Pressemitteilung | AOK - Bundesverband
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Nur jeder Vierte geht mit 65 in Rente: "Der Sozialpakt des frühen Ausstiegs wird nicht mehr lange tragen"

(Bonn) - In Deutschland arbeitet nur noch jeder vierte Erwerbstätige bis zum offiziellen Rentenalter von 65 Jahren. Für die Herausgeber des Fehlzeiten-Reports 2002 handelt es sich deshalb bei den Überlegungen zur Anhebungen des Renteneintrittsalters um eine Geisterdiskussion. "Das faktische Renteneintrittsalter liegt zurzeit bei 60 Jahren", sagte Dr. Henner Schellschmidt vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) bei der Vorstellung des Reports am 12. Dezember in Berlin. "Weder der Gesundheitszustand noch die Lage älterer Arbeitnehmer in den Betrieben oder auf dem Arbeitsmarkt wird sich durch das Anheben des Rentenalters verbessern."

Die Herausgeber des Fehlzeiten-Reports fordern deshalb mehr Anstrengungen im Bereich der betrieblichen Personal- und Gesundheitspolitik, um älteren Arbeitnehmern das Erreichen der aktuellen Altersgrenze zu ermöglichen. "Der zwischen Unternehmen und Beschäftigten stillschweigend geschlossene Sozialpakt des frühen Ausstiegs aus dem Berufsleben kann schon wegen der Kosten für das soziale Sicherungssystem auf Dauer nicht mehr tragen", sagt Henner Schellschmidt

In Berlin wies der Leiter des WIdO-Forschungsbereiches Krankenhaus/Betriebliche Gesundheitsförderung darauf hin, dass sich der Wandel bei der Alterszusammensetzung der Belegschaften längst vollziehe: Bereits 2005 wird es in den Unternehmen mehr Beschäftigte über 50 Jahren als unter 30-Jährge geben. In 15 Jahren ist dann jeder dritte Beschäftigte 50 Jahre und älter. Es ist deshalb höchste Zeit, sich mit den anstehenden Problemen zu befassen." Diese Probleme benennt der Fehlzeiten-Report 2002 detailliert. Die Herausgeber - Henner Schellschmidt und Christian Vetter vom Wissenschaftlichen Institut der AOK sowie der Gesundheitswissenschaftler Bernhard Badura von der Universität Bielefeld - haben als Schwerpunkt der Beiträge die Konsequenzen des demographischen Wandels für die Arbeitswelt gewählt. Wenn nicht gegengesteuert werde, so ihre Warnung, müsse man in Deutschland mit steigenden Krankenständen und längeren Fehlzeiten rechnen: "Unternehmen werden es sich schon bald nicht mehr leisten können, die speziellen Bedürfnisse, vor allem aber auch die besonderen Fähigkeiten ihrer älteren Beschäftigten zu missachten."

Jüngere sind häufiger, Ältere länger krank

"Der Krankenstand steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Während er bei den 20- bis 24-Jährigen noch bei 4,2 Prozent liegt, erreicht er bei den 55- bis 59-Jährigen schließlich einen Wert von 9,3 Prozent", nennt WIdO-Experte Christian Vetter das Ergebnis der jährlichen Analyse der Krankmeldungen aller erwerbstätigen AOK-Mitglieder. Deren Krankenstand lag 2001 mit 5,3 Prozent knapp unter dem Vorjahreswert (5,4 Prozent). "Ältere Arbeitnehmer sind zwar nicht häufiger krank, fallen aber im Krankheitsfall in der Regel länger aus. Sie leiden häufiger an mehreren Krankheiten und die Langzeitkrankschreibungen sind oft die Vorstufe zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit."

Wie bei der Frühverrentung lasse sich auch bei den Fehlzeiten feststellen, dass das Risiko der Arbeitsunfähigkeit im Alter erheblich von der Stellung im Beruf, der ausgeübten Tätigkeit und den damit verbundenen Arbeitsanforderungen und -belastungen abhänge. Auch der aktuelle Fehlzeiten-Report macht deutlich, dass der Eintritt von Erwerbsunfähigkeit weniger ein Alters- als vielmehr ein Berufsrisiko ist. Christian Vetter: "Hohe Frühberentungsraten gibt es vor allem in den körperlich anstrengenden Berufen mit geringen Qualifikationsanforderungen und wenig Entscheidungsspielraum für den einzelnen Beschäftigten." Bei Berufen mit hohen Anforderungen und hohem Sozialprestige verhält es sich anders. Während beispielsweise mehr als die Hälfte der Maurer wegen verminderter Leistungsfähigkeit vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheidet, sind es zum Beispiel bei Ärzten lediglich sechs Prozent.

Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch

Krankmeldungen aufgrund psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen haben in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. "Die Zahl der auf diese Krankheitsart zurückgehenden Arbeitsunfähigkeitsfälle ist seit 1994 um rund 65 Prozent gestiegen. Im Dienstleistungsbereich sind psychische Erkrankungen bereits heute für einen erheblichen Teil des Krankenstandes verantwortlich", sagt Christian Vetter. Laut Statistik sind psychische Erkrankungen mit 27 Prozent der Fälle inzwischen der häufigste Grund für Frührente - noch vor Muskel- und Skeletterkrankungen (25 Prozent), Herz-/Kreislauferkrankungen (13 Prozent) oder Krebs (13 Prozent).

Weitere Informationen zum Fehlzeiten-Report 2002 auf den Seiten des AOK-Bundesverbandes.

Quelle und Kontaktadresse:
AOK - Bundesverband Kortrijker Str. 1 53177 Bonn Telefon: 0228/8430 Telefax: 0228/843502

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