Narrenrecht und Narrenfreiheit / Justitia wider den tierischen Ernst
(Leipzig) - Justitia drückt zwar im Karneval auch mal ein Auge zu, aber Narrenfreiheit hat dennoch ihre Grenzen.
So könnte ein Autofahrer, der sich nach einer munteren Zechtour zwar nicht hinters Lenkrad, sondern auf seinen Drahtesel schwingt, auch Punkte in Flensburg kassieren und im Extremfall sogar den Auto-Führerschein verlieren. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (Az.: 19 B 1692/99) muss ein Radfahrer, der mit mindestens 1,6 Promille erwischt wird, zum so genannten Idiotentest, bei dem er nachzuweisen hat, dass er keine Gefahr für den Straßenverkehr darstellt. Gelingt ihm das nicht, verliert er seine Fahrerlaubnis.
Auch per pedes lauern Gefahren. Wer im angetrunkenen Zustand unterwegs ist und zu Schaden kommt, bleibt nicht selten darauf sitzen. In einem vom Landgericht Gera (Az.: 4 O 1292/01) entschiedenen Fall war ein Fußgänger auf dem Heimweg von einer Zechtour eine Böschung hinuntergestürzt und hatte sich schwer verletzt. Dabei wollte sich der Angetrunkene zum Urinieren nur an einen Zaun lehnen, der daraufhin jedoch umfiel. Die Unfallfolgen habe er selbst zu tragen, entschieden die Richter streng.
Wenig Glück hatte auch ein Musiker, der bei einer Karnevalsveranstaltung einem dringenden Bedürfnis nachgehen musste und seine Tuba vor der Toilette abstellte. Wenig später war das Instrument völlig demoliert. Kleiner Trost von Justitia: Das Amtsgericht Siegburg (Az.: 2a C 232/02) stellte sich hinter den Musikanten und entschied, dass er die Tuba nicht mit aufs Klo hätte nehmen müssen und sprach ihm vollen Schadenersatz zu.
Ohrenschützer gehören nicht unbedingt zum Karnevalskostüm, können aber nützlich sein, wenn beim Rosenmontagsumzug vor allem laut geschossen wird. So erlitt eine Frau durch einen Schuss aus einer so genannten Weinbergskanone ein Knalltrauma. Sie scheiterte jedoch mit ihrer Schadenersatzklage gegen den Veranstalter, weil das Landgericht Trier (Az.: 1 S 18/01) entschied, dass sich jeder selbst gegen laute Geräusche beim Rosenmontagsumzug schützen müsse.
Und wer zum Karneval mit den Hühnern ins Bett geht, ist selbst schuld, wenn er nicht schlafen kann. Schließlich seien lärmende Jecken insbesondere in der Nacht vom Rosenmontag zum Karnevalsdienstag üblich und müssten akzeptiert werden. Dies gelte selbst dann, wenn bei dem bunten Treiben Lärmspitzen von über 70 Dezibel (Pkw-Geräusch) erreicht würden, urteilte das Verwaltungsgericht Frankfurt milde (Az.: 13 O 611/00).
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