umwelt- und progressiven Agrarverbänden sowie Sozialdemokraten, Grünen und Linken.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) macht ein Drittel des gesamten EU-Haushalts aus. Die Entscheidung aus Brüssel führt dazu, dass ein Großteil der Steuergelder weiterhin Natur und Klima schädigt, an außerlandwirtschaftliche Grundbesitzer und die vor- und nachgelagerte Agrarindustrie weitergereicht werden. Landwirte, die umsteuern wollen und aufgrund von zunehmenden Auflagen auch müssen, werden so massiv benachteiligt.

"Die Abgeordneten aus CDU/CSU, FDP und ihrer europäischen Schwesterparteien wollen Steuergelder von morgen für eine zerstörerische Agrarpolitik von vorgestern verplanen", so Miller. Zu Recht hätten sich Greta Thunberg und die Fridays For Future-Bewegung mit #VoteThisCAPDown lautstark zu Wort gemeldet. "Hier werden die Chancen unserer Kinder, zukünftig ein gutes Leben mit einer intakten Natur und gesund erzeugten Lebensmitteln zu führen, verbaut", sagte der NABU-Bundesgeschäftsführer.

Der NABU fordert Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, die Verhandlungen abzubrechen und einen neuen GAP-Vorschlag zu unterbreiten. "Der derzeitige Entwurf stammt noch von ihrem Vorgänger Jean-Claude Juncker und widerspricht allem, womit sie und ihr Green Deal gestartet sind. Wenn sie diese GAP-Verhandlungen jetzt nicht stoppt, wird der Green Deal keine Mond- sondern eine Bruchlandung - zumindest was die Landwirtschaft betrifft", sagte Miller.

Die aus der Sicht des NABU wichtigsten Kritikpunkte am Beschluss des EU-Parlaments:

- Verglichen mit dem ohnehin schwachen Vorschlag der EU-Kommission von 2018 will das Parlament die verbindlichen Umweltregeln für die Landwirtschaft schwächer gestalten: Statt der nötigen zehn Prozent auf der gesamten landwirtschaftlichen Fläche müssen Landwirte nur fünf Prozent des Ackerlands für den Naturschutz zur Verfügung stellen. Die wiederum dürfen sogar weiterhin beispielsweise für den Anbau von Leguminosen oder Zwischenfrüchten genutzt werden. Diese Regelungen gelten aktuell auch und haben nur zu insgesamt 1,5 Prozent Naturflächen in der Agrarlandschaft geführt. Ein Fortschritt ist hier also nicht zu erwarten.

- Im Gegensatz zum Agrarministerrat fordert das Parlament zwar zehn Prozent mehr, nämlich 30 Prozent der Ersten Säule, für die Finanzierung von freiwilligen Umweltmaßnahmen (EcoSchemes/Ökoregelungen) zu reservieren. Gleichzeitig enthält die Forderung jede Menge Schlupflöcher, sodass damit auch rein ökonomische Ziele gefördert werden können. Der NABU fordert in Übereinstimmung mit der Wissenschaft, dass die gesamte Erste Säule für gesellschaftliche Leistungen genutzt werden muss.

- Katastrophal für die Chancen der EU klimaneutral und biodiversitätsverträglich zu werden, ist der Standpunkt des Parlaments, dass die Ziele des Green Deal von der EU-Kommission nicht für die Überprüfung der nationalen Umsetzung genutzt werden können. Zwar bekannten sich die Abgeordneten mehrheitlich zu einer Ausrichtung der GAP an dem Pariser Klimaabkommen. Ein verbindliches Reduktionsziel von 30 Prozent bis 2030 bekam dagegen keine ausreichende Unterstützung, weil sich die Europäische Volkspartei und Teile der Liberalen querstellten.

Quelle und Kontaktadresse:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) Pressestelle Charitéstr. 3, 10117 Berlin Telefon: (030) 284 984-0, Fax: (030) 284 984 - 20 00

(cl)

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