Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Neues Energiewirtschaftsgesetz / vzbv sieht Grundproblem hoher Netzentgelte aber noch nicht beseitigt

(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband - vzbv begrüßt die Bewegung der Bundesregierung bei der Frage der Regulierung des Energiemarktes. "Schön, dass die Bundesregierung sich doch noch an ihre Verantwortung für die Volkswirtschaft und den Arbeitsmarkt erinnert und die Bedürfnisse und Interessen der Verbraucher nicht weiter ignoriert", so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. Die Richtung stimme. "Jedoch würde mit dem neuen Ansatz lediglich eine weitere Kostenexplosion verhindert. Das Grundproblem der schon jetzt viel zu hohen Netzentgelte wird nicht beseitigt", so Edda Müller.

Der vzbv befürchtet, dass neuen Anbietern weiterhin der Marktzugang verwährt bleibt, da sie durch die Verfestigung des derzeitigen Kostenniveaus keine Wettbewerbschance hätten. Haushaltskunden müssten weiterhin Spitzenpreise für ihren Strom zahlen. Alle Hoffnungen für mehr Wettbewerb fokussieren sich somit auf die angekündigte Anreizregulierung, wonach die Regulierungsbehörde Anreize zur Verringerung der Netzentgelte setzen und den Betreibern effizienteres Wirtschaften vorschreiben kann. "Wenn das Kleingedruckte hierzu nicht stimmt, laufen wir Gefahr, dass die von uns geforderten Instrumente zwar auf dem Papier stehen, sich in der Praxis aber nichts ändert", so Müller.

Im bisherigen Ansatz vermisst der vzbv zudem eine wirksame Vertretung der Verbraucherinteressen. Konkret hatte der vzbv eine eigene Beschlusskammer bei der Regulierungsbehörde für Verbraucherfragen gefordert und zudem auf das Beispiel Großbritannien verwiesen. Dort hat man - neben der Einrichtung einer Regulierungsbehörde - in Gestalt der "Consumer Watchdogs" für die Institutionalisierung einer Gegenmacht, Kontrollinstanz und Anlaufstelle für die Belange der privaten Verbraucher gesorgt. Das Modell ließe sich ohne weiteres auf Deutschland übertragen. Der vzbv hat dazu einen eigenen Formulierungsvorschlag eingereicht, wie das Modell der Watchdogs in das Energiewirtschaftsgesetz integriert werden kann.

Des weiteren fordert der vzbv im laufenden Verfahren:
- die Präzisierung der Entflechtung zwischen Energieanbietern und Netzbetreibern,
- die Festschreibung wirkungsvoller Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben sowie
- einen effektiven Gewinnabschöpfungsanspruch.

Der Bundestag berät heute in erster Lesung über die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen - in Reaktion auf die Stellungnahme des Bundesrates - künftig die Preiserhöhungen der Netzentgelte geprüft werden, nicht jedoch die Höhe der Netzentgelte selber. Die Preiserhöhungen der Entgelte sollen rückwirkend zum 1. August 2004, ex ante nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes kontrolliert werden. Spätestens nach zwei Jahren soll dies durch das Modell der Anreizregulierung ersetzt werden.

Kostspielige Jahre

In den sechs Jahren, in denen der Staat auf die Selbstregulierung und "Selbstbeschränkung" von großen Energieanbietern und ihren großen Industriekunden vertraute, wurden Fakten geschaffen. Über 80 Prozent des Marktes sind in der Hand von nur vier Unternehmen. Spitzenpreisen für die Verbraucher stehen Rekordgewinne der Stromversorger gegenüber. Mit etwa 18 Cent pro kWh zahlen die Haushaltskunden in Deutschland für ihren Strom einen Spitzenpreis im europäischen Vergleich. Rund 8 Cent pro kWh entfallen dabei allein auf die Netznutzungsentgelte, was im europäischen Vergleich ebenfalls einen Spitzenwert bedeutet. Mit durchschnittlich 12,6 Cent je Kilowattstunde liegt der Strompreis vor Steuern und Abgaben in Deutschland um 50 Prozent höher als in Großbritannien. Würde das deutsche Preisniveau an die britischen Verbraucherpreise angeglichen, ließe sich in Deutschland ein Nachfragevolumen von circa 11 Milliarden Euro mobilisieren und somit für eine ersehnte Belebung der Binnennachfrage und Schaffung neuer Arbeitsplätze sorgen.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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