Pressemitteilung | Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG)

Neue Empfehlungen der DFG zur Forschung mit menschlichen Stammzellen

(Bonn) - Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat am 3. Mai die neue Stellungnahme der DFG zur Forschung mit menschlichen Stammzellen abschließend diskutiert und verabschiedet. Die beiden vergangenen Jahre seit dem letzten Bericht der DFG vom März 1999 zu diesem Thema haben große Fortschritte in der Stammzellforschung gebracht. Die DFG ist der Ansicht, dass die Wissenschaft jetzt einen Stand erreicht hat, der sowohl potenzielle Patienten als auch Wissenschaftler in Deutschland nicht mehr von diesen Entwicklungen ausschließen sollte.

Vor diesem Hintergrund legt die DFG jetzt einen Stufenplan zur Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen vor. Sie spricht sich dafür aus, zunächst die existierenden Möglichkeiten wie den Import von Stammzelllinien zu nutzen und an einer internationalen Standardisierung für die Herstellung und die Nutzung humaner embryonaler Stammzellen mitzuarbeiten, die Wissenschaftlern in Deutschland eine Beteiligung an der internationalen Forschung mit embryonalen Stammzellen ermöglichen würde. Möglicherweise erübrigen sich damit weitergehende Schritte wie eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes.

Die DFG ist unverändert der Ansicht, dass die Verwendung von gewebespezifischen (adulten) Stammzellen als Alternative zu menschlichen embryonalen Stammzellen in allen Überlegungen Vorrang haben muss.

Der Import von embryonalen Stammzellen fällt nicht unter das Embryonenschutzgesetz, da diese nicht mehr totipotent, sondern nur mehr pluripotent sind. Nach Ansicht der DFG gibt es keine Rechtfertigung dafür, die Forschung mit legal im Ausland hergestellten embryonalen Stammzellen grundsätzlich auszuschließen. Die DFG spricht sich dafür aus, die bestehende rechtliche Zulässigkeit des Imports menschlicher embryonaler Stammzellen nicht einzuschränken. Allerdings sollen nach Auffassung der DFG nur Stammzellen importiert werden dürfen, die aus sogenannten „überzähligen“ Embryonen gewonnen wurden.

Der bloße Import von embryonalen Stammzellen erscheint der DFG jedoch nicht ausreichend. Er erlaubt deutschen Wissenschaftlern keinerlei Einfluss auf die Herstellung embryonaler Stammzelllinien und setzt sie unvertretbaren Abhängigkeiten aus, sofern diese Linien aus rein kommerziellen Quellen stammen.

Ein stärkeres Engagement von Wissenschaftlern in Deutschland an der Forschung mit menschlichen Stammzellen ist daher in folgenden Schritten vorstellbar:

In einem ersten Schritt könnte mit Förderung durch die DFG eine institutionelle internationale Zusammenarbeit entwickelt werden, deren Aufgabe es ist, die Anforderungen an die notwendigen Zelllinien zu formulieren, diese zu standardisieren und für ihre Etablierung in der wissenschaftlichen Praxis Sorge zu tragen. Diese Aktivität bedürfte nach Meinung der DFG keiner Änderung des Embryonenschutzgesetzes und könnte unter Nutzung der bereits etablierten Zelllinien eine Beteiligung von Wissenschaftlern in Deutschland an der internationalen Forschung mit embryonalen Stammzellen ermöglichen.

Als zweiten Schritt, falls erforderlich, schlägt die DFG dem Gesetzgeber vor, in Überlegungen einzutreten, Wissenschaftlern in Deutschland die Möglichkeit zu eröffnen, aktiv an der Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzelllinien zu arbeiten. Eine solche Möglichkeit darf sich allerdings ausschließlich auf Embryonen beziehen, die für eine künstliche Befruchtung hergestellt wurden, aber für diese nicht mehr eingesetzt werden können.

Die DFG hält es allerdings für unabdingbar, dass eine etwaige Herstellung von embryonalen Stammzellen, wie auch das Arbeiten mit Stammzelllinien in jedem einzelnen Fall nur unter streng kontrollierten Bedingungen möglich sein darf. So soll die Feststellung der ethischen Vertretbarkeit der Gewinnung von und der Forschung an embryonalen Stammzellen in jedem Einzelfall durch eine unabhängige, pluralistisch zusammengesetzte Kommission auf Bundesebene erfolgen. Vorgeschlagen wird damit ein Verfahren, das bereits im Zusammenhang mit dem Gentechnikgesetz eingeführt wurde, zur Zentralen Kommission für die biologische Sicherheit (ZKBS) geführt und sich in Fragen der Gentechnik-Sicherheit bewährt hat.

Die Freigabe der Herstellung embryonaler Stammzellen aus „überzähligen“ Embryonen sollte zunächst nur auf fünf Jahre befristet erfolgen.

Die Herstellung von Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken (Dolly-Verfahren) lehnt die DFG ab. Sowohl das reproduktive als auch das therapeutische Klonen über Kerntransplantation in entkernte menschliche Eizellen hält die DFG weder für naturwissenschaftlich begründbar noch ethisch zu verantworten. Sie steht auf dem Standpunkt, dass es beim Menschen keine irgendwie geartete Rechtfertigung für Keimbahnintervention sowie für die Herstellung von Chimären oder Hybriden geben kann.

Die DFG ist sich – auch vor dem Hintergrund der jüngsten deutschen Geschichte - der Problematik bewusst, einerseits frühes menschliches Leben zu Forschungszwecken zwar nicht explizit herzustellen, aber doch zu verwenden. Sie ist jedoch davon überzeugt, dass die anliegenden Empfehlungen einerseits unserem Verfassungsverständnis und Rechtsempfinden, andererseits aber auch einem Menschenbild entsprechen, das der wissenschaftlichen Forschung wie auch den berechtigten Interessen kranker Menschen gerecht wird.

Der vollständige Text der Empfehlungen liegt an. Die Kapitel zum naturwissenschaftlichen, juristischen und ethischen Hintergrund können im Internet unter http://www.dfg.de/aktuell/stellungnahmen/empfehlungen_stammzellen_hintergrund_03_05_01.pdf abgerufen oder in gedruckter Fassung im Pressereferat der DFG angefordert werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Kennedyallee 40 53175 Bonn Telefon: 0228/8851 Telefax: 0228/8852777

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