Pressemitteilung | Naturland - Verband für ökologischen Landbau e.V.

Naturland erwartet deutliche Öffnung des DBV

(Gräfelfing) - Naturland erwartet eine deutliche Weichenstellung des Deutschen Bauernverbandes in Richtung Agrarwende und Ökologischer Landbau. Das erklärte der Ökologische Landbauverband Naturland anlässlich des morgen beginnenden Deutschen Bauerntages in Münster. Das Programm des Bauerntags steht unter dem Motto „Wir packen’s“ und soll die Zukunftschancen der Landwirte in Deutschland klären helfen.

Anlässlich des Bauerntages, zu dem vom 3. bis 8. Juli mindestens 10.000 Bäuerinnen, Bauern und Landjugendliche in Münster erwartet werden, analysierte Naturland Leistungen und Stellenwert des Deutschen Bauernverbandes und die Aufgabenstellung für die Zukunft.

Danach stand der Deutsche Bauernverband noch in den 80er Jahren der Politik als Ansprechpartner und mächtiger Interessensvertreter der Bauern in Deutschland nahezu allein zur Verfügung. Die Interessen von Politik und DBV waren oft eng miteinander verknüpft. Heute hat die Bedeutung des Deutschen Bauernverbandes als alleiniger Vertretung der deutschen Landwirtschaft abgenommen. Wichtige Faktoren dafür sind die Neuausrichtung der Agrarpolitik in Deutschland, die stetige Zunahme des Ökologischen Landbaus - als Partner und Konkurrent - , die langjährige Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und vieler weiterer Organisationen sowie die Gründung alternativer Interessensvertretungen wie die des Deutschen Bauernbundes (DBB) in den neuen Bundesländern.

Naturland Geschäftsführer Gerald A. Herrmann: „Auch wenn der DBV jahrzehntelang für die Interessen aller landwirtschaftlicher Betriebe gekämpft hat, hat er sich doch mit der Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihrer Ausrichtung auf den Weltmarkt einverstanden erklärt. Der vielzitierte bäuerliche Familienbetrieb ist dabei über Jahrzehnte weitgehend auf der Strecke geblieben.“ Auch heute noch werden nach Ansicht von Naturland Förderinhalte mit großem Einsatz verteidigt, die eine weitere unerwünschte Entwicklung der Landwirtschaft eher befördern als sie aufzuhalten. Mit jedem Betrieb jedoch, der aus der Landwirtschaft ausscheidet, gehe der Einfluss der Landwirtschaft insgesamt zurück. In manchen Bundesländern sei der Bereich „Landwirtschaft“ bereits dem Wirtschafts- oder Umweltministerium angeschlossen, im Bund ist sie im Namen des neuen ‚Ministerium für Verbraucher, Ernährung und Landwirtschaft’ ganz nach hinten gerutscht.

Mitverantwortlich dafür – so Naturland - muss eine Politik gemacht werden, die das „sowohl als auch“ als Strategie zulässt. Naturland Geschäftsführer Gerald A. Herrmann: „Politik zugunsten des kleinen und mittleren bäuerlichen Familienbetriebs ist nur in Teilen mit der Politik für den großen oder sogar den industrialisierten Agrarbetrieb in Einklang zu bringen. Dies gilt gleichermaßen für eine Binnenmarkt-
Orientierung, die daran scheitert, dass eben doch etwa 10% der Agrarproduktion auf dem Weltmarkt seine Käufer finden soll. Sie kann auch schwerlich die Interessen der Unternehmen, die von der Landwirtschaft leben und derjenigen, die in der Landwirtschaft verdienen wollen, unter einen Hut bringen.“ Der Gipfel sei der Versuch, den Ökologischen Landbau zusammen mit der Gentechnik als die wichtigsten Versprechen der Zukunft gleichberechtigt nebeneinander wachsen zu lassen. Herrmann: „Solange keine eindeutige Trennung dieser verwobenen Interessenspolitik stattfindet, wird die Attraktivität und Überzeugungskraft der Standesvertretung weiterhin Schaden nehmen.“

Die in immer kürzeren Abständen aufkommenden Agrar- und Lebensmittelskandale hätten, nicht zuletzt durch den Rinderwahnsinn BSE und die Maul- und Klauenseuche, dem Verbraucher erstmals deutlich vor Augen geführt, dass die Umstände in der Landwirtschaft längst zu Missständen geworden sind. Der sogenannte agrarindustrielle Komplex und all diejenigen, die ihn mitgetragen haben, trage die eigentliche Verantwortung. Der größte Teil der Bauern selbst trage nur geringe Schuld. Sie seien einem System ausgeliefert, dass sie in eine auch von ihnen empfundene immer unnatürlichere Nahrungsmittelerzeugung gezwungen habe. Auch aus diesem Grund, so Naturland, hat der Ökologische Landbau seine Wurzeln nicht nur bei den Verbrauchern, sondern auch bei den Bauern selbst.

Herrmann: „Mit der Hoffnung auf ein „Abflauen der Verbraucher-Hysterie“ allein wird es nicht getan sein. Ebenso wenig mit dem Widerstand gegen die Agrarwende. Auch wenn sicherlich nicht alle Maßnahmen zum Wohl der bäuerlichen Betriebe ausgehen werden, so führt die Agrarwende doch in die richtige Richtung. Die kürzlich von den Agrarministern beschlossene Einführung der Modulation in Deutschland hat den korrekten, sozial und umweltpolitisch ausgewogenen Ansatz.“ Der DBV hat sich - zumindest in der vorgeschlagenen Form - gegen die Modulation ausgesprochen.

Naturland fordert nun, dass vom Deutschen Bauerntag in Münster ein deutliches Signal für eine Neuorientierung der Politik des Deutschen Bauernverbandes ausgehen sollte. Auch wenn der Ökologische Landbau nicht kurzfristig die Lösung für alle Betriebe sein könne, müssten doch die entsprechenden Signale heute schon gegeben werden, damit es die deutschen Landwirte auch für die Zukunft „packen“. Andernfalls werde es in 10 bis 15 Jahren nur noch die Hälfte der Vollerwerbsbetriebe von heute in Deutschland geben. Herrmann: „Am Ende des Bauerntages sollte mehr stehen als das Motto ‚Wir packen’s’.“

Quelle und Kontaktadresse:
Naturland - Verband für naturgemäßen Landbau e.V. Kleinhaderner Weg 1 82166 Gräfelfing Telefon: 089/8980820 Telefax: 089/89808290

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